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800 Jahre Zinsen - Negativzinsen sind gar nicht so absonderlich

08.03.2020  |  John Paul Koning
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Weltweite Zinsen von 1317-2018, BIP-gewichtet; umfasst börsenfähige & nicht-börsenfähige Schulden (Quelle: Schmelzing, 2020)


Während der erste Chart die nicht-börsenfähige Kredite an Regierungen zeigt, verlässt sich dieser obige Chart auf ein größeres Datenset. Er kombiniert nicht-börsenfähige Kredite mit börsenfähigen, wie Kommunalobligationen, die an sekundären Märkten gehandelt wurden.

Der Chart verwendet Daten aus dem Vereinigten Königreich und Italien ab dem Jahr 1310, Deutschland ab 1326, Frankreich ab 1387, Spanien ab 1418 und Holland ab 1400. Die Daten aus den Vereinigten Staaten und Japan werden jeweils 1786 und 1881 integriert. Der Beitrag der Zinsen jeder Nation zum allgemeinen weltweiten Maßstab wird anhand des relativen Beitrags der jeweiligen Nation zum Gesamtbruttoinlandsprodukt bestimmt. Laut Schmelzing deckt diese "weltweite" Serie die Mehrheit der Zinsen von Industrieländern ab, die bis in die 1300er Jahre zurückreichen.

Schmelzing fügt dann eine Trendlinie zu den Daten hinzu, die er gesammelt hat. Diese Linie illustriert den allgemeinen Abwärtstrend der Zinsen über die letzten 800 Jahre etwas klarer. Spezifisch meint Schmelzing, dass die Zinsen jedes Jahr um etwa 0,016% zurückgehen, oder etwa 1,6% im Jahrhundert.

Dieser Abwärtstrend hielt trotz aller möglichen Veränderungen im Geldsystem an. Er überdauerte mehrere Wandel von Gold- zu Silberstandard, dann zum bimetallischen Standard und wieder zurück. Er umfasst verschiedene Arten des Goldstandards, einschließlich Goldmünzen, Goldbullion und Goldhandelsstandards, wie das Bretton-Woods-System. Und er setzt sich über die letztliche Veränderung zu unserer modernen Ära des Fiatwährungsregimes fort.

Diese Beharrlichkeit stellt eine der populärsten Theorien für Niedrig- und Negativzinsen infrage. Laut dieser Theorie sind Zentralbanken, die Fiatwährung ausgegeben, an den entsetzlich niedrigen Zinsen schuld. Da sie sich bereits vor einigen Jahrzehnten von den Fesseln der Goldeinlösbarkeit befreit haben, können Zentralbanker die Zinsen nun so willkürlich niedrig festlegen, wie sie es für notwendig halten, um die Dinge am Laufen zu halten.

Doch das kann nicht sein, denn schließlich geht der Abwärtstrend der Zinsen dem Auftreten der modernen Zentralbanken weiter voraus.


Es gibt nichts Ungewöhnliches an Negativzinsen

Tatsächlich waren negative Realzinsen, wie der untere Chart zeigt, in Zeiten vor dem Zentralbankwesen und dem Fiatgeld ziemlich alltäglich.

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Häufigkeit von langfristigen, negativen Realzinsen, als Prozentsatz des BIP von Industrieländern (Quelle: Schmelzing, 2020)


Anhand jedes Datenpunktes von 1313 bis 2018 plottet Schmelzing, in welchem Maße die Realzinsen jedes Jahr negativ waren. Lange bevor die ersten Zentralbanken in den 1700er und 1800er Jahren etabliert wurden, warfen bereits 10% bis 30% der Schulden negative Beträge ab. Im Jahr 1589 nahmen Volkswirtschaften, die 47% des BIPs von Industrienationen darstellten, Kredite mit negativen Renditen auf! Das ist mehr als heute.

Die Anomalie in diesem Chart ist nicht die heutige Episode Negativzinsen, sondern der Zeitraum von 1984 bis 2001. Realzinsen fielen in dieser Zeitspanne unglaublich hoch aus. In diesen 17 Jahren traten kein einziges Mal negative langfristige Realzinsen auf; das ist die bisher längste derartige Zeitspanne, so Schmelzing.

Wenn die Investoren heutzutage also über Niedrig- und Negativzinsen jammern, behalten Sie sich das im Gedächtnis. Sie stellen eine seltene Generation Investoren dar, die sich während der 1980er und 1990er Jahre ungewöhnlich hoher Realzinsen erfreute. Wenn man Schmelzings Feststellungen ernst nimmt, dann sind niedrige und fallende Zinsen die historische Norm. Wir sollten uns besser daran gewöhnen.


© JP Koning
BullionStar



Der Artikel wurde am 05. Februar 2020 auf www.bullionstar.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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