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Der Verfall und Niedergang des gesamten kapitalistischen Systems

06.09.2019  |  Egon von Greyerz
Für die Welt ist ein überaus folgenschwerer Moment gekommen, und praktisch niemand kann das sehen. In den vergangenen 50 Jahren hat es keinen entscheidenderen Moment gegeben, als den, der jetzt auf uns zukommt. 1971 stand die Welt vor einer ähnlichen Situation. Allein die Chinesen verstanden damals die Tragweite der Entscheidung Nixons, der das Goldfenster geschlossen hatte.

Im August 1971 war in der Chinesischen Volkszeitung Folgendes zu lesen:

"Diese unpopulären Maßnahmen zeigen, wie ernst es um die Krise der US-Wirtschaft sowie den Verfall und Niedergang des gesamten kapitalistischen Systems steht."

Diese Maßnahmen, so heißt es weiter:

"markieren den Zusammenbruch des kapitalistischen Geldsystems, das sich auf den US-Dollar stützt". "Auch Nixons neue Wirtschaftspolitik wird es nicht schaffen, die USA aus ihrer finanziellen wie ökonomischen Krise zu holen."

"Die politischen Maßnahmen zielen darauf ab, die amerikanische Arbeiterschaft zu übervorteilen und die immer schlimmeren Auswirkungen der finanziellen, monetären wie ökonomischen Krise in den USA auf andere Länder zu verlagern."



Der Niedergang und Verfall des gesamten kapitalistischen Systems

Also: Vor fast 50 Jahren sagte China den “Niedergang und Fall des gesamten kapitalistischen Systems” vorher. Wie Recht die Chinesen doch hatten! Ein halbes Jahrhundert später hat der Dollar effektiv 98% seines Wertes verloren - natürlich gegenüber Gold. Auch gegenüber den meisten Papierwährungen ist der Dollar eingebrochen. Gegenüber dem Schweizer Franken hat er seit 1971 beispielsweise 80% verloren.

Damals 1971 lag die Verschuldung bei 400 Milliarden $, heute sind es 22 Billionen $ - "bloß" das 55-fache. Das BIP der USA lag 1971 bei 1,2 Billionen $, heute sind es 20 Billionen $. Die Verfünfundfünfzigfachung (55 x) der US-Verschuldung in den letzten 48 Jahren hat also nur eine Versiebzehnfachung (17 x) des BIPs erzeugt!

Die US-Wirtschaft fährt auf Reserve, was nicht verwundern kann, denn massive Schöpfung von wertlosem Geld kann kein reales Vermögen erschaffen, sondern nur aufgeblähten Papierreichtum.

Doch nicht nur die USA befinden sich in dieser Lage. Der Abschied von der Golddeckung des Dollars 1971 gab allen Ländern den Freifahrtschein für Geldschöpfung und Kreditexpansion.


Ich selbst habe die Zerstörung von Geld miterlebt

Mein Arbeitsleben fällt zeitlich ziemlich genau in diese Phase; ab 1969 arbeitete ich in einer Bank in Genf. Ich erinnere mich also, wie die Zerstörung des Geldes begann. Später zog ich nach Großbritannien, wo ich den Einbruch des Pfunds miterleben konnte; ich wurde Zeuge, wie es von 10 Schweizer Franken (oder CHF) im Jahr 1972 auf heute 1,20 CHF stürzte - ein 88%iger Verlust für das britische Pfund. Gegenüber Gold hat das Pfund seit 1971 ganze 99% verloren.

Eine Phase der Misswirtschaft und politischer Unruhen in den 1970ern war in Großbritannien der Auslöser. Die jährliche Inflationsrate lag über sieben Jahre hinweg im Bereich von 15 %-17%, und die Zinssätze erreichten und überstiegen 20%.

2008 war das Finanzsystem während der Großen Finanzkrise nur Minuten vom Zusammenbruch entfernt gewesen. Elf Jahre später hat sich die globale Verschuldung verdoppelt und die Risiken sind exponentiell angestiegen.

Die Zentralbanker sind sich bewusst, dass die Weltwirtschaft jetzt am Scheideweg steht. Das große Problem dabei: Sie können den Weg nicht wählen. Die Richtung wurde ihnen schon viele Jahrzehnte zuvor vorgegeben, und jetzt gibt es kein Zurück mehr. In China hatte man damals schon verstanden, wohin der Weg führen würde.

Der August 2019 ähnelt in mancher Hinsicht dem August 1971. Damals steckte Amerika in der Klemme. Wegen des kostspieligen Vietnamkriegs waren die USA unter Druck geraten, und der Goldstandard verhinderte nun, dass sich das Land durch Geldschöpfung aus seinen finanziellen Nöten herausmogeln konnte. Der Rest der Welt erkannte die prekäre Situation der USA und begann, US-Dollar zu verkaufen. Um die Position der USA zu retten, sah Nixon keinen anderen Weg, als den US-Dollar vom Goldstandard zu entkoppeln; und das war der Beginn eines halben Jahrhunderts globaler Geldschöpfung und Kreditexpansion von gigantischem Ausmaß.

Nixon Entscheidung im August 1971 führte zu einer Krise von beispiellosen Ausmaßen. Trotzdem erkennen nur sehr wenige, dass wir uns jetzt am Punkt einer, wie es bei von Mises heißt, "finalen und totalen Katastrophe für das betreffende Währungssystem" befinden.

Dieser August ist kein Einzelereignis wie 1971, sondern eine Reihe von sehr deutlichen Indikatoren, dass alle Zentralbanken in Panik verfallen. Jede große Zentralbank zeigt sich aktuell derart besorgt wie nie zuvor. Sie sagen uns, es werde unbegrenzte Geldschöpfung geben in Kombination mit Null- oder Negativzinsen. 50 Jahre unverantwortliche monetäre Misswirtschaft wird dies auf jeden Fall nicht korrigieren.

Also: Was Nixon begann, wird jetzt durch die derzeitigen Regierungen und Zentralbanker zu Ende gebracht - mittels der spektakulärsten Geldschöpfungswelle überhaupt, die zu Hyperinflation und zum Zusammenbruch des Finanzsystems führen wird.

Bislang sind 40% der globalen Anleihen mit weniger als 1% verzinst, und Anleihen im Gegenwert von 16 Billiarden $ sind negativ verzinst.



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