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K.W.F.-Reihe: Was ist eigentlich Geld? (2/6)

19.11.2006  |  Mag. Gregor Hochreiter
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Was ist Papiergeld - unser heutiges Geld?

Nach und nach setzte sich also am Markt ein Gut durch, das besonders gut als Geld geeignet war - Gold. Es erfüllte die Bedingungen, die die Marktteilnehmer an das Geld stellten, am besten. Es wird in nahezu jedem Kulturkreis akzeptiert, es ist teilbar, leicht zu überprüfen und schwer zu fälschen, und besonders wichtig, die vorhandene Menge Gold wächst nur sehr langsam.

Ohne die beiden letzten Eigenschaften wäre jede Ware, so auch Gold, als Geld völlig unbrauchbar. Kann es leicht gefälscht werden, würde jeder anstatt neue Güter zu produzieren Geld schaffen. Als Folge würde die Kaufkraft des Geldes dramatisch fallen, denn immer mehr Geld würde immer weniger Gütern nachjagen, was die Preise nach oben treibt. Im Volksmund wird diese Geldentwertung Inflation genannt. (Wie wir noch später sehen werden, ist Inflation allerdings die Ausweitung der Geldmenge. Der Anstieg der Preise ist die unumgängliche Folge der Inflation). Und wäre Gold in rauhen Mengen verfügbar, dann wäre die Kaufkraft des Goldes so gering, daß man Unmengen an Gold bräuchte, um selbst Güter des täglichen Gebrauchs zu erwerben. Dies wäre schlicht unpraktisch.

Unser heutiges Geld hat allerdings den Charakter eines Waren- oder Sachgeldes längst verloren. Spätestens seitdem Nixon das Goldfenster 1973 endgültig schloß und damit die letzte Verbindung zwischen Papiergeld und Gold kappte, ist das Papiergeld nicht mehr mit Gold gedeckt. Im Gegensatz zum Waren- oder Sachgeld, wo jeder Geldschein zu 100% mit Gold gedeckt war, d.h. der Dollar war nichts anderes als eine Gewichtsbezeichnung für eine bestimmte Menge Gold (20 US-Dollar, ab 1934 entsprachen 35 US-Dollar 1 Unze Feingold (31,10g)) und die Banknote damit eine Art Lieferschein für bereits existierende Güter, ist das Papiergeld ein Schuldgeld.

Folglich hält der Inhaber einer Banknote heute ein Versprechen über die Lieferung von zukünftigen Gütern in der Hand, nicht einen Rechtsanspruch auf bereits existierende Güter. Die Zentralbank hat weder die gesetzliche Verpflichtung eine Banknote gegen Gold einzutauschen, noch könnte sie es tun. Weil die Zentralbank alte wie neue Banknoten nicht mit Gold zu decken braucht, sind der Ausweitung der Geldmenge keine Grenzen gesetzt. So beträgt die Deckung des US-Dollar heute rund 1,8%. Bekäme man bei einer goldgedeckten Währung für je 35 US-Dollar 1 Unze Feingold, so reichen die Goldbestände heute nur mehr für die Rückerstattung von 1,8% aus. Anders ausgedrückt: Der Dollar hat mehr als 98% an Wert verloren.

Ähnliches gilt für die meisten anderen Währungen, auch in Europa. Weil sich das ungedeckte Papiergeld nicht aus dem Marktprozeß entwickeln kann - wer würde schon einen ungedeckte Geldschein einem gedeckten Geldschein vorziehen - kennt man es auch unter der englischen Bezeichnung "fiat money". (Fiat = lat. "Es werde"). Papiergeld wird demnach top-down von den Zentralbanken der Gesellschaft aufgedrängt.


Die Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken

Den weitaus größeren Anteil an der Schöpfung von ungedecktem Geld, auch Buch- oder Giralgeld genannt, tragen unter tatkräftiger Mithilfe der Zentralbank, die Geschäftsbanken. Diese können wie aus dem Nichts Buchgeld schaffen, indem sie Spareinlagen nicht zu 100% mit realen Werten decken, sondern nur mit dem jeweiligen Mindestreservesatz. Bei einem Mindestreservesatz von 10% kann so die Geldmenge bis zum 10fachen, dem Kehrwert des Mindestreservesatzes, ansteigen. Heute liegt der Mindestreservesatz bei 2% oder gar bei 0%, d.h. die Geldmenge kann um das 50fache bis ins theoretisch unendliche anwachsen.

Der Effekt auf die Wertbeständigkeit des Geldes ist derselbe wie bei einer direkten Ausweitung der Geldmenge durch die Zentralbank. Riesige Türme an Buchgeld werden auf den Spareinlagen aufgetürmt, die zunächst das umlaufende Geld entwerten und die früher oder später einmal zusammenbrechen müssen. Nebenbei profitieren die großen Geschäftsbanken neben dem Staat ganz massiv davon, daß sie als erste das frisch gedruckte Geld in die Hände bekommen. Mit diesem zusätzlichen (Luft-)Geld, können die Banken sehr billig auf Einkaufstour gehen und so immer mehr Unternehmen in ihr Eigentum bringen.

Dies liegt daran, daß die Ausweitung der ungedeckten Geldmenge nicht-neutral ist. Zwei Gedankenexperimente sollen dieses Prinzip verdeutlichen. Stellen Sie sich vor, über Nacht hätte sich die vorhandene Geldmenge verdoppelt. Jeder Bürger besitzt die doppelte Menge an Geld, aber ist er deswegen doppelt so reich? Die Antwort fällt negativ aus, da sich die Preise ebenso verdoppelt hätten. Der Effekt auf den Wohlstand wäre in diesem Beispiel Null, denn jeder Mensch besäße dieselbe Menge Güter wie am Vorabend. Nur die Kaufkraft jeder einzelnen Währungseinheit, z.B. eines Euro, hätte sich halbiert.

In der Realität verläuft dieser Prozeß jedoch schrittweise ab und führt dazu, daß einige Menschen auf Kosten anderer profitieren.

Manche Marktteilnehmer erhalten nämlich als Erste das frischgedruckte Geld und diese sogenannten Erstbezieher profitieren auf Kosten der Letztbezieher. Diese Umverteilung liegt darin begründet, daß die Erstbezieher mit dem frischen Geld die Waren noch zu den alten, niedrigen Preisen kaufen können. Denn die Verkäufer können zunächst unmöglich wissen, ob sich die Geldmenge ausgeweitet hat oder nicht. Die zusätzliche Nachfrage beginnt jedoch die Preise zu erhöhen, ohne daß an anderer Stelle die Preise sinken. Die zusätzliche Geldmenge sickert langsam durch die gesamte Wirtschaft und wer am Ende dieser Kette steht muß lange Zeit die höheren Preise bezahlen, ohne daß sein Einkommen gestiegen wäre. Zu den Letztbeziehern sind Menschen mit einem fixen Einkommen zu zählen, wie beispielsweise Rentner und Sozialhilfebezieher.

Bevor die Folgen und Nutznießer dieser Politik näher beleuchtet werden und wie diese ihr Vermögen gefährden, kommen wir noch einmal ausführlich auf die beiden zentralen Begriffe "Inflation" und "Deflation" zu sprechen.


Inflation und Deflation definiert

Wie bereits erwähnt, versteht man heute unter dem Begriff "Inflation" gemeinhin den allgemeinen Anstieg des Preisniveaus. Dessen Veränderung wird Monat für Monat in der Inflationsrate ausgewertet. "Deflation" beschreibt hingegen den Prozeß eines Sinkens des allgemeinen Preisniveaus. So verstanden verdecken diese Definitionen den notwendigen Blick auf die Verursacher der Geldentwertung, die Zentralbanken. Mit "Inflation" sollte daher die Ausweitung der ungedeckten Geldmenge verstanden werden und unter Deflation das Zusammenschrumpfen der ungedeckten Geldmenge. Folgende Graphik soll diese grundlegende Unterscheidung verdeutlichen:

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"Geld, Inflation und Deflation"


Mit gelb ist Geld unterlegt, also jene Ware, die als allgemein akzeptiertes Tauschmittel die Kooperation der Menschen erleichtert. Auf das warengedeckte Geld kann die Zentralbank durch das Drucken von Papiergeld - fiat money - zusätzlich Geld in Umlauf bringen. Solange die ungedeckte Geldmenge wächst spricht man von Inflation. Wenn sich der Trend umkehrt, setzt die Deflation ein. (Im dritten Teil dieser Serie betrachten wir eingehend die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Manipulation des Geldes.)

Die Inflation verursacht mit ein wenig zeitlicher Verzögerung immer den Anstieg des Preisniveaus. Sie ist Ursache, nicht Wirkung!


Cui bono? - Wer profitiert und fördert die Inflation?

Jedes Warengeld hat für den sich in Schulden stürzenden Geldverschwender einen höchst unangenehmen Nebeneffekt, seine Geldmenge ist stark begrenzt. Die Schuldentilgung muß daher mit Waren bezahlt werden und reduziert die Konsummöglichkeiten des Schuldners. Schließlich kann man einen Kuchen nicht gleichzeitig essen und aufbewahren!

Der österreichische Nobelpreisträger Friedrich A. von Hayek warnte in aller Deutlichkeit vor dem direkten Zusammenhang von Budgetdefiziten und Inflation in einem Artikel der New York Times im Jahre 1982:
"The only way you can finance a deficit is by inflation. You cannot raise this amount by genuine borrowing. (...) A large government deficit is a certain way to inflation.
(Die einzige Möglichkeit ein Budgetdefizit zu finanzieren, ist durch Inflation. Man kann diese Summe nicht durch echte [d.h. durch reale Werte gedeckte] Schuldenaufnahme aufbringen. (...) Ein großes Budgetdefizit ist ein sicherer Weg zu Inflation.)

Das Papiergeld hat nämlich der Manipulierbarkeit des Geldes durch den Innehaber des Geldmonopols auf noch nie dagewesene Weise Tür und Tor geöffnet und stößt daher beim Geldausgeber Nummer 1, dem Staat, auf größte Gegenliebe. In früheren Zeiten konnten sich Herrscher nur unter großen Mühen von ihren Schulden befreien, die meist die Folge von Kriegen, in seltenen Ausnahmefällen auch von wohlfahrtsstaatlichen Exzessen, waren. Anstatt die Realschulden zurückzuzahlen, was eine drastische Konsumbeschränkung des Herrschers oder unruhestiftende Steuererhöhungen bedingt hätte, manipulierte der Herrscher das Geld. Entweder reduzierte er das Gewicht der Münze ein wenig, indem er den Rand abfeilte - das sogenannte "Clipping" - oder er mischte den Münzen ein minderwertiges und damit billigeres Metall unter. Sobald die Bevölkerung diesen Betrug realisierte, stiegen die Preise, die Kehrseite der Geldentwertung.

Heutzutage läuft dieser Prozeß viel einfacher ab. Da Papiergeld nicht mehr durch Gold gedeckt ist, kann sich der Staat ohne große Mühe seiner Schulden entledigen bzw. Kriege und Wohlfahrtsprogramme finanzieren. Hiezu wird die Notenbankpresse angeworfen. Die Produktion eines 100 Euro-Scheins kostet z.B. nur 6 Cents. Anders ausgedrückt, der Staat kann für minimale 6 Cents 100 Euro aus dem Nichts zaubern. Weder muß dieses Geld mit Gold oder einem anderen Gut gedeckt werden, noch gibt es irgendwelche Beschränkungen für diese "wundersame" Geldvermehrung.

Im Kern handelt es sich bei dieser "wundersamen" Geldvermehrung um eine tiefgreifende Manipulation des Geldes, die nichts anderes als eine großangelegte Enteignung der Sparer auf Kosten der Schuldner darstellt, wie der ehemalige Vorsitzende der amerikanischen Zentralbank FED, Alan Greenspan, es einmal kurz und prägnant formulierte: "Staatsverschuldung ist einfach ein Mechanismus für die Enteignung von Vermögen."

In Kombination sind Staatsverschuldung und Papiergeld eine tödliche Zwillingsschwestern. Wohlstand und Freiheit sind gleichermaßen Opfer.

Ein Zwischenresümee: Papiergeld erleichtert es dem Schuldner, den realen Wert seiner Schulden zu reduzieren. Der Gläubiger wird daher betrogen, erhält er doch statt einer Ware einen wertlosen Papierzettel. Zugleich handelt es sich um eine subtile Besteuerung der Ersparnisse, die durch das fortwährende Drucken von Papiergeld an Wert verlieren.




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