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Zinswahnsinn, Inflation und Endstation Gold

07.01.2018  |  Manfred Gburek
Wären Sie bereit, Ihr Geld mit einer "Rendite" von noch etwas schlechter als minus 3 Prozent anzulegen? Vermutlich antworten Sie spontan mit Nein. Aber kein Witz: Es gibt Anleger, die das Minus in Kauf nehmen - indem sie Bundesanleihen mit der Restlaufzeit von einem Monat und der Minus-“Rendite“ von nominal 1,3 Prozent bis zur Tilgung durchhalten. Macht nach Berücksichtigung der aktuellen deutschen Inflationsrate von 1,8 Prozent unterm Strich real minus 3,1 Prozent.

Zugegeben, das ist ein krasses Rechenbeispiel, eher seltene Ausnahme als ständige Regel. Doch es zeugt von dem ganzen Zinswahnsinn, in dem sich die Anlagewelt gerade befindet. Und dieser Wahnsinn macht nicht vor längeren Restlaufzeiten der Bundesanleihen Halt: Erst bei acht Jahren kommen Anleger mit nominal plus/minus null Prozent davon, macht real minus 1,8 Prozent. Ein Vierteljahrhundert Restlaufzeit gefällig? Bitteschön: knapp 1 Prozent nominal, also minus 0,8 Prozent real. Das Kursrisiko gibt es als bittere Beilage dazu, denn bis zum Jahr 2043 kann mit Anleihen viel passieren - im Extrem real bis zur vollständigen Entwertung.

Das alles steht in einem merkwürdigen Kontrast zum Verhalten der Mehrheit deutscher Anleger. Denn sie werden nicht müde, ihr Geld real zu verbrennen, indem sie es überwiegend in Konten aller Art, Renten- und Geldmarktfonds, Sparbriefe und Versicherungspolicen investieren. Sie lassen sich weder von 1,8 Prozent aktueller deutscher Inflation noch von 1,7 Prozent Inflationsprognose der Volkswirte des Eurosystems für das Jahr 2020 beeindrucken. Wobei die EZB sogar etwas unter 2 Prozent anstrebt, Zeitpunkt offen.

Aus Anlegersicht gilt es allerdings zu differenzieren, je nachdem, was die nähere und die weitere Zukunft mit sich bringt. Ein krasses Beispiel: Kommt es zum Crash am Aktienmarkt, werden liquide Anlagen auf einmal zum Hit, weil im späteren Crash-Gefolge lukrative Anlagechancen bei Aktien winken, Chancen, die sich nur nutzen lassen, wenn das Tagesgeldkonto ordentlich gefüllt ist. Sie brauchen dazu allein an das Jahr 2008 zu denken, als Liquidität Trumpf war.

Liquidität, das bedeutet: schnelle, möglichst sofortige Verfügbarkeit. Folglich scheiden im Crash-Fall alle Anlagen mit längeren Bindungsfristen aus, zum Beispiel zweijähriges oder noch länger gebundenes Festgeld, Sparbriefe mit langen Laufzeiten, traditionelle Kapitallebens-, Renten- und fondsgebundene Versicherungen, zum Teil sogar Renten- und Geldmarktfonds.

Liquidität, das bedeutet auch: Liquidierbarkeit, also die Möglichkeit, Anlagen - Wertpapiere, Immobilien, Edelmetalle u.a. - in relativ kurzer Zeit zu einem angemessenen Preis verkaufen zu können. Diese Art von Liquidität hat indes einen Haken. So kann die kurze zur langen Zeit ausarten, weil sich gerade kein Käufer findet. Verkäufer haben dann die Wahl zwischen Preisabschlägen und längerem Warten.

Lassen Sie sich diese Gedanken möglichst oft durch den Kopf gehen und beachten Sie dabei einen Aspekt ganz besonders: Die Liquidierbarkeit hängt wesentlich davon ab, ob eine Geldanlage gerade favorisiert wird. Um nochmals auf das Jahr 2008 zurückzukommen: Damals waren in diesem Sinn Aktien zwar ebenso liquide wie Anleihen, aber nur unter Inkaufnahme von hohen Kursverlusten, während sich Großanleger vor allem um Anleihen von Ländern und Unternehmen mit gutem Rating geradezu rissen.

Die aktuelle Pointe: Zurzeit reißen sich Groß- und Kleinanleger ausgerechnet um alles, was 2008 nicht favorisiert war, vor allem um Aktien und Immobilien - ein Warnzeichen, das Sie beachten sollten, auch wenn diese Warnung verfrüht kommen mag. Beginnen die Kurse bzw. Preise erst mal zu kippen, müssen Sie beim Verkauf Abschläge in Kauf nehmen.

Gold und Silber waren lange genug aus der Anlagemode gekommen. Jetzt erholen sich die Preise beider - wie auch anderer - Edelmetalle wieder, nachdem sie bereits vor zwei Jahren einen Aufschwung geprobt haben. Dieses Mal dürfte es mit den Preisen im Trend, wenngleich unter kurzfristigen Schwankungen, nachhaltiger aufwärts gehen als damals. Das hat verschiedene Ursachen.

Hier sind ein paar wichtige ohne Anspruch auf Vollständigkeit: das immer noch niedrige Preisniveau, die eingangs beschriebenen negativen realen "Renditen" der Anleihen - sie betreffen nicht nur deutsche, sondern auch amerikanische und sonstige Anleihen -, das Anziehen der Inflationsraten in den führenden Volkswirtschaften und das neu erwachende Sicherheitsbedürfnis.

Ein besonderer Aspekt gilt dem Gold als international anerkannte Liquidität. Daraus erklärt sich, dass sein Preis, über mehrere Jahrzehnte betrachtet, immer der Kaufkraft entspricht, und zwar egal, in welchem Land. Dieser Aspekt wurde in den vergangenen Jahren von den meisten Anlegern nicht hinreichend wahrgenommen. Das ändert sich jetzt. Zusätzlich kommt nach längerer Pause eine Eigenschaft des Goldes zur Geltung, die vergessen zu sein schien: die Anonymität. Das heißt, ein erheblicher Teil des Goldhandels findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Wie hoch er ist, bleibt naturgemäß im Verborgenen.

Gold als Schutz vor Inflation wird in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen. Vergessen Sie die lächerliche 1,7 Prozent-Inflationsprognose der Eurosystem-Volkswirte für das Jahr 2020 und achten Sie lieber auf wichtigere Indikatoren.

Dazu nur zwei Beispiele: Die Warnstreiks der IG Metall in Deutschland stehen symbolisch für demnächst zu erwartende Lohnerhöhungen; in Amerika sieht es unter etwas anderen Voraussetzungen ähnlich aus. Und der Basiseffekt des zuletzt wieder gestiegenen Ölpreises wird die Inflation schon bald zusätzlich anheizen. Dieser Effekt besagt im Kern, dass der Ölpreisanstieg aus der jüngeren Vergangenheit zeitlich verzögert nach und nach in die Inflationsstatistik einfließt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Zinsen derzeit mit den Anlegern Schabernack treiben, dass langjährige Zinsbindungen auf der Anlageseite Geldvernichtung bedeuten, dass Sie wegen eines immer wahrscheinlicher werdenden Rückgangs der Aktienkurse trotzdem viel Liquidität - aber nur kurzfristige auf Tagesgeldkonten - vorhalten und vor allem auch die Liquidierbarkeit aller Ihrer Anlagen beachten sollten, dass steigende Inflationsraten so gut wie programmiert sind und dass Gold - mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Silber - Sie derzeit am besten vor den Folgen der Inflation schützt.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu


Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.

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