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Glosse: Metall-Exoten und ihre Heilsbringer

16.07.2007  |  Hans Jörg Müllenmeister
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Der begeisterte Investor bekommt selbstverständlich für all seine Kaufregungen einen Depotschein über sein Eigentum. Endlich ein verbriefter Sachwerte als absoluter Schutz gegen die anbrandende inflationäre Bedrohung.

Soweit, so gut! Die Zertifikate dieser edlen Zauberwerkstätten sind aber Schuldverschreibungen. Der Anleger sollte die Bonität des Emittenten bedenken und auch wissen, dass diese Metallprodukte nicht tägliche gehandelt werden. Der physische Erwerb dieser Metalle ist mit Risiken und Kosten verbunden. Das ist der punctum saliens. Wenn der Hightechler als Käufer lediglich eine wie immer geartete Quittung für seine fabelhafte Geldtransformation bekommt, reicht das nicht. Erwirbt er die Exoten aber sicherheitshalber selbst und steckt sie in seinen Keller, steht er vor der Frage "wer kauft mir später die Einkellerkartoffeln wieder ab". Notgedrungen kann er sein Eingemachtes nur wieder an seinen Emittenten veräußern, der dann seinen Magerpreis diktiert.

Ich erinnere Sie daran, dass viele Gutgläubigen ihre im Ausland erworbenen Klunker abgesichert glaubten, eben durch das mitgelieferte Kaufzertifikat. Das ist aber genau so viel wert wie das Papier, auf dem es ausgestellt wurde. Eine Depotquittung besteht auch aus einem Fetzten Papier, und das ist geduldig, gutgläubig dagegen ist der stolze Papierbesitzer. Bedenken Sie: Das Wareneingangslager dieser Anbieter ist gewiss kein Fort Knocks, zumindest fehlen da 300 Panzer. Doch Gemach, Gemach, sicherlich wird es in absehbarer Zeit einen Indexfond für Metallexoten geben, der handelbar ist. Ich könnte mir vorstellen, dass die Strategen bei der London Metal Exchange dabei sind, das goldene Jahrhundert-Ei aus Metallexoten auszubrüten.

Egal aus welcher Ecke "Quittungspapiere" stammen, in Zertifikat-, Derivat- oder Geldform, der vorsichtige Private meidet diese Luftnummern und geht direkt in die Hardware. Selbst da ist der Laie hilflos dem ausgeliefert, was er als Verkaufsstory aufgetischt bekommt. Erinnern Sie sich: Als Ende der 70er Jahre der Goldpreis Himalajaluft schnupperte, schwatzten eloquente Telefonseelsorger betuchten, aber naiven Bürgern ihr Geld ab. Sie sollten es in die härteste Währung der Welt umtauschen: in sogenannte Anlagediamanten. Diese Hardware war in wenigen Jahren von 3.000 DM auf über 60.000 DM pro Karat hochgehievt. Gläubige Naivlinge erhielten das überteuerte "Hartgeld" in einer versiegelten Plastikbox und dazu ein oft windiges Zertifikat von dubioser Stelle. Selbst heute kommen noch Erben dieser Käufergeneration zu mir. Wenn ich ihnen dann als Diamantgutachter reinen Wein einschenke, wundern sie sich darüber, dass das einstige teure "Hartgeld" zu Kleingeld mutierte. Übrigens im Gleichschritt zur guten alten Dampf-DM. Die Mark von einst ist heute auch nur noch 16 Euro-Cent wert. Jedes Währungsuniversum schrumpft beim Urknall (Währungsreform) auf seinen inneren Wert, nämlich auf Null.

Und wie steht’s mit den feilgebotenen Ersatzwährungen? Kaum einer von uns kann Hightech-Metalle auseinander halten, geschweige denn mit der gebotenen Handelsform (Pellets, Granulat, Sand) etwas anfangen. Die meisten dieser Exoten sind farbgleich silbrig-glänzend, etwa Barium, Beryllium, Erbium, Gallium, Hafnium, Indium, Lantan, Molybdän, Niob, Rhenium, Tellur, Titan, Uran und Yttrium. So bleiben wir weiterhin Gläubiger des Fiat money.

Goethe bemerkte schon in seinem Faust: Der Glaube ist des Wunders liebstes Kind. Und ich ergänze den Cicero-Ausruf: Ceterum Censeo ... kaufen Sie Gold statt Hightech-Silberlinge!


© Hans-Jörg Müllenmeister



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