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Warum die Bundesbank am Gold festhält und Eichel leer ausgeht

16.02.2005  |  Dr. Bruno Bandulet
Noch vor wenigen Wochen galt es als ausgemachte Sache, daß alle großen europäischen Notenbanken als Goldverkäufer auf den Plan treten würden. Die Briten hatten es zu lächerlich niedrigen Preisen getan, von den 2.600 Tonnen der Schweiz werden bald nur noch 1.300 übrig sein, die Niederlande plündern ihre Reserven schon seit langem, und am 20. November wurde aus Paris gemeldet, daß sich die Banque de France und der Finanzminister darauf verständigt hätten, 600 Tonnen der französischen Goldreserven im Verlauf von fünf Jahren zu veräußern. Neben den Italienern fehlte nur noch die Deutsche Bundesbank als zweitgrößter Goldbesitzer der Welt nach den USA.

Bis sich dann am 20. Dezember eine kleine Sensation ereignete: der Bundesbankvorstand beschloß, im ersten Jahr des laufenden Goldabkommens der europäischen Zentralbanken (also bis Herbst 2005) kein Gold am Markt zu verkaufen und lediglich acht Tonnen an das Bundesfinanzministerium für dessen regelmäßiges Goldmünzenprogramm zu veräußern. Noch im November (vgl. Financial Times vom 20.11.) war fest damit gerechnet worden, daß Frankfurt dieselbe Menge wie Paris verkaufen würde. Schließlich hatte dies der Berliner Finanzminister von der Bundesbank verlangt.

Als das überraschende Nein aus Frankfurt kam, spekulierte die Presse sofort, im Bundesbankvorstand habe es Streit gegeben und Axel Weber sei überstimmt worden. Dafür spricht unserer Meinung nach nichts. Die Zeitungen hätten nur ein Interview lesen und ernst nehmen müssen, das der neue Bundesbankpräsident Weber am 19. November der Börsen-Zeitung gegeben hatte. Zitat: "Ich hatte bei Amtsantritt schon gesagt, daß ich die Bedeutung von Währungsreserven und der Verkaufsoption etwas anders einschätze als mein Vorgänger."

Mit "Verkaufsoption" meinte Weber das Goldabkommen der Notenbanken, in dem der Bundesbank die Möglichkeit, Gold abzugeben, eingeräumt worden war. In dem erwähnten Interview kündigte Weber sogar an, daß die Entscheidung noch 2004 fallen werde.

Im Nachhinein ist klar, daß Weber sein Nein schon am 19. November indirekt angekündigt hatte. Eichel hat sich getäuscht, er hat mit Professor Weber als Nachfolger von Welteke keinen Befehlsempfänger nach Frankfurt geholt. Entsprechend wütend reagierten die bankrotten Politiker in Berlin.

Wie üblich, vermied es die Bundesbank auch diesmal, die Karten ihrer Goldpolitik ganz aufzudecken. Gegenüber der Welt vom 21. Dezember begründete Weber den Beschluß mit drei dürren Sätzen: "Der Vorstand sieht zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Notwendigkeit, die Verkaufsoption auszuüben. Die Goldbestände der Bundesbank sind Teil des Volksvermögens, sie haben für die Bevölkerung einen hohen Symbolwert. Goldverkäufe können im übrigen kein Ersatz für eine nachhaltige Konsolidierungsstrategie der Finanzpolitik sein."

Was wirklich dahintersteckte, ließ sich aus einem Artikel des Frankfurter Insiders Thorsten Polleit (er ist Chefökonom Deutschland von Barclays Capital) herauslesen, der am 30. Dezember, ebenfalls in der Welt, erschien und kurz darauf von der Bundesbank verbreitet wurde. Dazu muß man wissen, daß die Bundesbank regelmäßig sorgfältig ausgewählte Presseartikel veröffentlicht, die bei Kennern oft als Indiz dafür gelten, was sie selbst denkt, aber nicht selbst sagen will. Zitat Polleit:

"Die Auffassung, Gold werde seine Geldfunktion nicht wiedererlangen, entstammt dem Glauben, der Papiergeldstandard, dem heute alle großen Währungen unterliegen, sei ein ‚sicheres’ Regime. Doch es handelt sich um ein großes Experiment, dessen Ergebnis im Ungewissen liegt. Papiergeld ist ein ‚Schönwetter-Regime’. Daß es eine dauerhaft verläßliche Einrichtung ist, kann daher nicht als gesichert gelten. Die Notwendigkeit, künftig einmal zu einer Edelmetall- bzw. Goldbindung des Geldes zurückkehren zu müssen, kann nicht ausgeschlossen werden."

Hintergrund dazu: Als ich vor längerer Zeit anläßlich eines Abendessens in Hamburg mit Polleit über Gold sprach, stellte sich heraus, daß unsere Ansichten sehr kontrovers waren. Polleit war überhaupt nicht pro Gold, er hätte die jetzige Äußerung damals nicht getan. Daß er inzwischen umgedacht hat, muß mit der Denkrichtung der Bundesbank zu tun haben.

Ich erinnere mich auch daran, daß innerhalb der Bundesbank in der Zeit vor der Euro-Einführung die Auffassung vertreten wurde, die Goldreserven könnten später für den Fall benötigt werden, daß der Euro wider Erwarten doch noch scheitert und daß eine Rückkehr zur D-Mark erforderlich wird.

Ob die Bundesbank auch in den nächsten Jahren dem enormen Druck aus Berlin widersteht oder vielleicht doch kleinere Konzessionen macht, ist eine andere Frage. Jedenfalls hat die Frankfurter Notenbank mit ihrem Dezember-Beschluß ein für den Goldmarkt sehr wichtiges Signal gesetzt: Goldverkäufe von offizieller Seite sind nicht mehr zwangsläufig, Gold bleibt eine unersetzliche Währungsreserve.


© Bruno Bandulet
Quelle: Börsenbrief: GOLD&MONEY INTELLIGENCE, Ausgabe 01/2005



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