Das Silber/Gold-Produktions-Ratio
04.10.2004 | Richard Mayr
Nach dem Gold/Silber-Preis-Ratio wird in diesem Artikel das Silber/Gold-Produktions-Ratio (SGPR) näher betrachtet. Errechnet wird das Produktions-Ratio, indem man die primär produzierte Menge Silber eines Jahres durch die Menge des geförderten Goldes teilt. Hierbei fließt nur die Zahl der neu geförderten Menge ein und nicht das gesamte Angebot am Markt, welches sich gerade bei Silber um das recycelte Material (scrap) und bei Gold durch die Zentralbankenverkäufe oder schlicht durch "Papiermetall" erhöht. Die aktuell errechnete Maßzahl von ca. 7 (Daten für das Jahr 2003, die Daten für 2004 liegen erst 2005 vor), sagt also aus, daß für 1 Unze Gold gerade einmal 7 Unzen Silber weltweit gefördert wurden. Betrachtet man die natürliche physikalische Vorkommensweise der beiden Edelmetalle in der Silikatkruste der Erde, so erhält man ein Verhältnis von 1 Unze Gold auf 17,5 Unzen Silber, was dem historischen Gold/Silber-Preis-Ratio von 15 sehr nahe kommt. Da die Förderung zur Zeit weit unter dem natürlichen Vorkommensverhältnis liegt, kann man subsumieren, daß der aktuelle Förderungsquotient für Silber zu Gold in einer relativen Betrachtung sehr niedrig ist.
Die Produktion
Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Goldproduktion weltweit derzeit mit dem anziehenden Goldpreis auf einem neuen Hoch ist (vgl. Abb. 1), und daher relativiert es sich, von einer niedrigen Produktion bei Silber zu sprechen. Der Chart für die Silberproduktion besitzt bereits einen exponentiellen Charakter, und es kann davon ausgegangen werden, daß die produzierte Menge im Falle einer sich abzeichnenden weltweiten Depression schon bald rückläufig sein dürfte. Die Produktion des Silbers hängt nämlich heute zu über 70% von der Förderung anderer Metalle ab, bei denen das Edelmetall als Nebenprodukt anfällt. Im Falle einer wirtschaftlichen Depression ist also mit einer abnehmenden Silberproduktion zu rechnen und bei gleichbleibend hoher Goldförderung (wie während der letzten Großen Depression) mit einem weiter fallenden Produktions-Ratio.
Das historische Hoch des Silber/Gold-Produktions-Ratios
Seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. wird nachweislich Silber gefördert. Im Gegensatz zu dem überlieferten Werteverhältnis des Goldes zum Silber gibt es keine genauen Produktionszahlen aus dieser Zeit. Die Anfänge der Edelmetallstatistik lassen sich in etwa auf das Jahr 1500 datieren. In welchen Mengen Silber vor dem Mittelalter gewonnen wurde, ist durch den Analysten von heute nicht genau bestimmbar. Erst mit der Entdeckung Amerikas setzte eine einigermaßen verläßliche Statistik bei der Silberproduktion ein. Spanien unterhielt in jener Zeit einen großen bürokratischen Apparat für die Registrierung der gewonnenen Gold- und Silbermengen, um die richtige Steuer darauf festsetzen zu können. Die Münzstätten in den überseeischen Gebieten hatten die Order, über die ordnungsgemäße Abgabe der Steuer zu wachen. Die gigantischen Silbermengen, die nach Spanien verschifft wurden, ließen in jener Zeit das SGPR auf das historische Hoch von ca. 44 steigen. Bis 1860 sank es jedoch kontinuierlich bis auf 5 ab und erreichte erst mit Entdeckung der größten Silberader der Welt, der Comstock Lode in Nevada, wieder den Wert von ca. 20. Mit der Entdeckung der großen Goldadern in Südafrika Anfang 1900 begann das SGPR wieder zu sinken. Aber damals wie heute sind die Statistiken nicht absolut zuverlässig, da eine genaue Messung früher nicht möglich war und die "unerlaubte" Förderung und der Schmuggel nicht berechnet werden konnten. Verläßliche Daten bekommt man indes seit 1900 durch die staatlichen Statistiken im Gutachten des US Bureau of Mines und des US Geological Survey (USGS). Allerdings beziehen sich auch diese Daten nur auf die erfaßten Mengen von offiziellen Minen.
Das historische Tief
Das historische Tief des Produktions-Ratios wurde nach dem Zweiten Weltkrieg erreicht. Im Jahre 1946 notierte das Ratio bei gerade einmal 4,6. Dies resultiert aus der starken Ausweitung der Goldproduktion seit der Großen Depression ab 1929 bis zum Kriegseintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg und führte dadurch zu dem Einbruch des Ratios. Seit nunmehr fast 60 Jahren verläuft das SGPR in einem Seitwärtskanal in einer Range zwischen 5,5 und 9 mit leicht fallender Tendenz seit 1980.
Die Zukunft
Schon im Jahre 1894 schrieb Joseph E. Fränkel in seiner Abhandlung über die Zukunft des Silbers seine Schlußfolgerung nieder:
"Es scheint, als ob unsere Zeit den Eingeweiden der Erde ihre silbernen Schätze zu schnell und vor der Zeit entrissen hätte, Schätze, welche, obwohl jetzt unverwertet, wahrscheinlich der Menschheit zu späterem Gebrauche aufbewahrt werden müssen. Denn ein Bergwerk ist nicht unerschöpflich, und die Natur hat der Gewinnung der Metalle Grenzen gesteckt, welche wohl nie zu überschreiten sein werden."
Diese Mahnung kann als korrekt betrachtet werden, wenn man vergleicht, daß die Jahresproduktion 2003 (ca. 18.000 Tonnen) fast den Jahresproduktionen des gesamten silberreichen 16. Jahrhunderts entspricht. Zwar stellte schon Adam Smith, der Urvater des Kapitalismus, fest, daß das Verhältnis zwischen den Mengen zweier auf dem Markt befindlicher Waren keinen Rückschluß auf ihren Wert zulasse. Im Gegensatz zur menschlichen Gier sind die Rohstoffreserven aber begrenzt, und sowohl Gold als auch Silber werden in den nächsten Jahren stärker nachgefragt werden und produziert werden müssen, was auch auf höhere Preise schließen läßt.
Fazit
Das Silber/Gold-Produktions-Ratio verdeutlicht nur die Knappheit der beiden Edelmetalle zueinander durch Messung der tatsächlichen jährlichen Produktionsmengen. Heute befindet sich das SGPR in einem Seitwärtstrend mit leicht fallender Tendenz seit 1980. Die Produktionskapazitäten sind ausgereizt, und bei den aktuell noch niedrigen Silberpreisen werden keine zusätzlichen Kapazitäten erschlossen z.B. durch Wiedereröffnung von stillgelegten Minen oder durch Neuerschließungen. Aufgrund der hohen Short-Positionen im Markt, die bei Gold nach inoffiziellen Angaben mehr als 10.000 Tonnen und bei Silber knapp 50.000 Tonnen betragen, ist bei einem weiteren Preisanstieg der Edelmetalle auch weiterhin von einem gleichbleibenden Produktions-Ratio auszugehen, da die Neuerschließung einer Mine mehr als fünf Jahre in Anspruch nimmt. Eine zusätzliche Verknappung bei Silber kann sich aus einer Depression ergeben, in der die weltweite Nachfrage nach anderen Metallen konjunkturell bedingt zurückgeht und somit auch die Primärproduktion bei Silber erlahmt. Dies würde das SGPR weiter sinken lassen. Dreh- und Angelpunkt eines Anstiegs der Edelmetallpreise sind aber nach wie vor die inflatorischen Tendenzen durch die zu starken Geldmengenausweitungen der Zentralbanken.
© Richard Mayr
Quelle: aus Zeitschrift "Smart Investor" 08/2004
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Die Produktion
Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Goldproduktion weltweit derzeit mit dem anziehenden Goldpreis auf einem neuen Hoch ist (vgl. Abb. 1), und daher relativiert es sich, von einer niedrigen Produktion bei Silber zu sprechen. Der Chart für die Silberproduktion besitzt bereits einen exponentiellen Charakter, und es kann davon ausgegangen werden, daß die produzierte Menge im Falle einer sich abzeichnenden weltweiten Depression schon bald rückläufig sein dürfte. Die Produktion des Silbers hängt nämlich heute zu über 70% von der Förderung anderer Metalle ab, bei denen das Edelmetall als Nebenprodukt anfällt. Im Falle einer wirtschaftlichen Depression ist also mit einer abnehmenden Silberproduktion zu rechnen und bei gleichbleibend hoher Goldförderung (wie während der letzten Großen Depression) mit einem weiter fallenden Produktions-Ratio.
Das historische Hoch des Silber/Gold-Produktions-Ratios
Seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. wird nachweislich Silber gefördert. Im Gegensatz zu dem überlieferten Werteverhältnis des Goldes zum Silber gibt es keine genauen Produktionszahlen aus dieser Zeit. Die Anfänge der Edelmetallstatistik lassen sich in etwa auf das Jahr 1500 datieren. In welchen Mengen Silber vor dem Mittelalter gewonnen wurde, ist durch den Analysten von heute nicht genau bestimmbar. Erst mit der Entdeckung Amerikas setzte eine einigermaßen verläßliche Statistik bei der Silberproduktion ein. Spanien unterhielt in jener Zeit einen großen bürokratischen Apparat für die Registrierung der gewonnenen Gold- und Silbermengen, um die richtige Steuer darauf festsetzen zu können. Die Münzstätten in den überseeischen Gebieten hatten die Order, über die ordnungsgemäße Abgabe der Steuer zu wachen. Die gigantischen Silbermengen, die nach Spanien verschifft wurden, ließen in jener Zeit das SGPR auf das historische Hoch von ca. 44 steigen. Bis 1860 sank es jedoch kontinuierlich bis auf 5 ab und erreichte erst mit Entdeckung der größten Silberader der Welt, der Comstock Lode in Nevada, wieder den Wert von ca. 20. Mit der Entdeckung der großen Goldadern in Südafrika Anfang 1900 begann das SGPR wieder zu sinken. Aber damals wie heute sind die Statistiken nicht absolut zuverlässig, da eine genaue Messung früher nicht möglich war und die "unerlaubte" Förderung und der Schmuggel nicht berechnet werden konnten. Verläßliche Daten bekommt man indes seit 1900 durch die staatlichen Statistiken im Gutachten des US Bureau of Mines und des US Geological Survey (USGS). Allerdings beziehen sich auch diese Daten nur auf die erfaßten Mengen von offiziellen Minen.
Das historische Tief
Das historische Tief des Produktions-Ratios wurde nach dem Zweiten Weltkrieg erreicht. Im Jahre 1946 notierte das Ratio bei gerade einmal 4,6. Dies resultiert aus der starken Ausweitung der Goldproduktion seit der Großen Depression ab 1929 bis zum Kriegseintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg und führte dadurch zu dem Einbruch des Ratios. Seit nunmehr fast 60 Jahren verläuft das SGPR in einem Seitwärtskanal in einer Range zwischen 5,5 und 9 mit leicht fallender Tendenz seit 1980.
Die Zukunft
Schon im Jahre 1894 schrieb Joseph E. Fränkel in seiner Abhandlung über die Zukunft des Silbers seine Schlußfolgerung nieder:
"Es scheint, als ob unsere Zeit den Eingeweiden der Erde ihre silbernen Schätze zu schnell und vor der Zeit entrissen hätte, Schätze, welche, obwohl jetzt unverwertet, wahrscheinlich der Menschheit zu späterem Gebrauche aufbewahrt werden müssen. Denn ein Bergwerk ist nicht unerschöpflich, und die Natur hat der Gewinnung der Metalle Grenzen gesteckt, welche wohl nie zu überschreiten sein werden."
Diese Mahnung kann als korrekt betrachtet werden, wenn man vergleicht, daß die Jahresproduktion 2003 (ca. 18.000 Tonnen) fast den Jahresproduktionen des gesamten silberreichen 16. Jahrhunderts entspricht. Zwar stellte schon Adam Smith, der Urvater des Kapitalismus, fest, daß das Verhältnis zwischen den Mengen zweier auf dem Markt befindlicher Waren keinen Rückschluß auf ihren Wert zulasse. Im Gegensatz zur menschlichen Gier sind die Rohstoffreserven aber begrenzt, und sowohl Gold als auch Silber werden in den nächsten Jahren stärker nachgefragt werden und produziert werden müssen, was auch auf höhere Preise schließen läßt.
Fazit
Das Silber/Gold-Produktions-Ratio verdeutlicht nur die Knappheit der beiden Edelmetalle zueinander durch Messung der tatsächlichen jährlichen Produktionsmengen. Heute befindet sich das SGPR in einem Seitwärtstrend mit leicht fallender Tendenz seit 1980. Die Produktionskapazitäten sind ausgereizt, und bei den aktuell noch niedrigen Silberpreisen werden keine zusätzlichen Kapazitäten erschlossen z.B. durch Wiedereröffnung von stillgelegten Minen oder durch Neuerschließungen. Aufgrund der hohen Short-Positionen im Markt, die bei Gold nach inoffiziellen Angaben mehr als 10.000 Tonnen und bei Silber knapp 50.000 Tonnen betragen, ist bei einem weiteren Preisanstieg der Edelmetalle auch weiterhin von einem gleichbleibenden Produktions-Ratio auszugehen, da die Neuerschließung einer Mine mehr als fünf Jahre in Anspruch nimmt. Eine zusätzliche Verknappung bei Silber kann sich aus einer Depression ergeben, in der die weltweite Nachfrage nach anderen Metallen konjunkturell bedingt zurückgeht und somit auch die Primärproduktion bei Silber erlahmt. Dies würde das SGPR weiter sinken lassen. Dreh- und Angelpunkt eines Anstiegs der Edelmetallpreise sind aber nach wie vor die inflatorischen Tendenzen durch die zu starken Geldmengenausweitungen der Zentralbanken.
© Richard Mayr
Quelle: aus Zeitschrift "Smart Investor" 08/2004
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