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Bereiten Sie sich auf alles vor!

09.09.2007  |  Manfred Gburek
Die meisten Deutschen (aber nicht nur sie) schlittern unvorbereitet in die internationale Finanzkrise, die gerade erst begonnen hat - und nicht zu Ende gegangen ist, wie viele Zeitgenossen noch glauben, nur weil die Notenbanken vorübergehend für die dringend notwendige Liquidität gesorgt haben. Bleibt diese im Finanzsystem, entsteht über kurz oder lang unweigerlich die nächste Spekulationsblase (der plötzliche starke Goldpreisanstieg am Donnerstag der abgelaufenen Woche hat insoweit bereits ein Zeichen gesetzt).

Wird die Liquidität dagegen wieder dem Finanzsystem entzogen, kommt es zu Kettenreaktionen nicht nur in der Finanz-, sondern auch in der Realwirtschaft; ihr Ausmaß dürfte sogar alle Pessimisten überraschen.

Treffen Sie wenigstens die wichtigsten Vorbereitungen, um halbwegs auf der sicheren Seite zu sein. Doch das ist leichter gesagt als getan. Denn wir alle sind längst in das System integriert, dessen Opfer inzwischen auch weitab von den maroden US-Hypothekenbanken zu finden sind, wie die Fälle IKB, Sachsen LB usw. zeigen. Finanzminister Steinbrück hat das Dilemma kürzlich vor der Creme de la Creme der deutschen Banken bezüglich der so genannten strukturierten Produkte (z.B. Zertifikate) treffend auf den Punkt gebracht: "In Wirklichkeit ist das eine Wundertüte, bei der Sie nicht wissen, wo der Knallfrosch drin ist." Dieser kann sich bereits in Ihrem Depot befinden - nur Sie wissen es nicht.

Um sich gegen das Schlimmste zu wappnen, sollten Sie zunächst wichtige Termine in Ihren Kalender eintragen. Der vergangene Donnerstag war ein solcher, obwohl die Europäische Zentralbank wie auch die Bank von England ihre Leitzinsen unverändert gelassen haben. Die bereits erwähnte Reaktion des Goldpreises auf diese Nicht-Ereignisse belegt ein Mal mehr, dass man als Anleger nicht genug um die Ecke denken kann. Ein kurzer Blick in die Zukunft: Am 19. September soll das Kabinett in Berlin über Änderungen bei der deutschen Finanzaufsicht diskutieren; diese teilen sich bekanntlich die umstrittene Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die ihrer Funktion als Währungshüterin schon längst beraubte Bundesbank. Für Brisanz ist also gesorgt.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs wird am 20. September ihr aktuelles Zahlenwerk vorlegen und damit wahrscheinlich Reaktionen an den Finanzmärkten auslösen, über deren Ausmaß sich zurzeit bestenfalls rätseln lässt. Die Bank von England wird an diesem Tag ihr dubioses Krisenmanagement vor einem Parlamentsausschuss entweder mehr schlecht als recht begründet haben oder selbst in eine Krise geraten. Die interessantesten Termine erfahren Sie aus der überregionalen Tages- und Wirtschaftspresse, im Internet und zum Teil auch im Fernsehen, z.B. bei Bloomberg.

Aus renommierten Medien erfahren Sie auch viel über die wahren Gründe und Hintergründe der jetzigen Krise, die Sie wahrscheinlich mehr betrifft, als Sie wahrhaben wollen. Dazu zwei Zitate aus dem Handelsblatt: "Verglichen mit gewöhnlichen Marktphasen, haben Anzahl und Dauer der Handelsausfälle bzw. -einschränkungen zuletzt stark zugenommen", wurde am 22. August Thomas Kolb zitiert, ein ausgewiesener Derivatespezialist der Plattform von Deutscher und Schweizer Börse. Und am 5. September beschrieb der renommierte Finanzjournalist und Buchautor das Schreckensszenario der Banken treffend wie folgt: "Die Märkte für kurzfristige Schuldverschreibungen stellen eine wichtige Quelle für Liquidität dar. Das Problem verschärft sich mit jedem Tag, an dem die Krise anhält. Denn die Banken müssen immer mehr auslaufende Papiere auslösen, können aber kaum neue absetzen."

Also nur ein Bankenproblem? Auf keinen Fall, denn finanzielle Sorgen dominieren auch anderswo: bei privaten Haushalten. Beleg dafür ist die jüngste Reform des Insolvenzrechts, das die Haushalte weiter entlasten soll. Dafür ist es höchste Zeit, weil die Pleiten sich hier häufen: Laut Auskunftei Creditreform haben allein im ersten Halbjahr 2007 über 51 000 Verbraucher Insolvenz angemeldet. Hochrechnung für das ganze Jahr: 110 000, was einen Anstieg um etwa 19 Prozent gegenüber 2006 bedeuten würde. Wer kommt für den Schaden auf? Neben den direkten Gläubigern (Banken, Sparkassen, Handwerker und viele andere mittelständische Unternehmer) am Ende der Kette die Steuerzahler und die vielen neuen Kreditnehmer, die plötzlich geradezu mit Wucherzinsen konfrontiert werden, nur weil sie ihr Haus nicht noch mehr mit Hypotheken belasten oder weil weder die Ehefrau noch Oma und Opa für den Kredit bürgen wollen.

Das hier dargestellte - aktuelle und zukünftige - Szenario schreit geradezu nach einer aus der persönlichen Situation heraus entwickelten Habacht-Finanzstrategie, deren wesentliche Elemente sein sollten: weitest gehender Verzicht auf Kredite (bzw. deren möglichst rasche Tilgung), Kürzung überflüssiger Ausgaben (z.B. für zweifelhafte Versicherungen, aber auch für viele Fondspolicen und -sparpläne), Aufbau von Liquiditätsreserven auf Tages- und Festgeldkonten (und sei es nur mit dem Ziel, später bei sich bietenden Schnäppchen zuzugreifen), Berücksichtigung der Inflation (sie macht sich ja nicht nur bei Milch und Brot, bei Aldi und Lidl bemerkbar, sondern demnächst auch beim rapiden Kaufkraftverlust der gesetzlichen und sonstigen Rente), Hortung gängiger Gold-Anlagemünzen für den Fall des Falles (Krügerrand, Nugget, Wiener Philharmoniker, Maple Leaf, American Eagle u.a.), Steueroptimierung (was der Gesetzgeber zwar immer mehr erschwert, aber allein schon die Optimierung im Hinblick auf die von 2009 an drohende Abgeltungsteuer könnte einige Tausender bringen) und Spekulation.

Der letzte Punkt ist erklärungsbedürftig. Spekulieren bedeutet, aus dem Lateinischen abgeleitet: umherspähen, auskundschaften, beobachten. Auf die Finanzen übertragen, heißt das: selbst aktiv werden. Und genaugenommen, allen Anlageberatern misstrauen, die - weil sie in erster Linie Verkäufer sind - dadurch zu Ihren natürlichen Feinden werden. Denn sie sind primär auf eine hohe Provision aus und erst sekundär auf Ihren Anlageerfolg, während Sie möglichst alles umsonst haben wollen, weil diese Mentalität - auch unter Mithilfe der Banken und anderen Finanzdienstleister - in Deutschland weit verbreitet ist. Zu guter Letzt, frei nach André Kostolany: Wer kein Geld hat, muss spekulieren.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist u.a. Moderator auf der "Edelmetall- & Rohstoffmesse" am 2.+3.11.2007 in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005) und das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007)



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