Interview mit David Morgan: Erkennen Sie die Realität, handeln Sie entsprechend und kaufen Sie Realwerte
09.05.2021 | Claudio Grass
- Seite 3 -
Doch all die Manipulationen der Vergangenheit haben irgendwann ein Ende genommen, also erwarte ich auch, dass sie diesmal ein Ende nehmen wird. Die Fed weiß das auf gewisse Weise wahrscheinlich. Wenn ich im Vorstand der Fed säße, würde ich ihnen raten, nicht zu versuchen, den Zinssatz festzulegen. Einige Zeit lang, vielleicht drei oder sechs Monate, könnte man Erfolg haben. Doch sobald der Zinssatz über das von ihnen festgelegte Niveau steigt, weil die Marktkräfte so stark sind, dass die Leute kein Papier mehr halten möchten, das immer weniger wert ist und sich in Richtung Wertlosigkeit bewegt, werden sie es um jeden Preis verkaufen, um Bargeld in die Hände zu bekommen. Und das wird die Zinssätze nach oben zwingen.
Das größte Problem sind die Schulden. Wir, die wir die Märkte studieren und die Inflation verstehen, wissen das genau. Im Beamtentum schauen alle weg. Aber tief in ihren Herzen wissen alle, dass es ein System ist, das zum Scheitern verurteilt ist. Im Wall Street Journal, Barron's, Financial News Network oder irgendeiner dieser Fernsehsendungen gibt es nicht wirklich viele Kommentatoren, die so dumm sind, nicht die Wahrheit zu kennen.
Sie wollen es nur um jeden Preis vermeiden; denn wenn jemand in den Mainstream-Medien etwas so wiedergeben würde, wie ich es beispielsweise auf einem YouTube-Kanal sage, und das wiederum in das Bewusstsein der Leute gelangt, die an das System glauben, könnte über Nacht alles vorbei sein. Wie Henry Ford sagte: Wenn die Leute verstehen würden, wie das Bankensystem funktioniert, würde über Nacht eine Revolution ausbrechen.
Claudio Grass: Die Aktienmarktrally des letzten Jahrzehnts, aber vor allem des letzten Jahres, erscheint vielen von uns, die grundlegende wirtschaftliche Prinzipien und die geldpolitische Geschichte verstehen, zunehmend absurd. Ist eine heftige Korrektur Ihrer Ansicht nach unvermeidbar oder kann sich diese staatlich geförderte Alles-Rally fortsetzen?
David Morgan: Ich habe meine Meinung dazu geändert. Sie könnte sich fortsetzen. Und das sage ich, weil wir einen Aktienmarkt wie in Venezuela oder Argentinien erleben werden, wenn wir in einen hoch-inflationären Modus übergehen, in dem die Fed versucht, die Schulden zu tilgen - wie ich bereits mehrfach in diesem Interview erwähnt habe. Das bedeutet, dass der Aktienmarkt steigt und steigt und steigt, aber seinen Wert nicht proportional zur echten Inflation beibehält.
Mit anderen Worten: Während der Hyperinflation in der Weimarer Republik 1923 bewegte sich der Aktienmarkt direkt nach oben, zeitgleich mit der Geldmengenerhöhung. Das trug dazu bei, dass man weniger Geld verlor, als hätte man weiterhin in Bargeld investiert, das praktisch auf Null sank. Doch es hielt Ihre Kaufkraft nicht intakt; nur Gold und Silber taten dies. Ich schließe das als Szenario nicht aus, glaube jedoch nicht, dass wir diesem Pfad folgen werden.
Ich denke, dass es wahrscheinlich zu einem großen Börsencrash kommen wird, der Anleihemarkt sich anpasst und die Fed sich ihren Weg nicht aus dem Anleihemarkt drucken werden muss. Wenn der Aktienmarkt einstürzt und die Anleihen neu bewertet werden, werden viele Anleihehalter eine Investition besitzen, die 60% des Werts von vor einem Monat wert sein wird.
Und wenn das schnell genug passiert, gibt es keine Möglichkeit, in eine Verkaufspanik zu geraten. Es könnte innerhalb weniger Tage passieren. Ich prognostiziere das hier nicht, sondern deute nur an, dass es passieren könnte. Ich weiß nicht, wie sich das alles entwickeln wird. Ich will damit sagen, dass der Anleihemarkt nicht in einen inflationären oder hyperinflationären Modus übergehen muss. Es könnte einfach zu einem großen Selloff kommen, bei dem die Zinsen in die Höhe getrieben werden, man jedoch nicht wirklich die Möglichkeit zum Verkauf hat.
Mit anderen Worten: Sie rufen Ihren Broker an und sagen: "Hey, ich habe 15 Milliarden Dollar in 10-Jahresstaatsanleihen. Ich möchte verkaufen", und können diese im Moment einfach nicht verkaufen. Viele verschiedene Szenarien sind hier im Spiel, doch der Markt ist schlau genug, um das kommen zu sehen. Und das ist der Punkt, an dem man einen großen Anstieg der Edelmetallpreise verzeichnen wird, wenn man erwartet, dass dies der Fall sein wird.
Claudio Grass: Als die Edelmetallpreise zu steigen begannen, verzeichneten wir von Erstanlegern in der Schweiz großes Interesse an physischem Gold und Silber. Und viele von ihnen sind relativ jung. Glauben Sie, dass diese Krise als Weckruf für Millenials gedient haben könnte und die jüngere Generation gezwungen hat, nun den Wert ihrer Ersparnisse in echtem Geld zu sehen?
David Morgan: Absolut. Und ich denke, das passt mit der WallStreetBets-Gruppe zusammen und ist ein weltweites Phänomen. Wir haben der jüngeren Generation einen großen Bärendienst erwiesen. Wenn ich für mich und meine Generation sprechen darf, dann haben wir es versäumt, standhaft zu bleiben. Wir waren leicht mit funkelnden Objekte, einem höheren Lebensstandard und "Kauf jetzt, bezahle später" zu überreden... Die Finanzinteressen brachten uns bei, wie wir unsere Leben weich und einfach halten, doch auf Kosten unserer Kinder und Kindeskinder.
Das Beste, was passieren kann, ist meiner festen Überzeugung nach, dass die jüngere Generation das Problem, mit dem sie konfrontiert wird, klar erkennt und das Einzige tut, was die Geschichte uns bisher gelehrt hat. Erkennen Sie also die Realität, handeln Sie entsprechend und kaufen Sie Realwerte. Und das ist bereits der Fall, weshalb ich froh darüber bin, dass viele jüngere Menschen aufwachen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass es in Zukunft nicht schwer wird. Das wird es. Aber wir müssen uns mit soliden Prinzipien und echtem Geld, echtem Wert, voranbewegen. Und ich schließe Kryptowährungen nicht aus; ich bin kein großer Fan von ihnen, doch sie könnten und werden wahrscheinlich eine Rolle spielen.
Claudio Grass: Jüngere Investoren stehen auch hinter dem Anstieg von Kryptowährungen und alternativen Anlagen. Nicht nur Bitcoin, sondern auch alle Arten von digitalen Währungen und neuen Investmentvehikeln werden in den Vordergrund gestellt. Glauben Sie, dass dies ein Anzeichen für den Vertrauensverlust in Fiatwährungen und das aktuelle Finanzsystem im Allgemeinen ist?
David Morgan: Ich denke, es signalisiert ein Misstrauen in das gesamte aktuelle Finanzsystem im Allgemeinen. Ich denke auch, dass wir das Bild noch nicht vollständig erfasst haben. Es gibt eine Untergruppe in der Kryptowelt, die aus mit Edelmetallen gedeckten Kryptowährungen besteht.
Es ist immer noch eine kleine Nische, aber wenn das System mehr und mehr aus den Fugen gerät, denke ich, dass es einen Bewusstseinswandel des Kryptopublikums geben wird, das nach der größten Stabilität sucht, die es im Kryptoraum finden kann, und das sind mit Edelmetallen gedeckte Kryptowährungen. Es ist durchaus möglich, dass wir einen großen Anstieg von Gold und Silber innerhalb des Kryptoraums beobachten werden, während die Korruption im Finanzsystem weiterhin ins Wanken gerät.
© Claudio Grass
www.claudiograss.ch
Dieser Artikel wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Hinweis: Der Brief "Der Morgan Report" kann in deutscher Sprache unter www.morgan-report.de abonniert werden.