Zentralbanken manipulieren Goldpreis
26.05.2007 | Hubert Roos
Viele Gründe können aufgezeigt werden, weshalb Gold in den letzten Jahren so stark an Wert gewonnen hat und sich auch in Zukunft sehr positiv entwickeln wird. Dazu zählen steigende Rohstoffpreise im Allgemeinen, die Sorge vor steigender Inflation bis hin zu Ängsten von Hyperinflation, geopolitische Risiken oder die Angst vor einem Dollar-Crash.
Während alle diese Punkte sicherlich zutreffend sind und jeder von ihnen eine Rolle in der Kursentwicklung der letzten Jahre gespielt hat, wurde bisher jedoch der wichtigste Kernpunkt in der öffentlichen Diskussion ausgespart: die Zentralbanken Europas und der USA als größte Player im Goldmarkt haben inzwischen fast die Hälfte ihrer Goldreserven veräußert und die breite Öffentlichkeit weiß noch nichts davon.
Nach offiziellen Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) lagern in den Tresoren der Zentralbanken rund 31.000 Tonnen Gold, aber in Wirklichkeit sind es deutlich weniger. Die größten Positionen haben nach IWF-Angaben die USA mit über 8.000 Tonnen, was rund 68 Prozent ihrer Währungsreserven entspricht. Deutschland steht mit gut 3.400 Tonnen an zweiter Stelle und deckt damit über 50 Prozent seiner Währungsreserven ab. Dann folgen der Internationale Währungsfonds (IWF) mit 3.200 Tonnen, Frankreich mit 2.800 Tonnen und Italien mit 2.400 Tonnen decken fast 60 Prozent ihrer Währungsreserven ab.
Die Problematik der heutigen Situation im Goldmarkt liegt in den 1980-er Jahren begründet. Damals begannen die Zentralbanken, Teile ihrer Goldbestände an große Banken und Investmentbanken, die im Goldgeschäft tätig waren - sogenannte Bullion-Banken - zu verleihen. Dazu zählten beispielsweise Deutsche Bank, Barclays Bank, UBS, HSBC-Bank, JPMorgan Chase, Goldman Sachs oder die Citibank.
Der Sinn und Zweck dieses Tuns lag darin, dass die Zentralbanken mit ihrem Gold Geld verdienen wollten, weil sie für das Verleihen eine Gebühr verlangen konnten. Damals lagen die Zinsen für die Goldleihe bei 1 bis 2 Prozent, heute sind sie deutlich niedriger. Diese nicht gerade hohen Zinsen schienen immerhin lukrativ genug für den Verleih einer Ware, die irgendwo in Tresoren herum lag und anstatt etwas einzubringen, nur Kosten für Lagerung und Bewachung verursachte.
Was aber macht nun eine Bullion-Bank mit dem geliehenen Gold? Lagert sie es ein und hat jetzt ihrerseits nicht nur die Kosten für Lagerung und Versicherung, sondern auch noch die Zinszahlungen an die Notenbank zu tragen? Das wäre ein schlechtes Geschäft. Die Gold-Banken sind ebenso wie alle anderen Banken Vermittler. Sie verdienen daran, dass sie Finanzgeschäfte vermitteln. Also nehmen sie das Gold und verkaufen es weiter, z.B. an die Schmuckindustrie oder an Investoren und kassieren dafür den entsprechenden aktuellen Goldpreis zuzüglich Provisionen und Spesen. Das eingenommene Geld investierten sie dann in Anleihen und Schatzbriefe. Das ganze rechnete sich ungefähr folgendermaßen:
Die Bullion-Bank zahlte ein Prozent Zins an die Notenbank während des Ausleihezeitraumes und legte damals das für den Verkauf des geliehenen Goldes eingenommene Geld mit ca. 5 bis 6 Prozent in festverzinslichen Anleihen an - macht nach Abzug der Transaktionskosten einen Gewinn von 3 bis 4 Prozent. Dieses Geschäftsmodell nennt man Gold-Carry-Trade. (Anm. 1) Ein schönes Geschäft, das allerdings einen Haken hat.
Ab dem Zeitpunkt, an dem die Bullion-Bank das geliehene Gold verkauft, steht sie im Risiko. Sie muss zum vorher bestimmten Zeitpunkt die gleiche Menge Gold, die sie verkauft hat und jetzt nicht mehr besitzt, an die Notenbank zurückgeben. Wenn sich bei der fälligen Rückgabe der Goldpreis auf dem gleichen Niveau befindet wie zu dem Zeitpunkt, als das Gold verkauft wurde, läuft alles problemlos.
Die Bullion-Bank kauft am Markt die entsprechende Menge quasi kostenneutral zurück und das Geschäft mit der Notenbank wird glattgestellt. Noch besser stellt sich die Lage dar, wenn in der Zwischenzeit der Goldpreis gesunken ist. Dann kann das Gold günstiger eingekauft werden als man es verkauft hat und neben dem Zinsdifferenzgeschäft realisiert die Bullion-Bank zusätzliche Kursgewinne. Das ist die hohe Kunst des Geldverdienens, die allerdings nicht mehr funktioniert, wenn der Goldpreis steigt.
In diesem Fall müsste die Bank für den Rückkauf des gelben Metalls mehr Geld ausgeben, als sie durch den Verkauf eingenommen hat. Dadurch wäre möglicherweise der Gewinn aus dem Zinsdifferenzgeschäft sehr schnell weg geschmolzen und es könnte im Endeffekt sogar zu einem Verlustgeschäft werden - nicht nur für die Bullion-Bank, sondern auch für die Notenbank. Wenn nämlich durch derartige Geschäftspraktiken eine Bullion-Bank zu große Verluste erleidet und in ihrer Existenz gefährdet würde, hätte sehr wahrscheinlich auch die Notenbank das Nachsehen, da diese keine Aussicht darauf hätte, von einer Pleite gegangenen Bank Zinsen zu erhalten, geschweige denn ihr Gold zurück zu bekommen. Aus diesem Grund haben die Notenbanken ein sehr großes Interesse, dass ihre Geschäftspartner - die Gold-Banken - nicht durch zu hohe Goldpreise unter Druck geraten.
Es gibt aber noch einen weiteren Punkt, weshalb die Notenbanken einen hohen Goldpreis nicht besonders schätzen und weshalb sie gerne Gold verliehen - insbesondere seit der Mitte der 90-er Jahre: Durch die Gold-Verleihung kam immer wieder Gold aus den Tresoren auf den Markt und sorgte nicht nur dafür, dass jede Nachfrage befriedigt werden konnte, sondern dass man damit sogar den Goldpreis drücken konnte. Für die Drückung des Goldpreises gab es verschiedene Motive.
Zunächst half ein niedriger Goldpreis, die Finanzmärkte bei tatsächlichen oder zu befürchtenden Krisensituationen zu beruhigen - z.B. die Asienkrise und die Russlandkrise Mitte der 90-er, der Zusammenbruch der LTCM-Gesellschaft (Long Term Capital Management) 1998 und die Terroranschläge vom 11. September 2001. Außerdem ist ein niedriger Goldpreis positiv für die Außenwirkung der US-Finanzpolitik, indem er signalisiert, dass alles in Ordnung und die Inflation unter Kontrolle ist. Schließlich muss der Goldpreis unten bleiben, damit die Spieler beim Gold-Carry-Trade nicht verlieren.
Die Praxis des Goldverleihens durch die Zentralbanken führt allerdings zu starken Verzerrungen der Angebots- und Nachfragestruktur. Das von Zentralbanken verliehene Gold, das in den Markt hinein verkauft wird, hat den Effekt, dass kurzfristig das Angebot erhöht und damit der Goldpreis niedrig gehalten wird.
Auf lange Sicht wiederum wird das Angebot reduziert, weil das Gold wieder vom Markt genommen werden muss, wenn die Verleihfrist abgelaufen ist. Wenn zusätzlich die Nachfrage nach Gold weiter steigt, z.B. für Investmentzwecke und außerdem die Minenproduktion rückläufig ist, wird eine sehr angespannte Situation auf dem Goldmarkt entstehen, die zu sehr unerwarteten Preisbewegungen nach oben führen kann. Wie stark solche Bewegungen sein können, hängt davon ab, wie groß die Menge des ausstehenden Goldes ist. Und genau diese Frage ist nicht leicht zu beantworten.
Während alle diese Punkte sicherlich zutreffend sind und jeder von ihnen eine Rolle in der Kursentwicklung der letzten Jahre gespielt hat, wurde bisher jedoch der wichtigste Kernpunkt in der öffentlichen Diskussion ausgespart: die Zentralbanken Europas und der USA als größte Player im Goldmarkt haben inzwischen fast die Hälfte ihrer Goldreserven veräußert und die breite Öffentlichkeit weiß noch nichts davon.
Nach offiziellen Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) lagern in den Tresoren der Zentralbanken rund 31.000 Tonnen Gold, aber in Wirklichkeit sind es deutlich weniger. Die größten Positionen haben nach IWF-Angaben die USA mit über 8.000 Tonnen, was rund 68 Prozent ihrer Währungsreserven entspricht. Deutschland steht mit gut 3.400 Tonnen an zweiter Stelle und deckt damit über 50 Prozent seiner Währungsreserven ab. Dann folgen der Internationale Währungsfonds (IWF) mit 3.200 Tonnen, Frankreich mit 2.800 Tonnen und Italien mit 2.400 Tonnen decken fast 60 Prozent ihrer Währungsreserven ab.
Die Problematik der heutigen Situation im Goldmarkt liegt in den 1980-er Jahren begründet. Damals begannen die Zentralbanken, Teile ihrer Goldbestände an große Banken und Investmentbanken, die im Goldgeschäft tätig waren - sogenannte Bullion-Banken - zu verleihen. Dazu zählten beispielsweise Deutsche Bank, Barclays Bank, UBS, HSBC-Bank, JPMorgan Chase, Goldman Sachs oder die Citibank.
Der Sinn und Zweck dieses Tuns lag darin, dass die Zentralbanken mit ihrem Gold Geld verdienen wollten, weil sie für das Verleihen eine Gebühr verlangen konnten. Damals lagen die Zinsen für die Goldleihe bei 1 bis 2 Prozent, heute sind sie deutlich niedriger. Diese nicht gerade hohen Zinsen schienen immerhin lukrativ genug für den Verleih einer Ware, die irgendwo in Tresoren herum lag und anstatt etwas einzubringen, nur Kosten für Lagerung und Bewachung verursachte.
Was aber macht nun eine Bullion-Bank mit dem geliehenen Gold? Lagert sie es ein und hat jetzt ihrerseits nicht nur die Kosten für Lagerung und Versicherung, sondern auch noch die Zinszahlungen an die Notenbank zu tragen? Das wäre ein schlechtes Geschäft. Die Gold-Banken sind ebenso wie alle anderen Banken Vermittler. Sie verdienen daran, dass sie Finanzgeschäfte vermitteln. Also nehmen sie das Gold und verkaufen es weiter, z.B. an die Schmuckindustrie oder an Investoren und kassieren dafür den entsprechenden aktuellen Goldpreis zuzüglich Provisionen und Spesen. Das eingenommene Geld investierten sie dann in Anleihen und Schatzbriefe. Das ganze rechnete sich ungefähr folgendermaßen:
Die Bullion-Bank zahlte ein Prozent Zins an die Notenbank während des Ausleihezeitraumes und legte damals das für den Verkauf des geliehenen Goldes eingenommene Geld mit ca. 5 bis 6 Prozent in festverzinslichen Anleihen an - macht nach Abzug der Transaktionskosten einen Gewinn von 3 bis 4 Prozent. Dieses Geschäftsmodell nennt man Gold-Carry-Trade. (Anm. 1) Ein schönes Geschäft, das allerdings einen Haken hat.
Ab dem Zeitpunkt, an dem die Bullion-Bank das geliehene Gold verkauft, steht sie im Risiko. Sie muss zum vorher bestimmten Zeitpunkt die gleiche Menge Gold, die sie verkauft hat und jetzt nicht mehr besitzt, an die Notenbank zurückgeben. Wenn sich bei der fälligen Rückgabe der Goldpreis auf dem gleichen Niveau befindet wie zu dem Zeitpunkt, als das Gold verkauft wurde, läuft alles problemlos.
Die Bullion-Bank kauft am Markt die entsprechende Menge quasi kostenneutral zurück und das Geschäft mit der Notenbank wird glattgestellt. Noch besser stellt sich die Lage dar, wenn in der Zwischenzeit der Goldpreis gesunken ist. Dann kann das Gold günstiger eingekauft werden als man es verkauft hat und neben dem Zinsdifferenzgeschäft realisiert die Bullion-Bank zusätzliche Kursgewinne. Das ist die hohe Kunst des Geldverdienens, die allerdings nicht mehr funktioniert, wenn der Goldpreis steigt.
In diesem Fall müsste die Bank für den Rückkauf des gelben Metalls mehr Geld ausgeben, als sie durch den Verkauf eingenommen hat. Dadurch wäre möglicherweise der Gewinn aus dem Zinsdifferenzgeschäft sehr schnell weg geschmolzen und es könnte im Endeffekt sogar zu einem Verlustgeschäft werden - nicht nur für die Bullion-Bank, sondern auch für die Notenbank. Wenn nämlich durch derartige Geschäftspraktiken eine Bullion-Bank zu große Verluste erleidet und in ihrer Existenz gefährdet würde, hätte sehr wahrscheinlich auch die Notenbank das Nachsehen, da diese keine Aussicht darauf hätte, von einer Pleite gegangenen Bank Zinsen zu erhalten, geschweige denn ihr Gold zurück zu bekommen. Aus diesem Grund haben die Notenbanken ein sehr großes Interesse, dass ihre Geschäftspartner - die Gold-Banken - nicht durch zu hohe Goldpreise unter Druck geraten.
Es gibt aber noch einen weiteren Punkt, weshalb die Notenbanken einen hohen Goldpreis nicht besonders schätzen und weshalb sie gerne Gold verliehen - insbesondere seit der Mitte der 90-er Jahre: Durch die Gold-Verleihung kam immer wieder Gold aus den Tresoren auf den Markt und sorgte nicht nur dafür, dass jede Nachfrage befriedigt werden konnte, sondern dass man damit sogar den Goldpreis drücken konnte. Für die Drückung des Goldpreises gab es verschiedene Motive.
Zunächst half ein niedriger Goldpreis, die Finanzmärkte bei tatsächlichen oder zu befürchtenden Krisensituationen zu beruhigen - z.B. die Asienkrise und die Russlandkrise Mitte der 90-er, der Zusammenbruch der LTCM-Gesellschaft (Long Term Capital Management) 1998 und die Terroranschläge vom 11. September 2001. Außerdem ist ein niedriger Goldpreis positiv für die Außenwirkung der US-Finanzpolitik, indem er signalisiert, dass alles in Ordnung und die Inflation unter Kontrolle ist. Schließlich muss der Goldpreis unten bleiben, damit die Spieler beim Gold-Carry-Trade nicht verlieren.
Die Praxis des Goldverleihens durch die Zentralbanken führt allerdings zu starken Verzerrungen der Angebots- und Nachfragestruktur. Das von Zentralbanken verliehene Gold, das in den Markt hinein verkauft wird, hat den Effekt, dass kurzfristig das Angebot erhöht und damit der Goldpreis niedrig gehalten wird.
Auf lange Sicht wiederum wird das Angebot reduziert, weil das Gold wieder vom Markt genommen werden muss, wenn die Verleihfrist abgelaufen ist. Wenn zusätzlich die Nachfrage nach Gold weiter steigt, z.B. für Investmentzwecke und außerdem die Minenproduktion rückläufig ist, wird eine sehr angespannte Situation auf dem Goldmarkt entstehen, die zu sehr unerwarteten Preisbewegungen nach oben führen kann. Wie stark solche Bewegungen sein können, hängt davon ab, wie groß die Menge des ausstehenden Goldes ist. Und genau diese Frage ist nicht leicht zu beantworten.