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Denker, Mischer, Spieler und Fanatiker

25.02.2007  |  Manfred Gburek
Bald liegen sechs Jahre Goldpreisaufschwung hinter uns, doch die Schlagzeilen zu diesem Thema halten sich immer noch in Grenzen. Das ist gut so. Zugegeben, auf Euro-Basis ging es erst im Herbst 2005 richtig los, dann aber umso kräftiger. Danach begann Gold in Euro, in Dollar und anderen Währungen eine Fahnenstange zu bilden, wie Charttechniker zu sagen pflegen: Der Preis zeigte immer steiler nach oben. Deren Spitze zog im Mai sehr viele von den Anlegern an, die dem Goldmarkt jahrelang ferngeblieben waren. Das Ende ist bekannt: Das Geld der Neuanleger fiel von der Fahnenstange herunter, aus Verlust wurde Frust. Auch das ist gut so, denn die Enttäuschten von gestern sind die Käufer von morgen.

Derweil tummeln sie sich wieder verstärkt bei Dax und Dow: Während der Deutsche Aktienindex zwischenzeitlich 7000 Punkte überwunden hat, peilt der Dow Jones die Marke von 13 000 Punkten an. Solange in beiden Fällen noch etwas zu holen zu sein scheint, bleiben Edelmetalle denen vorbehalten, die sich bei ihnen schon etwas heimischer fühlen. Die zwei Anlegergruppen haben nichts miteinander zu tun. 1. Die einen denken und handeln prozyklisch; sie gehören eher zu den Spielern, die an der Börse und anderswo fast immer daneben liegen. 2. Dass die anderen antizyklisch eingestellt sind, lässt sich nach fast sechs Jahren Goldpreisanstieg ebenso wenig behaupten, wie etwa, dass sie prozyklisch auf dem Höhepunkt einsteigen - immer unter der Annahme, dieser liege noch weit vor uns. Nein, sie nehmen Edelmetalle als Anlageklasse einfach bewusster wahr als die Anhänger von Dax und Dow, indem sie sie beimischen, wie es in ihrem Jargon heißt. Nach dem Motto: dabeigemischt sein ist alles.

Dann gibt es noch zwei weitere Anlegergruppen, die mit Gold, Silber & Co. etwas mehr zu tun haben: 3. Eine Minderheit, die Edelmetalle in den gängigen Varianten - physisch, in größerem Umfang auch in Form von Aktien, Fonds, Exchange Traded Funds (ETF), Zertifikaten und anderen Finanzinstrumenten - vorausdenkend kauft, aber zwischendurch das Verkaufen der einen oder anderen Position nicht vergisst. 4. Eine wachsende Gruppe von Fanatikern, die nichts anderes im Kopf hat, als die Preisexplosion herbeizusehnen. 3 und 4 unterscheiden sich nicht nur in Bezug auf die Breite des Horizonts, sondern auch darin, dass die einen agieren, während die anderen träumen.

Die Typologie von 1 bis 4 nachzuvollziehen, ist notwendig, wenn man zum einen verstehen will, was an den Edelmetallmärkten (wie auch anderswo) vor sich geht, und wenn man zum anderen der Gruppe angehören möchte, die offenbar fast alles richtig macht. Letzteres trifft aus der Sicht privater Anleger auf 3 zu, aus der Sicht institutioneller Anleger zwar auch auf 3, aber umso eher auf 2, je mehr Geld es zu verwalten gilt. Noch kurz zum Thema nachvollziehen: Das Auf und Ab von Gold und Silber bei insgesamt steigendem Trend ist nichts anderes als das Ergebnis der Dispositionen von Marktteilnehmern an den physischen und vor allem an den Terminmärkten. 2 und 3 mischen kräftig mit, 1 wartet noch bis zur nächsten Fahnenstange, 4 belässt es größtenteils beim Fahnengruß.

Von der Theorie zur Praxis: Ist Ihnen nicht auch schon aufgefallen, dass der Goldpreis in letzter Zeit oft kräftiger ausschlägt als der Silberpreis? Oder dass beide Preise sich besser entwickeln als so manche Edelmetallaktie? Oder dass Schwergewichte aus dem Amex Gold Bugs Index (HUI), wie Gold Fields und Newmont Mining, nach langer Seitwärtsbewegung endlich wieder zu laufen beginnen? Solche Symptome sind nicht zufällig; gehen wir sie deshalb kurz der Reihe nach durch:

Gold ist als Edelmetall mehr ein Hort der Sicherheit als Silber, das zu einem höheren Anteil als Gold industriell verwendet wird. Die zeitweise größeren Ausschläge des Goldpreises sind also wahrscheinlich auf Sicherheitskäufe zurückzuführen, die an den Terminmärkten begleitet werden. Dass die Preise der Edelmetalle jetzt besser laufen als die Kurse vieler Edelmetallaktien, hat einerseits damit zu tun, dass diese schon vorgelaufen sind, andererseits damit, dass die Aktienkurse ja nicht nur die Preise der jeweiligen Metalle widerspiegeln, sondern auch die Kosten für deren Förderung und Verarbeitung, die Lebensdauer der Minen, das Bewertungsniveau im Vergleich zu anderen Aktien und die Qualität des Managements.

Was schließlich die HUI-Aktien betrifft: Wahrscheinlich verfügen einige große Fonds wieder über so hohe Barmittel, dass ihnen - zumal in Erwartung eines weiter steigenden Goldpreises - nichts anders übrig bleibt, als schwergewichtige Aktien von Konzernen zu kaufen, die ihr Gold nicht oder nur geringfügig im Voraus verkauft haben. Gold Fields, weltweit die Nummer 4 der Branche, ist dazu ein klassischer Fall: Diesem südafrikanischen Konzern, der Vorausverkäufe ablehnt, gehört nun mit South Deep in Südafrika das größte Goldlager der Welt. Trotz der hohen Förderkosten aus Tiefen um 4 Kilometer und trotz der aus Anlass von South Deep durchgeführten Kapitalerhöhung könnten die Aktien wegen der damit verbundenen Hebelwirkung bei weiter steigendem Goldpreis besonders interessant werden. Etwas anders liegen die Dinge beim US-Goldkonzern Newmont Mining, weltweit Nummer 2: Den am Donnerstag dieser Woche veröffentlichten Zahlen zufolge hat er seinen Gewinn zuletzt mehr als verdreifacht. Falls er seine Kosten in den Griff bekommt und der Goldpreis weiter steigt, wittern Fondsmanager hier offenbar ebenfalls eine größere Hebelwirkung.

Abschließend bleibt mir nur noch der Rat: Versuchen Sie sich ins Lager der Denker zu begeben - falls Sie nicht schon längst dort angelangt sind. Dazu gehört neben einem gewissen Kombinationsvermögen vor allem eine gute Beobachtungsgabe, damit Sie Ihre Gedanken zu wichtigen Themen kombinieren. Dazu gehören ohne Zweifel auch Edelmetalle und die entsprechenden Aktien mitsamt den Fonds, die sie kaufen und später wieder verkaufen. Als Beobachtungsposten kommt eine Fülle an Internetseiten infrage, von denen die meisten in englischer Sprache abgefasst sind (klicken Sie davor jeweils www. an). Eine Auswahl in Deutsch: goldseiten.de, onvista.de, comdirect.de (die beiden Letztgenannten für Kurse bzw. Preise). In Englisch: gfms.co.uk, gold.org, goldsheetlinks.com, kitco.com, lbma.org.uk, mineweb.com, thebulliondesk.com


© Manfred Gburek
www.gburek.eu



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