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Euro-Unterstützung stößt an Grenzen

16.12.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Das jüngste Treffen der 27 EU-Finanzminister in Brüssel hat gezeigt: Es gibt Vorbehalte, den französischen Traum eines voll integrierten Euro-Währungsraum zu realisieren.

Nein, ein großer Wurf ist es nicht geworden. Frankreichs Hoffnung, die Euro-Währungsunion unzertrennlich zu machen, gekrönt mit einem gemeinsamen Haushalt, hat sich auf dem jüngsten EU-Finanzministertreffen nicht erfüllt.

Die Niederlande, Finnland, die baltischen Länder, Schweden und Dänemark sind den Franzosen und ihren Verbündeten nicht gefolgt. Ein Gemeinschaftsbudget soll es, wenn überhaupt, erst ab 2021 geben - und dann auch nur in Kleinformat, zusammen mit einem mehrjährigen EU-Finanzrahmen. Das Bestreben, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) in einen Europäischen Währungsfonds (EWF) umzuwandeln, hat trotz Gegenwind jedoch Fortschritte gemacht.

Ab 2024 soll der ESM - ein schon heute der parlamentarischen Kontrolle entzogenes Ungetüm - strauchelnden Banken Notkredite ("Backstop") verabreichen können. Zudem darf er ab 2022, sollte ein EU-Land in Finanznot geraten, einen Schuldenschnitt aller ausstehenden Schuldpapiere mit den Gläubigern durchsetzen können ("Single Limb Collective Action Clauses"). Auch soll der ESM einem EU-Land ohne wirtschaftspolitische Auflagen Kredite gewähren, wenn es den Kapitalmarktzugang ohne eigenes Verschulden verloren hat. In Trippelschritten soll der ESM also zum EWF werden.

Bei der Bankenunion zeigen sich die Deutschen allerdings unnachgiebig: Eine einheitliche Einlagensicherung für Banken ("EDIS") wird es nach ihnen solange nicht geben, bis die Ausfallsrisiken in den Bankbilanzen - vor allem in Form von heimischen Staatsanleihen - nicht abgeschrieben worden sind. Vor allem die südeuropäischen Geldhäuser werden ihre Probleme also nicht so ohne Weiteres auf andere abwälzen können.

Den Finanzmärkten wird das nicht gefallen: Die Kreditqualität im EU-Süden bleibt schlecht, der Anreiz, das Geld von italienischen, spanischen und portugiesischen Banken abzuziehen und nach Deutsch-land zu bringen, groß.

Das wiederum dürfte die berühmt-berüchtigte "Target-2"-Problematik verschärfen, für die der deutsche Steuerzahler gerade stehen muss. Schon heute beläuft sich der Target-2-Saldo der Deutschen Bundesbank - ein zinsloser, unbesicherter Kredit - auf 941 Mrd. Euro, das sind etwa 29 Prozent des deutschen Volkseinkommens. Für die Deutschen wird es ruinös: Entweder finanzieren sie direkt mit ihren Steuergeldern marode Euro-Banken und -Staaten; oder die Target-2-Salden schwellen immer weiter an, erreichen schließlich auch für Deutschland nicht mehr tragbare Größenordnungen.

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Quelle: Thomson Financial; Deutsche Bundesbank


Bedenklich muss vor allem auch stimmen: Die EU-Regierungen und ihre Bürokraten haben nach wie vor keine überzeugende Euro-Krisenerklärung vorgelegt, auf deren Grundlage die Sinnhaftigkeit ihrer Reformvorschläge beurteilt werden könnte. Man fährt vielmehr ohne Kompass, fischt im Trüben.

Die Euro-Eliten legen Maßnahmen vor, mit denen die Einheitswährung auf Gedeih und Verderb erhalten werden soll - auch wenn das zusehends gegen die wirtschaftliche Vernunft verstößt, den Bürgerwillen missachtet, die freiheitliche Ordnung in Europa zu zerstören droht. Immerhin: Die Durchgriffsmöglichkeiten der Euro-Erhalter, ungehemmt voranzuschreiten zu können, scheint an Grenzen zu stoßen - das hat das jüngste Treffen der 27 EU-Finanzminister in Brüssel gezeigt. Erfreulicherweise.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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