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Risiken

09.02.2007  |  Klaus Singer
Rohstoff-Guru Jim Rogers warnt vor dem Kollaps weitere Hedge-Fonds, nachdem sich kürzlich Red Kite Management bei Metallen verspekuliert hatte. Er ist überzeugt: "Viele dieser Fonds werden in ernsthafte Schwierigkeiten geraten." Rogers verweist auf die Gefahr von Domino-Effekten. Wenn solche Fonds in Schieflage zu Notverkäufen schreiten müssen, bedrängt das über fallende Preise andere "Kollegen". Gleichzeitig verschärft der hohe Verschuldungsgrad die Situation. Sie kann nicht einfach ausgesessen werden, die Fonds stehen schnell mit dem Rücken an der Wand.

Die Dimension der Hedge-Fonds ist mittlerweile beeindruckend: Aktuell haben sie 1,3 Billionen Dollar unter Kontrolle, vor fünf Jahren waren es noch 600 Billiarden Dollar.

Ein weiteres, im Grunde verwandtes Problem lauert in den Aktivitäten der Private-Equity-Gruppen. Sie haben im vergangenen Jahr mehr als 700 Milliarden für Unternehmenskäufe geboten - vor zwei Jahren waren es nur 250 Milliarden Dollar. Rogers moniert, diese Gruppen bezahlten zu hohe Preise und auch ihr Kreditanteil sei zu hoch.

Bedingt durch den hohen "Leverage" ist das ein Tanz auf dem Vulkan. Es genügt ein vergleichsweise kleiner Anlass, um eine gigantische Bereinigung einzuleiten. Rogers sagt dazu: "Das wird ein böses Ende nehmen."

In dasselbe Horn stößt die Rating-Agentur Standard & Poor’s. Sie geht davon aus, dass die Zahl der Zahlungsausfälle ansteigen wird. Hintergrund ist, dass insbesondere in Europa in 2006 mehr als die Hälfte der Emittenten von Anleihen mit der schlechteren "B"-Note klassifiziert sind. Im Jahr 2003 waren es lediglich 30 Prozent. Üblicherweise dauere es drei bis vier Jahre, bis der Anstieg der Anleihen schwächerer Emittenten sich in Zahlungsausfällen niederschlägt, heißt es.

Zum selben Thema ist die aktuelle Diskussion um den schwachen Yen interessant, die im Vorfeld der heute beginnenden Konferenz der G7-Finanzminister losgetreten wurde. Es wird beklagt, dass der billige Yen die (europäische) Exportwirtschaft behindert. Aber es geht um mehr. Aufgrund der dauerhaften Niedrigzinsen in Japan lohnen Kreditgeschäfte, die darauf beruhen, Kredite in Yen aufzunehmen und diese in anderen Währungsräumen anzulegen.

Die Marke von 121,50 im Währungspaar Dollar/Yen ist wichtig. Sie wurde seit Februar 2003 nicht nach oben durchstoßen. Seit Mitte Januar ist dieser Pegel hart umkämpft. Nachdem das Währungspaar vor einigen Tagen bis auf 120 herunterging, notiert es aktuell wiederum an besagtem langfristigen Widerstand. "Februar 2003" - das legt nahe, dass hier auch ein Zusammenhang mit der Finanzierung der seit März 2003 andauernden Hausse besteht.

Solche Carry-Trades sind von zwei Seiten her gefährdet. Erstens kann der Darlehenszins steigen, was im aktuellenjapanischen Fall eher weniger wahrscheinlich ist. Zweitens kann eine deutliche Aufwertung der Kreditwährung die Rentabilität in Frage stellen und zur Rückführung zwingen. Geschieht dies in größerem Umfang, kommen natürlich die "auf Pump" gekauften "Assets" unter Druck. Und kommt die Aufwertung durch einige kleinere Auflösung von Carry Trades in Gang, kann das eine kleine Lawine auslösen. Die Rückführung solcher Darlehen stärkt die Darlehenswährung, das wiederum beschleunigt die Auflösung weiterer Carry Trades.

Es ist zu vermuten, dass die Gefahr einer hier lauernden, schnell unkontrollierbar werdenden Bewegung ein wichtiger Beweggrund für die "Sorge" der G7-Finanzminister ist. Schon wird spekuliert, die japanische Notenbank könne selbst eingreifen und einen Teil der gewaltigen Dollar-Bestände einsetzen, um Yen zu kaufen.

Gemeinsam ist allen angesprochenen "Sorgen"-Punkten der hohe Kreditanteil im Geschäft an den Finanzmärkte. Die lockere Geldpolitik insbesondere der Fed hat zu einer starken Ausweitung der Geldmenge geführt. Bill Gross von Pimco Asset Management hat schon vor einiger Zeit festgestellt, man nähere sich dem Leverage-Punkt von sieben bis acht. Eine Ausweitung darüber hinaus müsse zu ansteigenden und signifikanten Verlusten im Asset-Geschäft führen.

In diesem Zusammenhang ist interessant, wie sich die Häufigkeitsverteilung des amerikanischen Zins-Spreads zwischen zehnjährigen Staatsanleihen und einer dreimonatigen, geldnahen Anlage in den vergangenen 40 Jahren verändert. Seit Ende der "savings and loan crisis" im Jahre 1988 und erst recht seit dem Jahre 2000 hat sie sich abgeflacht und an ihren Enden aufgeworfen. Die Extreme an beiden Enden sind aktuell klar wahrscheinlicher als vor zwei Dekaden, allerdings ist auch der Bereich eingeschränkt. Die Häufigkeits-Verteilung zeigt zuletzt sogar einen bimodalen Verlauf. Der Trend scheint anzuhalten. Hierzu kann ein Chart eingesehen werden auf der Web-Seite der TimePattern unter "Intermarket": "Rezessions-Wahrscheinlichkeit - Häufigkeitsverteilung im Detail".

Die Tatsache, dass sich die Häufigkeitsverteilung des Zinsspreads nivelliert, dürfte widerspiegeln, dass sich die Möglichkeiten für die Akteure an den Finanzmärkten, über Zinsdifferenzen Gewinne zu machen, einschränken. Um Profite zu maximieren, werden daher in immer steigendem Umfang Geschäfte mit "Assets" gemacht, wobei ein niedriges Zinsniveau hohe Kredithebel begünstigt.

Die Verlagerung der Häufigkeitsverteilung des "kurzen" Zinsspreads zu den beiden Enden hin verweist auf wachsende Instabilitäten, Risiken. Der Spread gilt als recht zuverlässiger Frühindikator für eine Rezession. Dies hat Wright mit seinem Modell gezeigt (siehe Artikel vom 8. Dez 2006). Da er jedoch (zu Unrecht) eine Standard-Verteilung unterstellt, unterschätzt sein Modell umso stärker die Risiken, umso mehr sich die tatsächliche Verteilung von der zugrunde liegenden Annahme entfernt. Allein daraus kann zwar noch nicht geschlossen werden, dass aktuell eine Rezession kommt; allerdings kann das Modell auch nicht als Ruhekissen gelten. Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass sich auch nach Wright aktuell immerhin eine Rezessions-Wahrscheinlichkeit von rund 45 Prozent ergibt. 50 Prozent sind erforderlich, damit die Warnlampe angeht.

Die Finanzpolitik der Notenbanken hat in den vergangenen 20 Jahren einerseits dafür gesorgt, Krisensymptome frühzeitig in Liquidität zu ertränken. Allerdings wurden dadurch notwendige Bereinigungen aufgeschoben und die Kreditlastigkeit der gesamten modernen Wirtschaft enorm gesteigert.

Hier ist erhebliches Gefahrenpotenzial aufgetürmt. Das wird vom aktuellen Geschehen an den Finanzmärkten nicht in genügendem Umfang wahrgenommen.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de




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