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Fed hebt Leitzins an. Aber Zweifel an ihrer Entschiedenheit, die Inflation zu verringern, bleiben

05.05.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auf seiner gestrigen Sitzung hat der Rat der US-Zentralbank (Fed) den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte von bisher 0,25 - 0,50 auf jetzt 0,75 - 1,00 Prozent angehoben.

Obwohl es sich dabei um einen "großen Zinsschritt" gehandelt hat, ist zu beachten, dass die Zinsen nach wie vor sehr niedrig sind, und dass sie vor allem in inflationsbereinigter, also realer Rechnung, sich nach wie vor auf Rekordtiefs befinden: Die Inflation im März 2022 betrug 8,5 Prozent!

Zur Erinnerung: Auf Basis ihrer eigenen Prognosen wird der reale Leitzins der Fed im laufenden Jahr im Negativbereich verharren, Ende 2023 die Nulllinie erreichen und erst Ende 2024 wieder positiv sein. Doch wir halten das für eine (um es diplomatisch auszudrücken) geschönte Prognose; …

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… und wir erwarten zudem, dass die realen Zinsen in den kommenden Jahren weiter im negativen Bereich bleiben, dass die Kaufkraftentwertung des US-Dollar weitergeht. Bestenfalls mindern die Fed-Zinserhöhungen die Rate der Geldentwertung etwas.

Was rechtfertigt den Verdacht, dass es keine "wirkliche" Abkehr von der Politik des negativen Realzinses geben wird? Warum vermuten wir, dass die Fed ihren "inflationsbekämpfenden" Äußerungen nicht die notwendigen Taten folgen lassen wird?

Die Antwort lautet: Die Schuldenlast der US-Wirtschaft ist mittlerweile sehr hoch geworden - und zwar so hoch, dass ernste Zweifel anzumelden sind, ob die Fed ihren Leitzins tatsächlich noch auf eine Höhe bringen kann (und will), die das Inflationsproblem entschärfen kann.

Erschwerend kommt hinzu, dass eine erhöhte Inflation politisch alles andere als unerwünscht ist: Verbunden mit relativ niedrigen Nominalzinsen kann sich vor allem der Staat auf Kosten der Geldhalter entschulden.

Das ist auch der Grund, warum wir erwarten, dass der US-Leitzins zwar noch etwas steigen, aber die Bandbreite von 2,5 bis 3,0 Prozent nicht übersteigen wird.

Dafür spricht auch: Fed-Chairman Jerome Powell äußerte während der Pressekonferenz die Erwartung, dass der Arbeitsmarkt (der derzeit überhitzt ist) und die Lohnsteigerungen (die derzeit beträchtlich sind) sich wieder entspannen werden - weil mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zurückkehren, und dass daher die Notwendigkeit für Zinssteigerungen nachlässt.

Ein Risiko ist, dass die Fed die Zinszügel doch stärker als von uns erwartet anzieht und einen Finanzmarkt- und Wirtschaftseinbruch auslöst (wie 2008/2009, nur diesmal noch heftiger) - der dann aber vermutlich sehr rasch eine Rückkehr zur extrem expansiven Geldpolitik nach sich ziehen würde. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dauerhaft positive Realzinsen wieder geben wird, sind also gering.

In diesem Zusammenhang ist weiterhin beachten, dass die Fed ebenfalls beschlossen hat, ihre Bilanzsumme abzubauen, indem sie ab dem 1. Juni 2022 Wertpapiere verkaufen will. Ob das aber überhaupt gelingen kann, ohne unerwünschte Zinssteigerungen zu erzeugen, darf bezweifelt werden.


Gold und Silber

In einem Umfeld chronisch negativer Realzinsen bleiben Sicht-, Termin- und Spareinlagen bei Banken, aber auch kurzlaufende Schuldpapiere ein Verlustgeschäft. Eine Möglichkeit, der Entwertung des Geldes zu entgehen, ist das geduldige und langfristige Halten von physischem Gold und Silber.

Die Kaufkraft der Edelmetalle können durch geldpolitische Manöver nicht entwertet werden, sie tragen zudem auch kein Kreditausfallrisiko. Wir halten die aktuellen Marktpreise für attraktiv, um Gold- und Silberpositionen auf- und auszubauen. Die Kurse auf den Aktienmärkten dürften bei anhaltend negativen Realzinsen ebenfalls im Trendverlauf weiter ansteigen.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH



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