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Die Wirtschaft schwächelt, die Immobilienblase platzt - und die Aktien steigen

10.01.2007  |  Redaktion
Anmerkung GoldSeiten.de: Der nachfolgende Artikel von US-Chefredakteur Martin Weiss stammt aus dem Börsenbrief "Sicheres Geld". Teil 2: "Kaufen Sie jetzt wieder Gold- und Silberminenaktien!" von Chefredakteur Claus Vogt erscheint morgen.


Wir erleben gerade eines der größten Rätsel in der modernen Wirtschaftsgeschichte. Die US-Wirtschaft zeigt deutliche Schwächezeichen. Die Einzelhandelsumsätze malen ein trauriges Bild und die Immobilienpreise fallen. Doch die Aktienmärkte steigen immer noch - und über die Wall Street ergießt sich ein veritabler Geldregen. Finanzdienstleister wie Goldman Sachs oder Lehman Brothers werden zum Jahresende Bonuszahlungen an ihre Mitarbeiter in Höhe von 36 Mrd. $ ausschütten. Wertpapierhändler sind wie berauscht und nahezu überall herrscht Optimismus. Warum? Lesen Sie die wichtigsten Hintergrund-Fakten, bevor ich Ihnen diese Frage beantworte.

Tatsache 1:
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist der gängigste Maßstab für die wirtschaftliche Entwicklung. Es führt Buch darüber, wie viele Autos wir verkaufen, wie viele Gebäude wir errichten, wie viel Geld wir verdienen etc. Und die jüngste Entwicklung dieser Maßzahl ist düster: Das BIP-Wachstum fiel von 5,6% im ersten Quartal auf 2,2% im dritten Quartal. Letzteres ist die schwächste Zahl seit Anfang 2003.

Tatsache 2:
Die Umsätze der großen Einzelhandelsketten, die vor Jahresfrist um mehr als 5% gestiegen sind, erreichen derzeit nur mit Mühe 2,6%. Und nirgendwo ist dieser Abschwung sichtbarer als beim Marktführer Wal-Mart. Der Branchenriese gab im November einen Umsatzrückgang von 0,1% bekannt. Das ist das schlechteste Ergebnis für Wal-Mart seit mehr als zehn Jahren.

Tatsache 3:
Die Abschwächung der Einzelhandelsumsätze führt dazu, dass auch die Unternehmen ihre Ausgaben kürzen. Die Aufträge für langlebige Güter gingen im Oktober um 8,3% zurück. Das war der stärkste monatliche Einbruch seit Juli 2000.

Tatsache 4:
Bis vor kurzem waren die Arbeitgeber zurückhaltend beim Arbeitsplatzabbau. Sie gingen von einer vorübergehenden wirtschaftlichen Schwäche aus. Aber jetzt scheint der Wendepunkt erreicht zu sein. Die Erstanmeldungen für Arbeitslosenhilfe schnellten auf 357.000, die höchste Zahl, seit die verheerenden Wirbelstürme im Herbst vergangenen Jahres für einen traurigen Sondereffekt sorgten.

Tatsache 5:
Die Immobilienbaisse hat gerade erst begonnen. Überall in meiner Heimat Florida sehe ich zum Verkauf stehende Häuser - und niemand will sie. Ich sehe glänzende Wohntürme entlang der Küstenlinie und der Wasserwege. Aber abends sieht man kaum beleuchtete Fenster, der Leerstand ist beängstigend. Gleichzeitig sehe ich Verkaufsangebote, die bereits seit Monaten bestehen, während die hoch verschuldeten Eigentümer darauf hoffen, dass doch noch ein Interessent auftaucht. Und die hier geschilderte Situation ist ein landesweites Phänomen.

Deshalb kam es im Oktober zu folgender Entwicklung:
  • Die Verkaufsquote gebrauchter Häuser sank im Jahresvergleich um 11,5%. Und der Absatz neuer Häuser stürzte um mehr als 25% ab.

  • Insgesamt stehen 3,85 Mio. Häuser zum Verkauf, nur geringfügig weniger als beim Allzeithoch im Sommer dieses Jahres.

  • Das Angebot an Eigentumswohnungen stieg im Vergleich zum Vorjahr um erstaunliche 45,4%, während die Verkäufe um 14,5% fielen.

  • Und jetzt der größte Knaller: Die Preise gebrauchter Häuser gingen um 3,4% zurück. Das ist der stärkste Preisverfall in der Nachkriegsgeschichte. Gleichzeitig fiel der Preis einer durchschnittlichen Eigentumswohnung um 5%.

  • Die Hausbauunternehmen haben ihre Aktivitäten bereits deutlich zurückgeführt, um Angebot und Nachfrage wieder in Einklang zu bringen. Sie haben annualisiert nur 1,48 Mio. Baubeginne gemeldet, das sind 34% weniger als vor einem Jahr. Dennoch sind diese Einschnitte zu gering und sie kommen zu spät. Noch sitzen die Unternehmen auf 558.000 unverkauften Häusern. Diese Zahl liegt nur ein paar tausend Einheiten unter dem bisherigen Rekordniveau in der Geschichte der USA.


Die Zentralbanken inflationieren auf Teufel komm raus

Wie Sie sehen, sind die ökonomischen Fundamentaldaten schlecht. Und als Antwort auf diese prekäre Situation wird die Gelddruckmaschine angeworfen. Ja, ich weiß, dass die Notenbanker Ihnen ständig erzählen, sie würden die Inflation bekämpfen - von Fed-Präsident Bernanke über den EZB-Chef Trichet bis hin zu Mervyn King von der Bank of England. Ganz gleich, wie sie heißen, ganz gleich, wer sie sind. In ihren Propagandareden stellen sich die Notenbanker immer als Inflationsbekämpfer dar.

Aber hinter Ihrem Rücken tun sie das genaue Gegenteil. Sie lassen die Gelddruckmaschinen auf Hochtouren laufen und sorgen für eine weltweite Flut von Papiergeld und Krediten. Damit verursachen sie selbst das Problem, das zu bekämpfen sie Ihnen weis machen wollen.


Die Geldmenge M3 wächst mit fast 10%

Die US-Notenbank hat Anfang des Jahres die Veröffentlichung der breiten Geldmenge M3 eingestellt. Die Daten seien nicht wichtig genug, um die Kosten ihrer Erhebung zu rechtfertigen. Dieses geradezu kuriose Argument hat einige ernstzunehmende Ökonomen misstrauisch gemacht. Sie vermuten mehr hinter dieser Entscheidung der Fed.

John Williams, der Herausgeber von "Shadow Government Statistics", verwendet andere öffentlich zugängliche Statistiken, um M3 zu rekonstruieren. Er kommt zu dem Ergebnis, dass diese Geldmenge derzeit um fast 10% per annum ausgeweitet wird - das ist gut viermal mehr als das Wirtschaftswachstum! In anderen Ländern zeigt sich ein ähnliches Bild:
  • Das umfassendste britische Geldmengenaggregat wuchs im September mit einer Jahresrate von 14,4%.
  • In China betrug das jährliche Geldmengenwachstum im Oktober unglaubliche 17,1%, im September waren es 16,8%.
  • In Australien waren es 13,1% und in Kanada 8,6%.
  • In Euroland stieg M3 um Oktober um 8,5% - obwohl die Zentralbanker erst kürzlich davon gesprochen hatten, dass ein Geldmengenwachstum von 4,5% "riskant" sei.

Und die Liste könnte noch deutlich länger werden. Ich habe einen Namen für diese bizarre und unseriöse Entwicklung:


Die Große Geldpumpe. Und das bedeutet sie für Ihre Investmentstrategie!

Die Große Geldpumpe steht hinter dem Kursanstieg an den Aktienmärkten. Normalerweise ist nachlassendes Wirtschaftswachstum in Kombination mit Inflation ein tödliches Gebräu für die Aktienmärkte. Nicht so in der aktuellen Phase - bisher. Die Flut an frisch kreiertem Geld gibt Aktienhändlern, Hedgefonds und teilweise auch Privatanlegern Motiv, Mittel und Gelegenheit, mit kreditfinanzierten Aktienkäufen die Kurse in die Höhe zu treiben - ganz gleich, wie die Fundamentaldaten aussehen. Dasselbe Phänomen konnten Sie Ende der 90er Jahre beobachten.

Die Große Geldpumpe sorgt für neue Rekorde bei Unternehmensübernahmen und Zusammenschlüssen. Das Transaktionsvolumen im Bereich Mergers & Acquisitions hat gerade den Rekord des Jahres 2000 gebrochen.

Die Große Geldpumpe sorgt für eine Spekulationsblase bei gewerblichen Immobilien. Beispielsweise hat das Private-Equity-Unternehmen Blackstone gerade den größten Immobilienkauf aller Zeiten annonciert - gleichzeitig die größte kreditfinanzierte Übernahme.

Die Große Geldpumpe steht sogar hinter den niedrigen Zinsen. Die Zentralbanken Asiens und der Öl exportierenden Länder schwimmen in Währungsreserven. Diese werden hauptsächlich in Staatsanleihen angelegt - in typischer Bürokratenmanier natürlich ohne Beachtung des Chance-/Risiko-Verhältnisses.

Die Große Geldpumpe sorgt für steigende Edelmetall- und Rohstoffpreise.


Fazit

Die vier erstgenannten Entwicklungen sind vorübergehende Phänomene, typische Fehlentwicklungen in Zeiten hohen Geldmengenwachstums, also fundamental unbegründete Spekulationsblasen. Lediglich die steigenden Edelmetall- und Rohstoffpreise sind von dauerhafter Natur, da in diesem Bereich sowohl das zugrunde liegende Angebot-/Nachfrage-Verhältnis stimmt als auch die fundamentale Bewertung. Folglich sollten Sie die Aktienmärkte weitgehend meiden und sich auf den Rohstoff- und Edelmetallsektor konzentrieren.


© Martin Weiss
Quelle: Sicheres Geld, Ausgabe 01/2007, Probeexemplar anfordern





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