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Die strategischen Ölreserven der USA und der Ölpreis

16.01.2007  |  Jochen Steffens
Manchmal führen mich solche Recherchen in den Wahnsinn. Es geht um Daten, Daten und Daten, die man nirgendwo in der Art aufbereitet findet, wie man sie braucht. Heute habe ich fast den ganzen Tag damit verbracht, historische Datenreihen der strategischen Ölreserven in den USA zu finden (neuere Zahlen ist kein Problem). Bis ich diese dann endlich hatte und dann auch noch im Vergleich zum Ölpreis gesetzt habe (Excel lässt grüßen) waren mir mindestens drei weitere Haare ergraut.


Worum geht es?

Mir war aufgefallen, dass ab dem Moment, als im Juni/August letzten Jahres kein Zulauf mehr in die strategischen Ölreserven der USA erfolgte, der Ölpreis mehr oder weniger deutlich gefallen ist. Sie wissen, ich hatte damals darauf hingewiesen. Auf der anderen Seite stieg der Ölpreis, seitdem die US-Regierung unter George W. Bush am 13. November 2001 in Reaktion auf den 11. September beschloss, die strategischen Reserven von damals rund 550 Mio. Barrel auf nunmehr 700 Mio. Barrel aufzufüllen.

Besteht hier ein Zusammenhang? Der monatliche Zulauf beträgt in guten Zeiten so zwischen 3-5 Mio. Barrel je Monat. Nun verbraucht die USA aber allein schon 20 Mio. Barrel je Tag. Kann also dieser dazu im Vergleich geringe Zulauf tatsächlich den Ölpreis beeinflussen? Ich habe Ihnen hier den Chart dazu mitgebracht: (SPR= Strategic Petroleum Reserve)

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Eine Korrelation hier abzuleiten fällt nicht schwer. Die kleine Spitze im Verlauf der strategischen Ölreserve (SPR) 2005 erklärt sich mit dem Hurrikan Kathrina, in Folge dessen ein Teil der strategischen Reserven frei gegeben wurde. Diese größere Menge an Öl führte direkt zu einem Einbruch des Ölpreis. Ich kann mich noch an die Nachrichten zu diesem Thema erinnern. Hier besteht also insoweit eine Verbindung.

Anschließend wurde nur noch leicht bis Juni 2006 aufgefüllt. Seit Juni stagniert die strategische Ölreserve der USA bei einem Wert von 688 Mio. Dollar - die Lager sind fast voll. Fast gleichzeitig als diese Zahlen veröffentlicht wurden, sprich als bekannt wurde, dass der Zulauf beendet ist, endete der Aufwärtstrend des Ölpreis.


Alles eine Frage der Psyche?

Aber wie kann sich dieser Zusammenhang erklären? Nun ist die Lage auf dem Ölmarkt allgemein angespannt, so können sich auch kleine Nachfragemengen bedeutend auswirken. Vielleicht ist es aber auch eher ein psychologisches Phänomen. Wenn Sie als Trader wissen, dass die USA ihre strategischen Reserven auffüllt, dann fühlen Sie sich bei einer Long-Investition in Öl sicherer. Schließlich werden Sie glauben müssen, dass die USA die strategischen Reserven um so schneller auffüllen wird, je niedriger der Ölpreis ist. Kurz: Der Ölpreis ist durch den großen Käufer USA nach unten gedeckelt.

Das würde auch erklären, warum der Ölpreis erst reagierte, als klar wurde, dass es keinen weiteren Zulauf mehr geben wird, obwohl die Füllmenge von 700 Mio. Barrel noch nicht erreicht war. Es wird schwer sein, die genauen Auswirkungen des Zulaufs zu bestimmen, schließlich haben in den Jahren seit 2001 auch viele andere Faktoren den Ölpreis sehr beeinflusst: Der Krieg in Afghanistan, die Krise im Irak, die Probleme mit dem Iran, die Nachfrage aus China, etc.

Ebenso begünstigt im Moment auch der warme Winter in den USA den fallenden Ölpreis. Ist also diese Korrelation lediglich ein Zufall? Ich glaube nicht, sicher steckt mehr dahinter als nur Zufall. Steigen die strategischen Ölreserven bald auf 1 Mrd. Barrel? Wir werden es vielleicht sehr bald erfahren. Denn offenbar hat das Department of Energy neue Lagerstätten ausgemacht, die es erlauben, die strategischen Ölreserven der USA auf 1 Milliarde Barrel ansteigen zu lassen.

Ich werde also weiter sehr genau überprüfen, wie es sich auswirkt, wenn der Zulauf in die strategischen Reserven wieder startet. Diese Zulaufzahlen veröffentliche ich meist Mitte der Woche in Verbindung mit den Öllagerbeständen hier im Investor´s Daily.


Zum Markt

Noch zeigt sich der US-Markt sehr uneinheitlich, obwohl der Ölpreis weiter fällt. Aber die wirkliche Richtung wird erst im Laufe des Handelstages in den USA festgelegt werden. Eine kleine Konsolidierung ist nach dem starken Ausbruch des Nasdaq100 Futures aus seiner Seitwärtsbewegung im Moment noch kein Beinbruch.

Dass der Ölpreis jedoch weiter fällt, ist umso überraschender, da nun in den USA der Winter einbricht. Sollte der Ölpreis trotz dieses Wintereinbruchs, trotz angekündigter/angedrohter Förderkürzungen weiter fallen, dann war das Argument "warmes Wetter"und "Überproduktion" vielleicht doch nicht so bedeutsam, wie es von den Medien dargestellt wurde.


© Jochen Steffens
Quelle: Auszug aus dem kostenlosen Newsletters "Investor's Daily"



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