Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Geldhaltung, Inflation und Krisenpropheten

09.05.2007  |  Mag. Gregor Hochreiter
- Seite 3 -
Die durch den Kredit hervorgerufene Verzerrung besteht darin, daß falsche Produkte hinsichtlich der Produktionslänge produziert werden. Nicht der berühmte viereckige Pullover in der DDR wird zum Ladenhüter, sondern die Konsumenten fordern lieber heute mehr Produkte als morgen, sie sind nicht gewillt länger auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu warten.

Bevor die Rezession und im Endstadium mit ihr die hyperinflationäre Phase einsetzt, schlägt die Renditeentwicklung in den Produktionszweigen der Güter höherer Ordnung besonders stark um. Schließlich wurde in diesen Produktionszweigen eine durch die Inflationierung bedingte strukturelle Überkapazität aufgebaut, die nicht den Konsumentenwünschen entspricht. Die Gewinne kapitalintensiver Unternehmen brechen ein. Ein Vorgang, der durch die Anhebung der Zinsen noch verstärkt wird.

Kurz bevor die Gewinne einbrechen, beginnt der nach Rendite strebende Investor seinen Bargeldbestand zu erhöhen, allerdings noch in der Erwartung, daß sich bald neue lukrative Investitionsprojekte ergeben. Diese zögernde Haltung ist nicht auf ein Gefühl, sondern auf handfeste ökonomische Gründe zurückzuführen. ist. Nicht der Pessimismus vereitelt zusätzliche Investitionen, sondern der Pessimismus ist Folge einer der Inflation geschuldeten Ausbeutung des Kapitalstocks und damit einer sich ankündigenden wirtschaftlichen Talfahrt, deren gesamtes Ausmaß allerdings noch nicht bekannt ist. Sonst würde der Investor nicht seine Geldhaltung erhöhen, sondern seine Konsumausgaben steigern bzw. die Flucht aus dem Bargeld in sichere und bereits bestehende Werte, wie Gold, Immobilien und Kunstschätze antreten.

Für eine auf die Inflationsrate fixierte Öffentlichkeit ist folgende ergänzende Bemerkung von großer Bedeutung:

As a result [of the increase in the cash balance], prices tend to increase less than proportionately to the increase in the quantity of money. (Murray N. Rothbard, Man, Economy and the State, p. 1019)

Dies trifft vor allem auf die Konsumentenpreise zu, die mit rund 2% aktuell deutlich geringer ansteigen als die Geldmengenausweitung, die bei knapp 10% liegt. Die an Propaganda grenzende "Informationspolitik" der Zentralbanken versucht deswegen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Inflationsrate zu lenken.


Phase 2

Früher oder später bemerkt das Gros der Bevölkerung jedoch, daß der Anstieg der Preise kein zeitlich begrenztes Phänomen war und versucht nun, das Papiergeld so schnell wie möglich loszuwerden. Die Geldhaltung geht infolgedessen Richtung Null:

Once people realize that the government will continue to inflate, and therefore that prices will continue to rise, they will step up their purchases of goods. For they will realize that they are gaining by buying now, instead of waiting until a future date when the value of the monetary unit will be lower and prices higher. In other words, the social demand for money falls, and prices now begin to rise more rapidly than the increase in the supply of money. (...) This stage of the inflation is the beginning of hyperinflation, of the runaway boom. (Murray N. Rothbard, Man, Economy and the State, pp. 1019-1020)

In diesem Fall drückt die sinkenden Geldhaltung also nicht eine höhere Sicherheit aus. Im Gegenteil, die Bevölkerung erkennt, daß die angenommene Kaufkraft des ungedeckten Papiergeldes, sein objektiver Tauschwert, in Wirklichkeit deutlich niedriger ist und in Zukunft weiter (stark) fallen wird. Um dem zukünftigen Kaufkraftverlust zuvorzukommen, wird die Geldhaltung rapide abgesenkt bis der objektive Tauschwert der Realität entspricht. Und der ist für einen Fetzen Papier derzeit nicht sonderlich hoch.

Sollten also weitere Fondsmanager ähnlich wie Celina Lin die Bargeldbestände ihrer Fonds erhöhen oder unruhige Privatanleger aus Verzweiflung über sinnvolle Anlegemöglichkeiten auf ihrem Geld sitzen bleiben wollen, dann dürfte der Eintritt in die Phase 2 der gegenwärtigen Geldkrise unmittelbar anstehen.

Einen genauen Termin für den Beginn der Flucht aus dem Geld zu prognostizieren, ist ökonomisch schlicht unmöglich. Zu diesem Zweck müßte man in die Gehirne aller Marktteilnehmer blicken. Mit ein wenig ökonomischem Verständnis kann man aber zumindest die einen umgebenden Zeichen richtig deuten. Sie stehen sogar in einer gewöhnlichen Tageszeitung.

Denn wer in der Hyperinflation zu spät reagiert, verliert sein gesamtes Vermögen. Wer zeitgerecht agiert, kann in der Krise sogar real noch gewinnen oder zumindest seine Verlust deutlich begrenzen.

Was haben diese Ausführungen mit dem vorher kritisierten "Win-Lose-Denken" zu tun? Eine übertriebene Betonung des Umstands, daß in der Krise die dummen Schafe geschlachtet werden, kann in weiten Teilen der Gesellschaft den Eindruck verstärken, daß jede Art der menschlichen Zusammenarbeit auf dem Grundsatz "Des einen Gewinn, ist des anderen Verlust" fußt und daß friedfertige Kooperation zum beidseitigen Vorteil ein Ding der Unmöglichkeit wäre. Dem ist aber nicht so.

Natürlich wäre es grundfalsch, sich für richtiges Wissen und richtige Handlungen zu entschuldigen oder Schuldgefühle aufzubauen, weil man sich selbst gerade noch rechtzeitig das richtige Wissen angeeignet hat. Noch dazu weil die Aneignung und die Verbreitung des Wissens um die ökonomischen Kausalitäten dem Spuk des destabilisierenden Interventionismus ein Ende bereitet und somit Schlimmeres verhindert.

Doch während sich der kurzsichtige Anleger ganz auf den schnellen Gewinn konzentriert - ja er mag seine relative Wohlstandsposition durch die Wiederholung von Krisen in der Gesellschaft sogar sukzessive ausbauen - agiert der langfristig orientierte Investor umsichtiger. Er ist sich bewußt, daß alles Geld der Welt nichts bringt, wenn die destabilisierenden Krisen nicht endlich der Vergangenheit angehören. Denn, ob er will oder nicht: Sein absoluter Wohlstand hängt zu einem nicht geringen Teil von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und den zirkulierenden Ideen ab. Er weiß, daß unternehmerisches Handeln á la long nur in einer Gesellschaft, in einer auf "Win-Win" basierenden Zusammenarbeit zwischen Menschen, möglich ist und daß bestimmte Formen der Kommunikation diesem Ziel abträglich sind.


© Gregor Hochreiter
www.homo-agens.com, www.liberty.li, Den Autor können sie unter gh@liberty.li erreichen.



Veranstaltungshinweis in eigener Sache: Am 30.06. findet in Wien ein weiteres Seminar statt. Das Thema lautet: "Langfristig Werte sichern - krisenfeste Vermögenssicherung & Anlage". Mehr Infos finden sie hier: www.wertewirtschaft.org.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"