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Gold und Politik

23.10.2004  |  Jan Kneist
Wohin läuft er Goldpreis? Werden wir im Augenblick Zeugen einer neuen Spekulationsblase oder hat Gold nach über 20 Jahren Bärenmarkt einen neuen Aufschwung begonnen? Die Bären werden angeführt von der "Prechter-Fraktion", die die aktuelle Entwicklung nur als Korrektur im nicht beendeten Bärenmarkt sieht. Auf der anderen Seite die Fundamentalisten und Zykliker, die mit Geldmengen, Schuldenkrise, Kondratieff-Zyklen etc. argumentieren. Lassen Sie mich versuchen, etwas Licht in das Dickicht zu bringen. Die ganze Materie ist extrem komplex und ohne eine Einbeziehung der Politik ist eine rationale und erfolgversprechende Entscheidungsfindung nicht möglich.

Während der letzten 20 Jahre sank der Goldpreis von 850 $ je Feinunze im Januar 1980 bis auf 253 $ im Sommer 1999. Eine Verlust ohne Kaufkraftbereinigung des Dollars von 70,2%.

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Kaufkraftbereinigt stellt sich der Verlust bei drastischen 85% ein. Zweifellos war der Goldpreis 1980 spekulativ überzogen, so wie er 1999 übertrieben niedrig war. Seither stieg Gold auf 420$, also um 66%. Manchen erscheint das viel, doch ist das so? Der Maßstab des Goldes heute ist sein Wert in Papiergeld, d.h. Euro, Dollar, Yen etc. Unter sonst gleichen Bedingungen (ceteris paribus) muß also eine Ausweitung der Geldmenge zu höheren Güterreisen und damit auch einem höheren Goldpreis führen. Doch hier versagte die Logik, denn der zu erwartende Effekt trat nicht ein. Von 1980 bis 2004 stieg die Geldmenge M3 in den USA von 2 Billionen auf über 9 Billionen Dollar.

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Die Logik funktionierte hinsichtlich des Kaufkraftverlustes des Dollars und der ausufernden Staatsverschuldung. Der Wert des Goldes als Hort von Stabilität und Sicherheit wurde von einem nie gekannten Phantom-Aufschwung überlagert, der auf einer gigantischen Schuldenpyramide in den Industrienationen und dabei besonders den USA fußt. Ohne Aufgabe der Goldbindung des Geldes wäre das nicht möglich gewesen. Diese Phantom-Wirtschaft läuft nur durch ständige Schuldenausweitung und es gibt schlußendlich nur einen Akteur, der unbegrenzt Schulden aufnehmen kann und wird - den Staat. Die Wirtschaft ist der ständig mehr brauchende Junkie und der Staat der Dealer mit unbegrenztem Nachschub. Wird der Nachschub verweigert, stirbt der Junkie.

Wer sich mit Politik auskennt - und hier spannt sich jetzt der Bogen zum angekündigten Zusammenhang, der weiß folgendes:

  • Die Politiker werden, vor die Wahl zwischen Steuererhöhungen und Neuverschuldung gestellt, mehrheitlich die Neuverschuldung wählen.

  • Politik ist niemals langfristig ausgerichtet und solide, sondern plant maximal bis zur nächsten Wahlperiode.

  • Müssen "harte" Entscheidungen gefällt werden, dann fallen diese tendenziell in den Anfang der Wahlperiode, um sich das kurze Gedächtnis des Bürgers zunutze zu machen.

  • Der Spruch "Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen" ist eine oft verbreitete Halbwahrheit der Politik, denn Schulden wurden immer mit Inflationsgeld bezahlt.


Man mag einwenden, daß die Steuern und Abgaben in den vergangenen Jahren ja gestiegen sind. Richtig. Nur wären sie noch viel höher ohne Neuverschuldung. Eine offene Inflationspolitik der Regierungen würde das Vertrauen der Bürger in das Papiergeld zum Einsturz bringen und damit den gesamten Wirtschaftsablauf gefährden. So lange wie möglich muß also wenigstens der Schein aufrechterhalten werden, daß sich die Politik um eine "Sanierung" der Staatsfinanzen bemüht. Dennoch hat die Politik zur Neuverschuldung keine Alternative, da sie damit erstens die Haushaltslöcher stopft und außerdem die ausfallende private Nachfrage kompensieren muß. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß Steuern und Abgaben immer weiter angezogen werden, denn sonst findet eine "Abstimmung mit den Füßen" statt. Damit sind nicht die Montagsdemonstrationen gemeint, sondern schlicht und einfach die verstärkte Auswanderung der leistungsfähigsten Bürger aus einem Staat, der ihnen noch das letzte Hemd nehmen will.

Kein Staat auf der Welt bedient sich einer so rücksichtslosen Inflationspolitik wie die Vereinigten Staaten von Amerika. Seit dem Amtsantritt von Bush junior explodierten Handels- und Budgetdefizit. Ganz zu schweigen von den durch ihn und seine Hintermänner verursachten Kriegsabenteuern mit unkalkulierbarem Ausgang. Hier sehen wir schon heute die Bestätigung der These, daß die Schulden heute eben nur zum geringen Teil die Steuern von morgen sind. Da sich die USA massiv im Ausland verschulden, können sie nur die Absicht haben, diese Schulden mit wertlosem Geld zurückzuzahlen. Somit ist jetzt schon absehbar, daß die "Währungsreserven" der EZB, Bank of Japan und Bank of China, die in Dollar bestehen, wertlos sind.

Was hat das mit dem Goldpreis zu tun, werden Sie vielleicht einwenden. Sehr viel. Wir stellen fest, daß die Geldmengen in den vergangenen Jahren explodiert sind, was die Lebenshaltung ständig verteuert. Ohne die hedonischen Tricks der statistischen Ämter lägen die tatsächlichen Inflationsraten bei mindestens 3-4%. Keine Spur von Deflation. Viele begreifen nicht den Unterschied zwischen echter Deflation und Inflation mit Reallohnsenkung. Die Inflation wird vielmehr zu verschleiern versucht, um die Lohnforderungen der Arbeitnehmer niedrig zu halten und die Kapitalströme nicht massiv in harte Aktiva fließen zu lassen. Aber genau die Inflation ist das Thema, denn Geldmengenausweitung ist eine grundsätzliche Ursache derselben und wird immer durchschlagen, so wie sie es bei Aktien (bis 2000) und Immobilien (bis dato ) schon getan hat. Weitere Ursachen für Inflation können verstärkte Nachfrage nach Gütern (z.B. jetzt beim Öl sichtbar) oder vermindertes Angebot an Gütern sein.


Schlußfolgerung:

Die Diskrepanzen zwischen Ausgaben und Einnahmen in den großen westlichen Ländern sind so groß geworden, daß an eine Sanierung der Staatsfinanzen nicht mehr zu denken ist. Der sich selbst antreibende Prozeß führt zu immer höheren Schulden. Eskalierende wirtschaftliche Probleme werden zu immer mehr kostspieligen Staatsinterventionen führen.

Auch in der Realwirtschaft haben sich gewaltige Ungleichgewichte aufgebaut, die nur mittels Inflationierung durch den Staat „gelöst“ werden können. Jede benötigte Menge Geld ist per Knopfdruck herstellbar. Krisenhafte Erscheinungen in der Wirtschaft (z.B. Karstadt) werden zunehmen und den Staat zu Eingriffen zwingen, was wiederum Schulden und Inflation erhöht.

Die von Dimitri Speck (www.seasonalcharts.com) und GATA nachgewiesene Goldpreismanipulation der Notenbanken kann nicht dauerhaft erfolgreich fortgesetzt werden. Steigende Nachfrage nach Rohstoffen aus den fernöstlichen Volkswirtschaften wirkt allgemein preistreibend. Die Kriegspolitik der US-Administration fördert Terrorismus und Unsicherheit, was wiederum Edelmetalle und Öl antreibt.

Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ist mithin von steigenden Edelmetall- und Rohstoffpreisen in einem langjährigen Bullenmarkt auszugehen.


© Jan Kneist




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