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Die chinesische Strategie und die Auswirkungen auf den US-Dollar

13.02.2007  |  Dr. Dietmar Siebholz
Die aktuelle chinesische Strategie und die Auswirkungen auf den US-Dollar, den Kapitalmarkt und die Rohstoff-Versorgung


In den letzten Monaten habe ich mich auf ein neues Betätigungsfeld konzentriert, das mich seitdem intensiv in Anspruch nimmt: Das ist die Strategie der Ressourcensicherung in allen für die Industriestaaten und deren Produktion wichtigen Rohstoffen. Als einen Teil meiner damaligen Erkenntnisse habe ich im Dezember 2006 den Artikel "Wie sichert Deutschland seine Rohstoff-Beschaffung ab?" geschrieben.

Es sind seitdem fast zwei Monate vergangen und die internationalen Entwicklungen sind weiter fortgeschritten; darüber und über die möglichen Auswirkungen auf die Devisen-, Kapital-, Edelmetall- und Rohstoffmärkte will ich heute referieren.

Hohe chinesische Regierungskommissionen haben in nochmals verstärktem Umfang die rohstoffreichen Länder Mittel- und Südamerikas sowie insbesondere Afrika bereist und haben großzügige Finanzhilfen in Aussicht gestellt. Diese Strategie habe ich bereits im Oktober 2004 unter dem Titel "Die Strategie Chinas oder Fasten your seat belts, ladies and gentlemen - bzw. 13 Schritte wie China die USA in die Knie zwingen wird" beschrieben. Nach dieser Beschreibung der chinesischen Strategie aus dem Jahre 2004 sind wir inzwischen bei Schritt 11 angelangt. Wenn sich meine Prognose erfüllen sollte, wäre es angebracht, nun tatsächlich die "Sicherheitsgurte anzulegen". Warum?

Einige Merkwürdigkeiten sind zu beachten, die vielleicht im täglichen Informationsgetöse untergehen.Ich will genauer auf sie eingehen.

Die US-Strategie, den Chinesen den Zugriff auf US-Ressourcen zu verweigern (siehe Intervention beim Versuch, Unicoal oder Teck-Cominco zu übernehmen), sehe ich für ähnlich bedeutsam an wie die Weigerung Nixons, im Jahre 1971 den Tausch von US-Papierdollars in Gold nach den Garantien des Bretton-Woods-Abkommens durchzuführen. Es ist im Prinzip die gleiche Insolvenzerklärung, wie die Verweigerung, aus dem Export nach den USA erzielte Dollarguthaben in den USA in Bestandswerte umzutauschen. Die Chinesen haben als größte Gläubigernation der USA diese Weigerung nicht öffentlich kommentiert, aber sofort ihre Strategie geändert. Sie beginnen, sich mit ihren Dollarguthaben weltweit Substanz zu sichern, die entweder für ihre Industrieproduktion benötigen oder schlicht als werthaltige Anlagen im Austausch gegen ihre Dollarguthaben zu sichern.

Das wäre vielleicht nur für die Rohstoff- und Aktienmärkte von Bedeutung, wenn - und da danke ich einem meiner Leser für den richtigen Hinweis - nicht mehr als 85% der US-Dollarguthaben wegen der besseren Verzinsung in US-Staatspapieren oder anderen Bonds von halbstaatlichen Instituten angelegt wäre. Wenn das kürzlich diskutierte Programm, etwa 200 Mrd. US-Dollars in diese Ressourcensicherung zu trans-formieren, eingeleitet wird, dann müssten die dafür erforderlichen Mittel durch den Verkauf von US-Staatsanleihen beschafft werden. Denkbar wäre in abgeschwächter Form auch, dass China aus ihren Überschüssen keine Anlagen in US-Bonds tätigt. Über die Konsequenzen einer derartigen Verkaufsaktion bzw. einer Kaufzurückhaltung bei US-Bonds muss ich Sie als Fachmann sicherlich nicht aufklären: Ein Land, dessen derzeit noch nicht budgetierte Kosten der Kriegsführung von mehr als 500 Mrd. US$ zusätzlich zu den Unterdeckungen aus Haushalt und Handelsbilanz von täglich ca. 3 Mrd US$ durch Kreditaufnahme am Kapitalmarkt oder Geldschöpfung durch die Notenbank finanziert werden muss, kann sich kaum einer Verkaufswelle für seine Staatsanleihen stellen. Das geringste Übel wäre eine Zinserhöhung, damit Anlagen in diesem dann schwachen Bonds-Markt attraktiver erscheinen. Dass ein derartiges Szenario angesichts der unvorstellbar hohen Zinsderivate, mit der die US-Finanzindustrie ihre Investment-Strategien z.B. über Carry-Trades finanziert hat, ohne starke Verwerfungen am Kapitalmarkt vorbeiziehen könnte, halte ich schlicht für ausgeschlossen.

In diese risikoträchtige Landschaft passt auch die Information, dass die Prämien für die Credit-Default-Swaps (also für die Derivate, mit denen Finanz-Institute ihre Kreditausfallrisiken absichern) in den letzten Wochen entschieden gestiegen sind.

Zurück zur chinesischen Strategie: Bei der Untersuchung zum Thema "Rohstoff-Sicherung für die Industrienationen" sind mir zwei kleine Fakten aufgefallen, die man nicht übersehen sollte. China hat in den vergangenen Jahren bei besonders wichtigen strategischen Metallen oder Mineralien Exportbeschränkun-gen eingeführt und nun in den letzten Monaten entweder Steuervorteile beim Export von Rohstoffen abgeschafft oder sogar exportabhängige Steuerbelastungen dekreditiert. In der Folge heisst dies, dass China seine Rohstoffe selbst behält und bei strategischen Stoffen, in denen sie zum Beispiel für den Weltmarkt von extremer Bedeutung als Lieferant sind, die Marktversorgung unterbricht, zumindest erschwert.

China beschränkt damit zwar seine Zuflüsse an Devisen (also insbesondere US-Dollars), behält aber seine strategischen Metallvorräte und nimmt direkten Einfluss auf die konkurrierenden Industrieländer.

Um welche Metalle es sich handelt und wie sich diese Restriktionen auf den Weltmarkt ausgewirkt haben und auswirken werden, werde ich in einem gesonderten Bericht unter dem Titel "Die Chancen mit strategischen Metallen und Mineralien" demnächst näher erläutern.

So sehr diese Strategie Chinas auch deutsche Interessen tangiert und sich die daraus resultierenden negativen Auswirkungen auch für uns in gravierenden Veränderungen niederschlagen werden, so ergeben sich aus der konsequenten Verwendung dieser Erkenntnisse für die Anlageentscheidungen ungeahnte Chancen.

Wie sagte ich bereits in meinem Essay aus dem Oktober 2004 "Fasten your seat belts, ladies and gentlemen": Wir sehen einer rauen Flugstrecke entgegen.


© Dietmar Siebholz
(Sie erreichen mich unter wthlz1@freenet.de.)





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