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Freiheit verliert man in kleinen Dosen

19.11.2002  |  Ferdinand Lips
- Seite 2 -
SNB hat schon 40% durch Goldverkäufe verloren

Es ist tragisch. Denn wir erleben hier den Niedergang einer Nation, die einstmals als «Festung Schweiz» betrachtet wurde. Solche Entwicklungen kommen jedoch nicht über Nacht, sondern passieren Schritt um Schritt. «Die Freiheit verliert man heute in kleinen Dosen», schrieb mir neulich ein amerikanischer Freund, der die Entwicklung beobachtet.

In den letzten zwei Jahren hat die SNB fast unbemerkt 603 Tonnen Gold verkauft. Den Erlös der Verkäufe steckt die SNB in Dollars, Euros, Yen oder was immer ihr gerade recht erscheint, z. B. langfristige Anleihen. Die Nationalbank hat dabei, konservativ geschätzt, etwa 500 Mio. Dollar verloren, weil der Goldpreis in dieser Zeit etwa 20% gestiegen ist. Sie hat zusätzlich schwer Volksvermögen verloren, weil diese Dollars in ihrer Truhe dieses Jahr von rund Fr. 1.80 auf jetzt etwa Fr. 1.45 abgesackt sind. Der knapp 20%ige Wertverlust ist die Quittung, weil die Welt merkt, dass das amerikanische Wirtschaftswunder der 90er Jahre gar nicht stattgefunden hat.

Mit der Politik des festen Dollars während der Ära Clinton/Rubin (Robert E. Rubin war damals Finanzminister der USA) mit einer Rekord-Geld-und-Kreditschöpfung und mit Bilanzschönung und Bilanztäuschertricks fabrizierte man die grösste Börsenmanie der Weltgeschichte. Auf diese Weise saugte die US-Finanzwirtschaft Jahr für Jahr den Grossteil der Ersparnisse der übrigen Welt nach den US-Finanzmärkten ab, wo sie nötig waren, um die Defizite zu decken.

Jetzt wo die Wahrheit ans Licht kommt, fliehen viele aus dem Dollar und gehen ins Gold. Trotzdem verkauft die SNB weiter Gold. Wer kann das verstehen? Ist sie etwa fremdbestimmt? Auf wen hören unsere Regierung und die Finanzspitzen? Sind sie bloss gutgläubig naiv oder gar Teil des Problems?


SNB am Führungsfaden von New York?

Meiner Meinung nach ist die einstmals starke, stolze und unabhängige SNB eine «Offshore-Filiale» der US-Notenbank (FED) geworden und rapportiert direkt an Sir Alan Greenspan und seine Boys in New York. Der Schweizerfranken, die letzte Bastion einer «relativ» starken Währung, ist zerstört worden, und zum ersten Mal in ihrer Geschichte schwimmt jetzt die ganze Welt auf einem Meer von Papiergeld. Das kann nicht gutgehen. Aber wir können es wieder ändern, sofern wir wollen.

Während die SNB tagtäglich unser Gold verkauft, denken ostasiatische Zentralbanken viel weitsichtiger und kaufen Gold zu den jetzigen nach wie vor tiefen Marktpreisen. Sie tauschen somit ihr Papiergeld gegen Gold zum Preis von Fr. 15000.- pro Kilogramm, um eine Notreserve zu haben, wenn die Märkte krachen. Sind die Ostasiaten schlauer, und warum tun sie das? Die Geschichte hat schon immer gezeigt, dass Länder, die Gold verkaufen, wirtschaftlich und politisch an Bedeutung verlieren. Darum geht es. Hier läuft eindeutig und auf bedenkliche Art und Weise der finanzpolitische Teil des Ausverkaufs des Modells Schweiz.

Nicht viele verstehen die Bedeutung der Golddeckung oder gar des Goldstandards heute, aber wenn jetzt nicht Einhalt geboten wird, wird die Schweiz eines Tages in der Krise aufwachen, nackt dastehen, ausgeliefert sein und ihren Riesenfehler einsehen. Die enorme Konsequenz dieses sinnlosen Ausverkaufs wird sein, dass unser Land dabei seine Unabhängigkeit und finanzielle Stärke verliert. Unze um Unze werden unsere Freiheit und die Sicherheit verkauft. Es wäre besser, jetzt darüber nachzudenken. Jetzt haben wir nämlich noch Spielraum.


Zwei Prognosen

Erstens: Die Schweizer Goldverkäufe werden sicher den New Yorker Banken helfen, noch etwas länger zu überleben. Es wird ihnen helfen, den Goldmarkt weiter zu manipulieren. Aber die Zeit des Goldes wird kommen. Und wenn die SNB die Verkäufe nicht stoppt, wird die Schweiz eines Tages ihr Gold zurückkaufen müssen, jedoch zu viel höheren Preisen, aber womit?

Zweitens: Der Bankenplatz Schweiz wird immer mehr seinen Status als sicheren Hafen in Krisenzeiten verlieren. Damit geht für die Schweizer Wirtschaft enorm viel verloren. Eines aber ist ganz sicher: Die Schweiz wird ihre Unabhängigkeit und ihre finanzielle Stärke und Prosperität für immer verlieren. Dies ist in der Tat ein sehr trauriger Ausblick.


Warum man dagegen sein kann?

Noch ein Wort zu denjenigen, die diesen Vorschlag ablehnen werden. Die Kantone schielen auf das viele Geld der SNB. Von deren Gewinn stehen ihnen nach der Verfassung zwei Drittel zu. Das Schielen ist verständlich, denn die Kantone sind in Geldnot. Sie liessen sich - wie der Bund und viele andere Staaten - zum Schuldenmachen, zur Defizitwirtschaft verleiten. Sie gaben Geld aus, das sie nicht hatten, Geld, das künftige Generationen erst in Form von Steuern bezahlen sollen.

(Ich schäme mich, der Jugend dieses Erbe zu hinterlassen). Jetzt drücken Schuldenberge und Zinslast. Früher konnten Politiker mit dem Verteilen von geborgtem Geld punkten und ihre Klientel zufriedenstellen. Aber jetzt, wo der Tag der Wahrheit näherkommt, haben sie natürlich viel Musikgehör, wenn ihnen jemand Geld verspricht, das wie Manna vom Himmel der SNB kommen soll.

Dieses Denken ist ebenso kurzfristig wie die frühere Schuldenwirtschaft. Selbst wenn man das Gold zum Abbau der Schulden von Bund und Kantonen einsetzen würde, wäre die Währung nachher trotzdem ein Spielball, und von den 200 Milliarden Franken Schulden (Bund und Kantone!) könnte auch nur ein geringer Teil zurückgezahlt werden.

Heute hilft nur eines. Man muss den Fakten in die Augen sehen und solide und langfristig wirtschaften. Staat und Private, die auf zu grossem Fuss leben, müssen sich einschränken, auch wenn diejenigen murren werden, die von guten Staatsgehältern leben, aber nichts zur Res publica beitragen, sondern sie zersetzen, wie zum Beispiel viele der sogenannten Kulturschaffenden.


Golddeckung wieder einführen, IWF auflösen, ehrliche Lösungen

Wir müssen zurück zu ehrlichem Geld und sauberen Lösungen. Vorerst soll Druck gemacht werden auf die Nationalbank, die Goldverkäufe zumindest für eine Denkpause zu stoppen. Diese Denkpause muss genutzt werden, die Golddeckung und den Austritt aus dem IWF im Lichte der heutigen Weltlage und der Erfahrungen der Geschichte zu prüfen. In den USA gibt es immer wieder Vorstösse von namhaften Finanz- und Bankexperten, den IWF aufzulösen, ich bin damit nicht alleine.

Bei uns ist die Volksinitiative das ehrlichste Mittel, die Diskussion in der Breite zu führen. Auch wenn es eine Weile dauert, so ist es für viele eine Chance, zur Besinnung zu kommen. Unabhängig fährt die Schweiz besser denn als Teil des internationalen Papiergeld-Manipulations-Kartells. Als ehemaligem Bankier ist es mir und vielen meiner Kollegen, die im Laufe ihrer Karriere nicht zynisch geworden sind und die gleich denken wie ich, nicht egal - keinem von uns -, dass so viele ehrliche Menschen, die nichts ahnen, durch mangelnde Voraussicht der Regierenden schon bald um ihre Ersparnisse und Renten gebracht werden. Hoffen wir, dass es genug weitsichtig denkende Menschen gibt, die mit mir der Meinung sind, dass die Nationalbank ein grausames Spiel betreibt, das besser gestoppt wird, bevor es zu spät ist. Gold ist Geld, und alles andere ist Kredit.


© Ferdinand Lips
Quelle: www.Zeit-Fragen.ch, Stand: 02/2002



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