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Weltwirtschaft 2022: Mehr Inflation. Weniger Wachstum. Auf Gold und Silber setzen

21.01.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 5 -
Einschätzung für künftigen Goldpreis

Bekanntlich ist es überaus schwierig, eine verlässliche Prognose für die Edelmetallpreise abzugeben. Der (Haupt-)Grund: Es gibt keine verlässliche Bewertungsformel, die es erlauben würde, Prognosen in einer hinreichend überzeugenden Weise abzuleiten. Doch das ist kein Grund zu verzagen. Man kann einen anderen, etwas weniger ambitionierten Weg beschreiten, um zumindest eine "gut informierte" Ahnung davon zu gewinnen, wohin sich der Goldpreis tendenziell entwickeln könnte. Dazu haben wir in den letzten Jahren verschiedene Modellrechnungen angestellt. Kernidee ist dabei, den Goldpreis in Abhängigkeit von ausgewählten makroökonomischen Faktoren zu erklären.

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Quelle: Refinitiv; Berechnungen Degussa. Schätzperiode: Januar 1973 bis November 2021.
(1) Die graue Fläche markiert die Schätzungenauigkeit (Standardfehler). (2) Ist die Linie über
(unter) der Nulllinie, ist das Gold "teuer" ("günstig").


Das Ergebnis dieses Ansatzes ist keine Prognose in dem Sinne, dass das Gold am Ende einer bestimmten Periode einen bestimmten Preis aufweist. Vielmehr wird der Frage nachgegangen, ob der gegenwärtige Goldpreis zu teuer, zu günstig oder angemessen ist mit Blick auf seine bestimmenden makroökonomischen Faktoren. Folgt man diesem Ansatz, wird offensichtlich, dass der ("faire") Goldpreis Ende 2021 bei etwa 2.180 USD/oz lag, während der Marktpreis etwa 1.830 (USD/oz) betrug (Abb. 5 a). Die aktuelle Unterbewertung des Goldpreises ist Abb. 5 b zu entnehmen. Mit diesem Ergebnis ist allerdings nichts darüber ausgesagt, wann (und wie schnell) die Preisanpassung erfolgen wird.

Für langfristig orientierte Anleger ist das Ergebnis der Modellrechnung dennoch erfreulich: Das Gold (und entsprechend auch das Silber) stellen eine Portfolio-Versicherung dar, die (auf Basis der Modellrechnung gesehen) ein beträchtliches Preissteigerungspotential in Aussicht stellt. Gerade auch mit Blick auf das weltweite monetäre Umfeld sind es vor allem die folgenden Aspekte, die das Halten von physischem Gold (und Silber) attraktiv erscheinen lassen:

• Anders als Bargeld, verzinslichen Bankguthaben und kurzlaufenden Staats- und Bankschuldverschreibungen lässt sich die Kaufkraft von Gold und Silber nicht durch geldpolitische Kunstgriffe wie Güterpreisinflation und/oder Negativzinsen herabsetzen.

• Physisches Gold und Silber tragen kein Kredit- beziehungsweise Zahlungsausfallrisiko. Anders als ungedecktes Geld und Gold-ETFs oder -ETCs besteht bei physischen Edelmetallen nicht das Risiko, dass eine Vertragspartei ihren Verpflichtungen (wie z. B. Verwahrung und Auslieferung) nicht nachkommt.

• Physisches Gold und Silber sind weitgehend unabhängig vom Finanzsystem, ihr (Tausch-)Wert ist nicht an die Öffnungszeiten der Börsen gebunden. Sie lassen sich - wenn sie an geeignetem Ort gelagert werden - im Grunde als jederzeit verfügbares Tauschmedium vorhalten.

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Quelle: Refinitiv; Berechnungen und Einschätzungen Degussa.
(1) Tatsächlicher Preis gegenüber Schätzung. (2) Geschätzer Preis gegenüber Preis Anfang '22.


Edelmetallanleger sind gut beraten, einen langfristigen Blick anzunehmen; man sollte keine überzogenen Erwartungen mit Blick auf die kurzfristigen Preiszuwächse der Edelmetalle haben. Denn:

(1) Gold und Silber sind "politische Metalle": Sie stellen auch heute noch im Grunde Geld (in Wartestellung) dar, und ihre Aufwertung gegenüber dem ungedeckten Geld - sei es gegenüber US-Dollar, Euro, chinesischen Renminbi und japanischen Yen etc. - ist politisch alles andere als erwünscht. Sie sind daher vor politischer Einflussnahme in ihrer Preisbildung nicht gefeit.

(2) Der Preis von Gold und Silber wird heutzutage ganz maßgeblich durch den "Papiergoldmarkt" (mit-)beeinflusst, der sich wiederum in den Händen einiger weniger Investment-Banken befindet. Der Preis des Goldes kann sich daher mitunter abkoppeln von der Angebots- und Nachfragekonstellation im Markt des physischen Goldes und dominiert werden von den Gold-Futures- und -Optionsmärkten. Das kann zumindest kurz- bis mittelfristig einen Anstieg der Edelmetallpreise, wie er aus dem Markt für physische Ware getrieben wird, entgegenwirken.

(3) Viele Anleger und Investoren in den westlichen Volkswirtschaften haben die Leiden einer "Währungskrise" vermutlich nicht mehr vor Augen. Sie kennen die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zerrüttung, die eine Entwertung des Geldes mit sich bringt, nicht aus eigener Erfahrung. Vermutlich braucht es für sie erst die "schlechte Erfahrung", um die Qualität des physischen Goldes und Silbers einschätzen zu können - und die dann ihre Gold- und Silbernachfrage belebt.

Abschließend: Die Preise für physisches Gold und Silber befinden sich seit Jahren in einem Aufwärtstrend, und es gibt gute Gründe zu erwarten, dass dieser Aufwärtstrend in 2022 anhält, sich in den kommenden Jahren noch ganz merklich verstärken wird - und physisches Gold und Silber dem Anleger und Investor positive Preiszuwächse bescheren und seine Portfolio- Risiken absenken. Wie unsere (vorsichtigen) Preiseinschätzungen zeigen, ist es ratsam, Edelmetallpositionen auf- und auszubauen.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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