"Wir bitten Sie, uns bei der Rückzahlung ... zu helfen, damit wir den chinesischen Einfluß brechen können“
08.06.2021 | Vertrauliche Mitteilungen
Ohne daß man dies in der Europäischen Union (EU) bisher offiziell zur Kenntnis nehmen wollte, hat die Volksrepublik China ihren Einfluß auf etliche EU-Beitrittskandidaten auf dem Westbalkan in den letzten Jahren deutlich ausgebaut.
Peking wählte dafür den Weg über eine großzügige Kreditvergabe für den Bau von Autobahnen, Brücken, Kraftwerken und auch mancher Prestigeprojekte. Während die dabei vereinbarten Zinsen in etwa den jeweiligen Marktwerten entsprachen, erstaunt doch im einen oder anderen Fall, wie leicht sich die Kreditvergabe im Einzelfall gestaltete.
Langwierige Machbarkeitsstudien oder Umweltverträglichkeitsprüfungen - wie sie bei jedem EU-Projekt unabdingbar wären - interessierten Peking dabei kaum. Die Kehrseite der Medaille ist, daß sich manche dieser Kreditnehmer wegen einer ausbleibenden Prüfung ihrer Kreditwürdigkeit mit diesen Darlehen zu übernehmen drohen und damit in eine immer größere Abhängigkeit von China geraten.
Der auf dem Westbalkan kleinste EU-Anwärter Montenegro nahm beispielsweise im Jahr 2014 fast eine Milliarde US-Dollar für den Autobahnbau auf. Im Zuge der Corona-Krise hat das Land nun Schwierigkeiten, diesen Großkredit ordnungsgemäß zu bedienen.
Hilfe aus China darf dabei offenbar nicht erwartet werden, denn Vizepremierminister Dritan Abazovic flehte im März den Auswärtigen Ausschuß des EU-Parlaments an: "Wir bitten Sie, uns bei der Rückzahlung der Gelder zu helfen, damit wir den chinesischen Einfluß brechen können.“ Dieser Einfluß ist laut einer Studie der italienischen UniCredit offenbar bereits größer als bisher angenommen.
Zwar ist China in keinem Westbalkanstaat größter Auslandsgläubiger, doch das Kreditvolumen steigt. Neben dem von Peking ohnehin nicht anerkannten Kosovo hat ausgerechnet Albanien - das zu sozialistischen Zeiten eng mit China kooperierte - von dort noch kein Geld erhalten. In Bosnien und Herzegowina machen chinesische Kredite dagegen bereits rund 3,4%, in Serbien 7%, in Nordmazedonien 7,5% und in Montenegro sogar 20,7% der jeweiligen jährlichen Wirtschaftsleistung aus.
Für Montenegro bedeutet dies, daß in den nächsten beiden Jahren voraussichtlich jeweils 40 % des Staatshaushaltes für die Abzahlung chinesischer Kredite aufgewendet werden müssen. In den anderen Ländern ist diese Quote zwar nicht so hoch, doch auch hier wächst der Anteil.
Die UniCredit-Experten empfehlen der Europäischen Union, dieser Entwicklung mit einer vermehrten Finanzierung von Infrastrukturprojekten auf dem Westbalkan zu begegnen. Und den betroffenen Ländern raten sie, ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren, „bevor die Last der Schuldenrückzahlung an China zu groß wird“.
© Vertrauliche Mitteilungen
Auszug aus den "Vertrauliche Mitteilungen", Nr. 4445
Peking wählte dafür den Weg über eine großzügige Kreditvergabe für den Bau von Autobahnen, Brücken, Kraftwerken und auch mancher Prestigeprojekte. Während die dabei vereinbarten Zinsen in etwa den jeweiligen Marktwerten entsprachen, erstaunt doch im einen oder anderen Fall, wie leicht sich die Kreditvergabe im Einzelfall gestaltete.
Langwierige Machbarkeitsstudien oder Umweltverträglichkeitsprüfungen - wie sie bei jedem EU-Projekt unabdingbar wären - interessierten Peking dabei kaum. Die Kehrseite der Medaille ist, daß sich manche dieser Kreditnehmer wegen einer ausbleibenden Prüfung ihrer Kreditwürdigkeit mit diesen Darlehen zu übernehmen drohen und damit in eine immer größere Abhängigkeit von China geraten.
Der auf dem Westbalkan kleinste EU-Anwärter Montenegro nahm beispielsweise im Jahr 2014 fast eine Milliarde US-Dollar für den Autobahnbau auf. Im Zuge der Corona-Krise hat das Land nun Schwierigkeiten, diesen Großkredit ordnungsgemäß zu bedienen.
Hilfe aus China darf dabei offenbar nicht erwartet werden, denn Vizepremierminister Dritan Abazovic flehte im März den Auswärtigen Ausschuß des EU-Parlaments an: "Wir bitten Sie, uns bei der Rückzahlung der Gelder zu helfen, damit wir den chinesischen Einfluß brechen können.“ Dieser Einfluß ist laut einer Studie der italienischen UniCredit offenbar bereits größer als bisher angenommen.
Zwar ist China in keinem Westbalkanstaat größter Auslandsgläubiger, doch das Kreditvolumen steigt. Neben dem von Peking ohnehin nicht anerkannten Kosovo hat ausgerechnet Albanien - das zu sozialistischen Zeiten eng mit China kooperierte - von dort noch kein Geld erhalten. In Bosnien und Herzegowina machen chinesische Kredite dagegen bereits rund 3,4%, in Serbien 7%, in Nordmazedonien 7,5% und in Montenegro sogar 20,7% der jeweiligen jährlichen Wirtschaftsleistung aus.
Für Montenegro bedeutet dies, daß in den nächsten beiden Jahren voraussichtlich jeweils 40 % des Staatshaushaltes für die Abzahlung chinesischer Kredite aufgewendet werden müssen. In den anderen Ländern ist diese Quote zwar nicht so hoch, doch auch hier wächst der Anteil.
Die UniCredit-Experten empfehlen der Europäischen Union, dieser Entwicklung mit einer vermehrten Finanzierung von Infrastrukturprojekten auf dem Westbalkan zu begegnen. Und den betroffenen Ländern raten sie, ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren, „bevor die Last der Schuldenrückzahlung an China zu groß wird“.
© Vertrauliche Mitteilungen
Auszug aus den "Vertrauliche Mitteilungen", Nr. 4445