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Pest oder Cholera

20.09.2007  |  Frank Meyer
Nach der Zinssenkung der amerikanischen Notenbank herrschte an den Börsen Partylaune. Damit müsste selbst dem Daueroptimisten klar sein, dass die Kreditkrise schon Schleifspuren in der Realwirtschaft hinterlassen hat und wohl auch noch für Panik bei den Notenbankern gesorgt hat. Zum ersten Mal seit vier Jahren werden Jobs abgebaut. Millionen überschuldeten US-Verbrauchern wird wohl das Haus unter dem Hintern weggepfändet, und auch die meisten anderen Indikatoren lassen den Schluss zu, dass die Gefahr einer Rezession steigt.

Was muss die Notenbank gedacht haben, als der britische Sparer in langen Schlangen vorm taumelnden Kreditfinanzierer Northern Rock anstanden, um ihre Einlagen zurückzufordern - der Ernstfall, die Bankenstürmung war Realität, und wurde von den Medien weltweit übertragen Die Notenbanker waren gefordert. Sie mussten handeln. Und so tat die FED das, was Greenspan früher immer getan hatte: Sie machte das Geld billiger. Doch sind Zinssenkungen das richtige Medikament oder nur ein verzweifelter Versuch, die aus dem Ruder gelaufenen Dinge wieder ins Lot zu bringen? Für den Moment wohl.

Sicherlich war auch der Zeitpunkt des "Maestro" einen Tag vor der alles entscheidenden Notenbanksitzung gut gewählt, um sein neues Buch mit markigen Einlassungen gegen Bush & Co. vorzustellen. Als Privatier kann das "Big Al" nun. Vor allem hat er seine klare Sprache wiedererlangt, die ihm als Notenbankchef verwehrt bleiben musste. Nun sorgt er sich der "Magier der Märkte" um Inflation und sagt doppelstellige Zinssätze voraus. Bernanke muss sich düpiert fühlen.

Jetzt, wo Alan Greenspan endlich Klartext statt "Greenspeak" redet, sollte jedem klar sein, dass er wohl früher zwischen Wirtschaft und Politik auf einem schmalen Grat balancieren musste. Und auch das Gleichgewicht halten konnte.

Eigentlich wollte er alles ganz anders, wenn man seine früheren Schriften durchstöbert. Doch als früherer Verfechter des Goldstandards tat er als Notenbankchef genau das Gegenteil: Er verteilte immer mehr Dollars zu noch niedrigeren Zinsen und legte damit den Grundstein für das heutige Kreditproblem. Ben Bernanke ist in der Tat in keiner beneidenswerten Situation. Die Greenspansche Politik des billigen Geldes als Antwort auf alle Krisen trägt giftige Früchte.

Bleibt die Frage, wofür man sich letztlich entscheidet, für Pest oder Cholera. Die Pest wäre eine Rezession. Die Cholera wäre ein abstürzender Dollar und eine noch schneller wachsende Geldmenge, die eine Inflationsrate nördlich der schöngerechneten 2-Prozent-Marke nach sich ziehen muss.

Wieviel Zeit sich die FED bis zum Tag der Abrechnung erkauft, wissen die Götter. Das gilt auch für die Frage, ob der US-Verbraucher trotz jetzt gesenkter Zinsen überhaupt in noch der Lage und willens ist, weitere Kredite aufzunehmen.

Übrigens: der Dollar kämpft gerade mit seinem Allzeittief. Was werden wohl die Chinesen denken, wenn sie Ihre gesammelten 1,3 Billionen Dollar in der Hitze der Bank- und Kreditkrise betrachten, die täglich etwas mehr im Wert schmelzen?

Einzig das Gold schweigt und steigt, obwohl man angesichts eines 26-Jahres-Hochs meinen könnte, dass Gold etwas zu sagen hätte.


© Frank Meyer
TV-Moderator auf n-tv

Herr Meyer ist Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse", die am 2.+3. November 2007 in der Event Arena im Olympiapark München stattfindet.



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