Markt-Erwartungen - Zwischen hoffen & bangen
14.12.2004 | Hans Jörg Müllenmeister
Wer hätte das so erwartet - wie es schließlich kam? Diese erstaunte, ja fast entschuldigende Konjunktiv-Aussage ist vielfach eine psychologische Bankrotterklärung nach einem erlittenen Börsenexzeß. Der Mark, der Chart, enthält exakt alle denkbaren fundamentalen und psychologischen Informationen, die den Kurs bestimmten. Es ist wie mit der Fieberkurve eines Patienten: ihr Gültigkeitsbereich reicht nur bis zur Gegenwart, nicht weiter. Eine künftige Temperaturangabe gerät zur Speku-lation. So bestimmen zurückliegende Einflußfaktoren nicht die künftige Entwicklung der Börse.
Psychologische Markt-Prognosen
Die Begehrlichkeit, einen noch verborgenen Trend beizeiten aufzuspüren, ist das Ziel verschiedener psychologischer Prog-nosemodelle. Sie alle beschäftigen sich mit der Stimmungslage der Marktteilnehmer - ob Bulle, Bär oder Mitläufer-Schaf. Die praktische Umsetzung der Prognose für den Anlegen ist deswegen so schwierig, weil er sich, abgesetzt zur allgemein verbreiteten Stimmung, positionieren muß. Dieses antizyklische Handeln gegen den Hauptstrom erfordert ein gerüttelt Maß an Selbstsicherheit, Disziplin und Durchhaltevermögen.
Ein Ansatz beschäftigt sich mit dem turnusmäßigen Abfragen der Privaten und Institutionellen zu ihrer Erwartung und Einschätzung des Marktes. Das ergibt ein bestimmtes Stimmungsbild, das Sentiment. Dieses Profil gibt Aufschluß über den Grad des Optimismus oder Pessimismus und das Ausmaß der empfundenen Sicherheit und Unsicherheit. Solange sich die Schwankungen im grünen Bereich von z. B. plus minus 60% bewegen, besteht kein Handlungsbedarf sich zu positionieren. Außerdem: in etwa 90% der Zeit macht ein Kurs eher nur unwesentliche Bewegungen. Erst wenn die Stimmung Extremwerte erreicht - wenn etwa 90% des Publikums emotionsgesteuert optimistisch ist - strebt auch die Marktentwicklung einem entscheidenden Scheitelpunkt entgegen.
Das ist die Stunde des Antizyklikers. Er handelt gegen die bestehende Meinung: Contrary Opinion. Das heißt aber nicht, daß ein notorischer Börsen-Querkopf auf der Gewinnerseite liegt, nur weil er die allgemeine Erwartungshaltung der Marktteilnehmer durchgängig negiert. So trivial ist der Entscheidungsprozeß nicht.
Richtiges Timing
Eminent wichtig ist, zu welchem Zeitpunkt der Antizykliker ein- oder aussteigt. Genau im Timing liegt die Schwierigkeit. So können durchaus 90% der optimistischen "Kursmitgestalter" in euphorischer Erwartung den Kurs vielleicht noch einige Wochen weiter in die Höhe treiben. Ein vermeintlich kluger "Gegenspekulant", der in diese letzte Haussewelle hinein einsteigt, kann davon böse überrollt werden. Seine Erwartung - jetzt geht es abwärts, war zwar richtig aber verfrüht und nicht marktkonform. Zielführend ist es, die Anomalien im Markt rechtzeitig auszuspähen: das schlüpfrige Grenzgebiet zwischen Überschwang und Hoffnungslosigkeit. Das kann für eine ganze Branche gelten, aber auch für einen verkommenen Einzelwert.
Am Marktwendepunkt scheiden sich die Geister
Interessant ist das Verhalten der beide Anlegerlager, der insti-tutionellen wie auch der privaten Marktteilnehmer. Auf kurze Sicht handeln beide prozyklisch. Mittelfristig erfassen die Institutionellen offensichtlich die Marktwendepunkte rechtzeitiger als die Masse, sie handeln dann antizyklisch. Die Schafherde, getrieben von Bullen oder Bären, hat dagegen ihren Blick noch starr aufwärts gerichtet. Die Herde fiebert dem vermeintlichen Preisgipfel entgegen, übersieht aber die gähnende Schlucht, die sich auftut. Letztlich geht es dem Markt wie mit der Frage nach dem Huhn oder dem Ei: Wer war zuerst da? Beeinflußte zuerst die Erwartung das Marktgeschehen oder der Markt die Erwartung?
© Hans Jörg Müllenmeister
Psychologische Markt-Prognosen
Die Begehrlichkeit, einen noch verborgenen Trend beizeiten aufzuspüren, ist das Ziel verschiedener psychologischer Prog-nosemodelle. Sie alle beschäftigen sich mit der Stimmungslage der Marktteilnehmer - ob Bulle, Bär oder Mitläufer-Schaf. Die praktische Umsetzung der Prognose für den Anlegen ist deswegen so schwierig, weil er sich, abgesetzt zur allgemein verbreiteten Stimmung, positionieren muß. Dieses antizyklische Handeln gegen den Hauptstrom erfordert ein gerüttelt Maß an Selbstsicherheit, Disziplin und Durchhaltevermögen.
Ein Ansatz beschäftigt sich mit dem turnusmäßigen Abfragen der Privaten und Institutionellen zu ihrer Erwartung und Einschätzung des Marktes. Das ergibt ein bestimmtes Stimmungsbild, das Sentiment. Dieses Profil gibt Aufschluß über den Grad des Optimismus oder Pessimismus und das Ausmaß der empfundenen Sicherheit und Unsicherheit. Solange sich die Schwankungen im grünen Bereich von z. B. plus minus 60% bewegen, besteht kein Handlungsbedarf sich zu positionieren. Außerdem: in etwa 90% der Zeit macht ein Kurs eher nur unwesentliche Bewegungen. Erst wenn die Stimmung Extremwerte erreicht - wenn etwa 90% des Publikums emotionsgesteuert optimistisch ist - strebt auch die Marktentwicklung einem entscheidenden Scheitelpunkt entgegen.
Das ist die Stunde des Antizyklikers. Er handelt gegen die bestehende Meinung: Contrary Opinion. Das heißt aber nicht, daß ein notorischer Börsen-Querkopf auf der Gewinnerseite liegt, nur weil er die allgemeine Erwartungshaltung der Marktteilnehmer durchgängig negiert. So trivial ist der Entscheidungsprozeß nicht.
Richtiges Timing
Eminent wichtig ist, zu welchem Zeitpunkt der Antizykliker ein- oder aussteigt. Genau im Timing liegt die Schwierigkeit. So können durchaus 90% der optimistischen "Kursmitgestalter" in euphorischer Erwartung den Kurs vielleicht noch einige Wochen weiter in die Höhe treiben. Ein vermeintlich kluger "Gegenspekulant", der in diese letzte Haussewelle hinein einsteigt, kann davon böse überrollt werden. Seine Erwartung - jetzt geht es abwärts, war zwar richtig aber verfrüht und nicht marktkonform. Zielführend ist es, die Anomalien im Markt rechtzeitig auszuspähen: das schlüpfrige Grenzgebiet zwischen Überschwang und Hoffnungslosigkeit. Das kann für eine ganze Branche gelten, aber auch für einen verkommenen Einzelwert.
Am Marktwendepunkt scheiden sich die Geister
Interessant ist das Verhalten der beide Anlegerlager, der insti-tutionellen wie auch der privaten Marktteilnehmer. Auf kurze Sicht handeln beide prozyklisch. Mittelfristig erfassen die Institutionellen offensichtlich die Marktwendepunkte rechtzeitiger als die Masse, sie handeln dann antizyklisch. Die Schafherde, getrieben von Bullen oder Bären, hat dagegen ihren Blick noch starr aufwärts gerichtet. Die Herde fiebert dem vermeintlichen Preisgipfel entgegen, übersieht aber die gähnende Schlucht, die sich auftut. Letztlich geht es dem Markt wie mit der Frage nach dem Huhn oder dem Ei: Wer war zuerst da? Beeinflußte zuerst die Erwartung das Marktgeschehen oder der Markt die Erwartung?
© Hans Jörg Müllenmeister