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Adrian Day: Warum Gold?

28.06.2021
Zu einer Zeit, in der viele Investoren Gold als "ein Relikt" bezeichnen und vor allem viele Jüngere stattdessen Bitcoin erwerben, lohnt es sich, zurück zu den Grundlagen zu blicken und die Rolle des Goldes als Geld in den letzten 1.000 Jahren zu betrachten. Ich möchte Bitcoin hier keineswegs angreifen. Vielmehr möchte ich Gold verteidigen. Gold besitzt einen Vorteil, den Bitcoin nicht hat und grundsätzlich nicht haben kann: sein Alter. Gold hat Jahrtausende überlebt und seine Arbeit geleistet. Wir müssen wohl noch ein wenig länger warten, bis man sagen kann, dass Bitcoin so gut wie Gold ist.

Fast zweieinhalb Millennia zuvor schrieb Aristoteles seine bekannt Abhandlung über Geld. Geld dient als Tauschmittel, Wertanlage und Recheneinheit. In seiner Abhandlung listete Aristoteles die Charakteristika idealen Geldes. Geld sollte teilbar sein, weshalb wir Kunstgegenstände nicht als Geld verwenden. Es sollte austauschbar sein. Es sollte fungibel sein, weshalb wir Immobilien nicht als Geld verwenden. Es sollte selten sein, weshalb wir kein Eisenerz als Geld verwenden, etc. Aristoteles schlussfolgerte, dass nur Gold all diese Attribute besitzt und somit die ideale Form des Geldes sei.

Lange vor dem formellen Goldstandard, als Könige, Kaiser und Republiken Goldmünzen ausgaben, deckte Gold das Geldsystem. Gold hat seine Kaufkraft über die Geschichte hinweg beibehalten. Roy Jastram betrachtete in seinem Buch, "The Golden Constant", den Goldpreis, die Lebenshaltungskosten und die Kaufkraft des Goldes bis Mitte des 16. Jahrhunderts und bis zur Magna Carta im Jahr 1215. Ende des Ersten Weltkrieges, als Großbritannien, Amerika und andere Länder den reinen Goldstandard aufgaben, Roosevelts Goldkonfiszierung und dann letztlich das Schließen des Goldfensters im Jahr 1971 sowie die Trennung der letzten formellen Verbindung zwischen Gold und dem Geldsystem folgte - der Kaufwert des Goldes befand sich innerhalb von 1% des Werts, den es 1560 besaß.

Während dieser langen Zeitspanne wäre der maximale Verlust, den Sie verzeichnet hätten, wenn Sie zur Spitze 1620 gekauft und am Tiefpunkt 1800 verkauft hätten, weniger als 50% gewesen. Das ist natürlich eine Menge, doch deutlich besser im Vergleich zu den mehrjährigen Bilanzen jeder Fiatwährung (über einen deutlich kürzeren Zeitraum hinweg). Hätte man weiterhin gehalten, befände man sich 1900 zurück beim Nennwert. Gold hat seine Kaufkraft in Zeiten hoher Inflation und starker Deflation beibehalten, als Aktienmarkt oder Währung kollabierten. Selbst in Zeiten des Kriegschaos behielt Gold seinen Wert bei. In diesen Zeiträumen werden die Leute nach alternativen Orten für ihr Bargeld Ausschau halten.

Gold wird als eine Inflationsabsicherung angesehen, weil es sich während unserer letzter Erfahrung mit hoher Inflation innerhalb der USA, den 1970er Jahren, gut entwickelte. Das ist natürlich etwas künstlich, weil Gold dieses Jahrzehnt bei einem künstlichen Preis begann, der von der Regierung unterdrückt wurde, die privaten Besitz für illegal erklärt hatte. Zweifelsohne hält Gold seine Kaufkraft besser als Fiatwährungen während der Inflation, doch die Wahrheit ist, dass viele andere Assets dasselbe tun, wie beispielsweise Land, Kunst und Aktienmarkt.

In Zeiten der Deflation kommt Gold richtig zur Geltung. Selbst wenn der nominale Goldpreis während der Deflation nicht so stark steigt wie während der Inflation, so demonstriert Roy Jastram klar, dass sich Gold in Sachen Kaufkraft während einer Deflation besser entwickelt; und es gibt wenige andere Assets, die sich während der Deflation halten können. Auf relativer Basis ist Gold eine deutlich bessere Absicherung gegen Deflation als gegen Inflation. Außerdem glänzt Gold in Zeiten der Instabilität und des Chaos, ob es sich nun um einen rückläufigen Aktienmarkt, zivile Unruhen oder Krieg handelt.

Die Leute denken, dass Gold volatil ist, obwohl es über relativ kurze und deutlich längere Zeitspannen tatsächlich eines der am wenigsten volatilen Assets war. Eine Sache, die wir über Bitcoin wissen, ist sicher: Es wird weiterhin volatil bleiben. Bitcoin besitzt keine zentrale Autorität; er wurde so designt. Es gibt eine vorbestimmte Menge neuer Münzen jedes Jahr, bis die Obergrenze erreicht wird. Das Bitcoin-Angebot verändert sich also nicht mit Veränderungen der Nachfrage; der Preis absorbiert diese Veränderungen, auf- oder abwärts - nicht das Angebot. Die Designer von Bitcoin erkannten an, dass sie nicht wussten, wie man dies ohne eine zentrale Autorität ändern könne. Also wird Bitcoin volatil bleiben.

Volatilität ist eine positive Sache, wenn Sie Spekulant sind, doch nicht, wenn Sie nach einer Wertanlage oder einem Zahlsystem (solange die Ware in Dollar bepreist ist) Ausschau halten. Sie möchten Ihre Miete mit Bitcoin bei 64.000 Dollar bezahlen, doch was, wenn der Preis zwei Wochen später bei 30.000 Dollar liegt, wenn Ihre Miete fällig ist?

Wo das Angebot oder die Nachfrage von Gold zunehmen oder fallen, ist es nicht der Preis, der die Veränderungen absorbiert; vielmehr verändert sich die andere Seite der Gleichung. Die größte, unerwartete Zunahme des Goldangebots innerhalb der letzten vier Jahrhunderte fand mit dem kalifornischen Goldrausch statt, der das Angebot im Jahr um etwas mehr als 6% erhöhte. Wie erwartet, stieg die Inflation - zu viel Geld für zu wenige Waren - doch die Zunahme belief sich für den Rest des Jahrzehnts auf etwa 1,5% im Jahr. Das ist erstaunlich gering und deutlich weniger, als man unter dem Fiatsystem beobachten konnte, als sich die Geldmenge erhöhte.

Ein letztes Attribut des idealen Geldes laut Aristoteles: Es muss eine Sache von Wert sein. Gold wird universell anerkannt und wertgeschätzt. Man kann nach Zürich, Dubai oder Papua Neu-Guinea reisen. Jeder wird Gold sofort anerkennen und es haben wollen. Sie können Ihrer Ehefrau etwas Gold kaufen, um ihren Hals zu schmücken. Hier scheitern Bitcoin und andere Kryptowährungen spektakulär. Die Blockchain ist eine wertvolle Erfindung... Satoshi Nakamoto hat einen brillanten Geist... doch letztlich gibt es hier keinen intrinsischen Wert.

Ehemaliger Analyst bei BCA Research und Brandywine, Chen Zhao, schreibt: "Krypto wurde aus dem Nichts erschaffen und wird wie aus dem Nichts wieder verschwinden." Soweit muss man zwar nicht gehen, doch man kann sicherlich davon ausgehen, das man Gold nicht mit den gleichen Worten beschreiben kann.


© Adrian Day



Dieser Artikel wurde am 24. Juni 2021 auf www.internationalman.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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