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Gold: Marktfaktoren Hedging und Dehedging

04.09.2007  |  Thorsten Proettel
Preisabsicherung durch Forwards

Goldminengesellschaften sind meist typische Ein-Produkt-Unternehmen, die deshalb besonders den Preisschwankungen an den Edelmetallmärkten ausgesetzt sind. Während steigende Goldpreise unter sonst gleichen Bedingungen die Margen und damit die Gewinne erhöhen, bedeuten sinkende Preise unter Umständen sogar ein Abgleiten in die Verlustzone. Durch Hedging können diese Schwankungen jedoch ausgeglichen werden. Der Produzent kauft dabei beispielsweise das Recht, seine zukünftige Förderung zu einem vorab festgelegten Preis verkaufen zu können. Den größten Anteil an diesen Geschäften nehmen Forwards ein. Diese Termingeschäfte sind unbedingt, d.h. für beide Seiten verpflichtend. Im Gegensatz zu Futures werden Forwards allerdings nicht börsengehandelt, was den Einsatz als Absicherungsgeschäft im Gegensatz zur reinen Spekulation unterstreicht.

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Direkter Einfluss auf die Kassamärkte

Eine andere Variante stellt der Kauf von Put- oder Call-Optionen dar. Möchte sich ein Goldproduzent beispielsweise gegen sinkende Preise absichern, kann er bei seiner Bank Puts kaufen, die ihm die Veräußerung seiner zukünftigen Förderung zu einem festgelegten Preis auch dann ermöglicht, wenn der Kassakurs zu diesem Zeitpunkt darunter liegt. Das Kreditinstitut, das die Puts geschrieben hat, wird das eingegangene Risiko im Regelfall sofort durch ein Gegengeschäft glattstellen. Es leiht hierfür bei einer Zentralbank eine entsprechende Menge Gold und stößt das Edelmetall sofort auf dem Kassamarkt ab. Durch diesen Mechanismus entfalten die auf die Zukunft ausgerichteten Hedging-Aktivitäten einen unmittelbaren Einfluss auf die Preisfindung am Markt.


Goldproduzenten laufen Trends hinterher

Die lange Gold-Baisse bewegte insbesondere Ende der 1990er Jahre viele Minengesellschaften zur Absicherung ihrer Erlöse durch Hedging. Als dann zu Beginn des neuen Jahrtausends die Trendwende kam und die Preise kletterten, hatten diejenigen Produzenten das Nachsehen, die auf weiter fallende Preise gesetzt hatten. Sie mussten ihre Förderung zu den vorab festgelegten Preisen veräußern, die unter den aktuellen lagen. Um dennoch von einem weiter steigendem Goldpreis profitieren zu können, startete der größte Teil der Unternehmen massive Dehedging-Maßnahmen. Die Funktionsweise verläuft unter umgekehrten Vorzeichen wie oben beschrieben, und die Folge ist eine erhöhte Goldnachfrage auf den Kassamärkten.

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Dehedging verstärkt Marktbewegung

Zwar gab es auch in den vergangenen Jahren weiterhin Minengesellschaften, die ihre Verkäufe gehedgt haben. Per Saldo überwiegte jedoch das Dehedging und wurde somit zu einer festen Größe auf der Nachfrageseite. Käufe von insgesamt 1.900 t entfielen zwischen 2001 und 2006 auf Dehedging. Dies entspricht einem durchschnittlichen Anteil an der Gesamtnachfrage von knapp 8%! Ein großer Teil des Preisanstiegs in den letzten Jahren dürfte deshalb auf die Aktivitäten der Minengesellschaften mit Derivaten zurückzuführen sein, die in dem haussierenden Markt durch ihre Rückkäufe zusätzliche Nachfrage generierten.


2007 möglicherweise neues Rekordjahr ...

Mit mehr als 400 t waren die Dehedging-Rückkäufe 2006 bereits überdurchschnittlich. Den größten Anteil hieran hatte das kanadische Unternehmen Barrick Gold, das nach der erfolgreichen Übernahme von Placer Dome dessen gesamtes Hedge-Buch auflöste. 2007 könnte die Summe allerdings noch höher ausfallen, da das Dehedging bereits im ersten Halbjahr einen Umfang von 295 t erreichte. Im Gegensatz zum letzten Jahr sind aktuell gleich mehrere große Gesellschaften auf die Käuferseite getreten. Newmont Mining erwarb allein im ersten Quartal mehr als 60 t Gold und löste ebenso wie Lihir Gold das Hedge-Buch vollständig auf. Newcrest Mining gab zudem jüngst bekannt, die Schließung des Hedge-Buches in Erwägung zu ziehen. Die Australier hatten bereits seit 2005 den Anteil ihrer durch Hedging abgesicherten Förderung von 92% auf 40% gesenkt.

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... aber Ende ist absehbar

Die positiven Auswirkungen der Rückkäufe auf die Marktnachfrage und damit den Goldpreis dürften jedoch bald nachlassen. Da das Dehedging das Hedging in der Vergangenheit stets überstieg, ist die Summe der ausstehenden Netto-Hedges im zweiten Quartal dieses Jahres auf knapp 1.070 t gefallen. Würde sich der Trend fortsetzen, dann gäbe es ab Ende 2009 keinen Nettoeffekt mehr durch Rückkäufe, da bereits alle Geschäfte per Saldo glattgestellt worden wären. Die Rückkäufe dürften sich aber schon vorher abschwächen. Grund hierfür ist, dass die auf der Short-Seite verbliebenen Positionen in festen Händen sind. Zum einen gehören sie Gesellschaften mit rigider Hedging-Politik. Zum anderen wurden sie zur Finanzierung von neuen Projekten eingesetzt, die erst Erlöse bringen müssen. Insgesamt stellt die Situation auf den Derivate-Märkten damit mittelfristig einen positiven aber langfristig einen negativen Faktor für die Goldnachfrage dar. Der Bedarf für Schmuck, Investitionen und aus der Industrie sollte zukünftig jedoch einen Ausgleich möglich machen.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart







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