Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Es ist wie in Harry Potter: Die Wirkungen des Euro, die niemand auszusprechen wagt …

03.12.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 4 -
Mit dem politisch diktierten Lockdown und der Geldpolitik, die seither praktiziert wird, wurde die dritte Phase eingeleitet. Die Staaten verschulden sich stark, und die EZB kauft die neu ausgegebenen Schuldpapiere auf. Sie überweist dabei neues Geld an die Staaten, und diese überweisen das neue Geld auf die Konten der Empfänger (Begünstigten).

Auf diese Weise steigen die für nachfragewirksame Käufe eingesetzten Geldmengen M1 beziehungsweise M3. Das erklärt auch, warum ab 2020 die Staatsschuldenquote und das Geldmengenwachstum gleichzeitig in die Höhe schnellen. Doch die "Rettung" hat einen Preis: Die Verstaatlichungstendenzen von Wirtschaft und Gesellschaft, die Abkehr von dem wenigen, was von der freien Wirtschaft und Gesellschaft noch übrig ist, erfährt eine rasante Beschleunigung.

Die EZB wird große Kreditbeträge vergeben und/oder umfangreiche Anleihekäufe tätigen müssen, um die Geldmengenausdehnung auf dem politisch gewünschten Kurs zu halten. Die Staaten erhalten auf diese Weise viel neues Geld. Sie entscheiden, wer das neue Geld bekommt, welche Bevölkerungsgruppen, welche Firmen und Industrien - und welche nicht.

Die Einkommenserzielung hängt dann weniger von der Marktleistung des Einzelnen ab, sondern von seiner vorhandenen oder nicht vorhandenen "Beliebtheit beim Staat". Gerade mit Blick auf die kollektivistischen-sozialistischen Umgestaltungsvorhaben, die sich hinter Begriffen wie "Großer Neustart" und "Große Transformation" verbergen, ist die Vereinnahmung der Geldproduktion durch die Politik und die Sonderinteressengruppen, die sie für ihre Zwecke einspannt, besonders gefährlich.

Nicht zuletzt, weil die Ausgabe von neuem Geld zur Finanzierung der Staatshaushalte der Erhebung einer "Inflationssteuer" gleichkommt. Sie setzt nicht nur die Kaufkraft des Geldes herab. Der Zugriff auf die elektronische Notenpresse entbindet die Regierenden auch von der Pflicht, die ausdrückliche Zustimmung der Bürger und Parlamente zu Finanzierungsfragen einholen zu müssen.

Und früher oder später wird diese Machtstellung missbraucht - allen anderen Behauptungen und Versprechungen zum Trotz, wie zahlreiche Beispiele aus der Währungsgeschichte nur allzu leidvoll zeigen. Die Politik der Inflation schädigt Wachstums- und Beschäftigung, zerrüttet Wirtschaft und Gesellschaft, und sie führt zu unsozialen Umverteilungswirkungen, die die Menschen gegeneinander aufbringen, die das gesellschaftliche und politische Miteinander vergiften.


Wenn es eine Lösung gibt …

Ein Ausweg aus dieser Problematik? Wenn es eine Lösung gibt, dann ist sie in der Idee der Währungsfreiheit zu finden: Der Euro muss Konkurrenz bekommen - die Menschen müssen die Freiheit haben, sich ihr Geld selbst aussuchen zu können: Wer will, der kann weiter mit Euro zahlen - oder aber mit Gold und Silber, Kryptoeinheiten oder anderen Medien.

Mit anderen Worten: Ein freier Markt für Geld ist die Lösung. Er engt den Missbrauchsspielraum mit dem ungedeckten Geld ein, und er schafft den Menschen Ausweichmöglichkeiten. Bleibt die Monopolstellung des Euro erhalten, wäre das Abgleiten in eine Befehls- und Lenkungswirtschaft das wohl leider wahrscheinlich(st)e Zukunftsszenario für die Menschen im Euroraum, das nicht nur einhergehen würde mit einer Kaufkraftentwertung des Einheitsgeldes, sondern auch mit einem schmerzlichen Verlust und Freiheit und Wohlstand.

In Harry Potter wagt kaum jemand, Voldemorts Namen offen auszusprechen, und das nicht nur, weil jeder Angst vor ihm hat, sondern vor allem auch, weil derjenige, der den Namen des bösen Magiers ausspricht, von Voldemort und seinen dunklen Mächten geortet und heimgesucht werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass die Wirkungen des Euro beziehungsweise des Euro-Bankenapparates die Öffentlichkeit nicht abschrecken, die damit verbundenen Problemen offen an- und auszusprechen. Denn wenn man diese Probleme nicht ausspricht, bekannt macht und zu lösen versucht, dann ist eine Heimsuchung der Volkswirtschaften durch "dunkle Mächte" so gut wie sicher.


Ohne EZB geht es nicht mehr für die Euro-Banken

Banken (fremd-)finanzieren sich durch Sicht-, Termin- und Spareinlagen, die ihnen ihre Kunden zur Verfügung stellen. Vor allem aber auch durch die Ausgabe von kurz-, mittel- und langfristiger Anleihen. Seit etwa Anfang 2020 trauen die Investoren den Euro-Banken aber nicht mehr so richtig. Daher ist die EZB wieder eingesprungen. Sie gibt den Euro-Banken Kredite, die ihnen die privaten Investoren nicht mehr gewähren (beziehungsweise die mit einer Zinshöhe ausgestattet wären, die die Euro-Banken ihn nicht mehr zahlen könnten und/oder wollen).

Die EZB ersetzt also (zumindest teilweise) die Bankenrefinanzierung im Kapitalmarkt durch ihre Direktkredite, beziehungsweise sie beeinflusst dadurch in ganz erheblichem Maße die Finanzierungskonditionen im Markt für Bankanleihen. Eine Ausnahme bilden die deutschen Banken: Sie nehmen kaum Kredite der EZB in Anspruch. Ganz offensichtlich genießen sie noch ausreichend Vertrauen von Seiten der Investoren, gelangen so noch an ausreichend Fremdmittel zu attraktiven Konditionen.


Open in new window
Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


¹ Siehe https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2019/html/ecb.sp190625~6d33411cff.en.html.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"