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Ölpreise ignorieren rekordhohe US-Ölproduktion

23.11.2017  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise gerieten nach der Veröffentlichung der US-Lagerdaten kurzzeitig unter Druck, holten die Verluste aber schnell wieder auf und beendeten den Handel schließlich nahe am Tageshoch. Brent handelt heute früh bei gut 63 USD je Barrel, WTI bei knapp 58 USD je Barrel und damit nur unweit vom gestern verzeichneten 2¼-Jahreshoch. Die US-Rohöllagerbestände sind in der letzten Woche laut US-Energieministerium um 1,9 Mio. Barrel gefallen. Das war deutlich weniger als der vom API am Vortag gemeldete Lagerabbau.

Eine für die Jahreszeit außerordentlich hohe Rohölverarbeitung und gestiegene Exporte trugen zum Lagerabbau bei. Die Schließung der Keystone-Ölpipeline hat sich noch nicht bemerkbar gemacht, wie die leicht gestiegenen Importe im Mittleren Westen zeigten. Dies dürfte sich in den Daten nächste Woche ändern. Allein schon deshalb dürften die Lagerbestände weiter fallen.

Die US-Rohölproduktion stieg weiter und erreichte auf Wochenbasis mit 9,66 Mio. Barrel pro Tag ein neues Rekordniveau. Das Erreichen der Marke von 10 Mio. Barrel pro Tag scheint nur noch eine Frage der Zeit. Dafür spricht auch die inzwischen wieder steigende Bohraktivität.

Laut Baker Hughes stieg die Zahl der aktiven Ölbohrungen in dieser Woche um neun. Im November ist die Bohraktivität erstmals seit vier Monaten wieder gestiegen. Der Preis reagierte auf diese Nachricht allerdings nicht. Der Markt scheint bereits auf das OPEC-Treffen in einer Woche fixiert. Die fest erwartete Verlängerung der Produktionskürzungen scheint dabei noch nicht ausgemachte Sache zu sein. So wollen sich heute sechs Ölminister der OPEC und Russland zu informellen Gesprächen in Bolivien treffen, um im Vorfeld der Sitzung eine Einigung zu erzielen.


Edelmetalle

Gold hat sich gestern Abend erneut der Marke von 1.300 USD je Feinunze genähert, kam aber anschließend wieder etwas zurück. Unterstützt wurde es vom schwachen US-Dollar - der handelsgewichtete Dollar-Index fiel auf ein 5-Wochentief - und von fallenden Aktienmärkten, insbesondere in Europa. Auch die Anleiherenditen sind etwas gesunken. Die US-Notenbank Fed hat gestern Abend in ihrem Protokoll zur letzten Sitzung zwar quasi eine Zinserhöhung für Dezember angekündigt.

Dieser Zinsschritt war vom Markt allerdings schon zuvor fast vollständig eingepreist. Die Fed hat in ihrem Protokoll aber auch Sorgen über die niedrige Inflation in den USA zum Ausdruck gebracht. Da sie zunehmend strukturelle Faktoren hinter dem fehlenden Preisauftrieb vermutet, könnte sie in den nächsten Jahren die Zinsen langsamer erhöhen als bislang erwartet. Hiervon profitierte Gold.

Der Goldpreis hangelt sich seit mittlerweile vier Wochen an der charttechnisch wichtigen 100-Tage-Linie entlang. Zuletzt hat er aber wiederholt versucht, sich von dieser nach oben zu lösen. Silber hat gestern mit 1,1% etwas stärker als Gold zugelegt und handelt wieder oberhalb der Marke von 17 USD je Feinunze. Das Gold/Silber-Verhältnis liegt mit über 75 aber weiterhin auf einem hohen Niveau. Seit Anfang des Monats handelt der Silberpreis zwischen den beiden charttechnisch wichtigen 100- und 200-Tage-Linien.

Auch für Platin und Palladium ging es gestern nach oben, wobei am Handelsende "nur" noch ein Plus von jeweils 0,5% übrig blieb.


Industriemetalle

Daten des Weltstahlverbands (WSA) zufolge ist die weltweite Stahlproduktion im Oktober im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 5,9% gestiegen. Mit 145,3 Mio. Tonnen hat sie ein Rekordhoch erreicht. Zum Produktionsanstieg hat eine ganze Reihe von Ländern beigetragen. So wurde in China gut 6% mehr Stahl hergestellt (die Zahl war vorab bekannt, siehe TagesInfo Rohstoffe vom 14. November), obwohl dort einige Kapazitäten aus Umweltgründen geschlossen wurden. Allerdings ist erstmals seit März der Anteil Chinas an der weltweiten Stahlproduktion wieder leicht unter 50% gefallen.

Zweistellige Wachstumsraten wurden laut WSA zum Beispiel in den USA, in der Türkei und in Spanien verzeichnet. Auch in Indien zog die Stahlproduktion merklich an. Das Land ist dabei, die Lücke zum zweitgrößten Produzenten Japan weiter zu schließen. Obwohl auf globaler Ebene eine rekordhohe Menge Stahl hergestellt wurde, lag die Kapazitätsauslastung nur bei 73%. Dies zeigt deutlich die Überkapazitäten auf und führt vor Augen, dass mehr Stahlhütten geschlossen werden müssen.

Nächste Woche soll ein von der OECD geführtes Gremium einen Bericht mit Vorschlägen präsentieren, wie die Überkapazitäten angegangen werden können. Die hohe Stahlproduktion lässt auf einen hohen Bedarf an Eisenerz schließen. Dies macht sich in den Preisen bemerkbar. In Singapur steigt der nächstfällige Futures-Kontrakt für Eisenerz heute auf ein 2-Monatshoch von 66,6 USD je Tonne.

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Agrarrohstoffe

Der Baumwollpreis stieg gestern in New York auf ein 2½-Monatshoch von 71,76 US-Cents je Pfund. Seit Wochenbeginn hat sich Baumwolle um mehr als 3% verteuert. Neben steigenden Ölpreisen und einer allgemein positiven Marktstimmung gegenüber Rohstoffen geben Nachrichten aus Indien den Baumwollpreisen Auftrieb. Dort führt Schädlingsbefall zu merklichen Ernteausfällen und vermindert damit das für den Export zur Verfügung stehende Angebot. Bislang gingen Marktbeobachter aufgrund einer deutlichen Ausweitung der Anbaufläche um 19% von einer rekordhohen Baumwollernte von 40 Mio. Ballen à 150 kg im Erntejahr 2017/18 aus, das seit dem 1. Oktober läuft.

Aktuelle Ernteschätzungen liegen nun bei 37,5 Mio. Ballen. Ein führender Baumwollexporteur Indiens rechnet daher mit einem reduzierten Exportangebot von ungefähr 6 Mio. Ballen. Vorherige Schätzungen lagen noch bei 7,5 Mio. Ballen. Indien ist nach den USA der zweitgrößte Baumwollexporteur.

Laut aktueller Schätzung des US-Landwirtschaftsministeriums sollen die US-Exporte bei 3,16 Mio. Tonnen liegen, die Exporte Indiens bei 1 Mio. Tonnen. Das sind ca. 100 Tsd. Tonnen mehr als die neuen Schätzungen aus Indien. Die Nachfrage der großen Importländer Bangladesch, Vietnam und China nach US-Baumwolle dürfte daher entsprechend zunehmen. Der Lageraufbau außerhalb Chinas dürfte in der Folge etwas geringer ausfallen. Dies spricht in der Summe für höhere Preise.



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