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Wo ist die nächste Blase?

29.09.2007  |  Frank Meyer
Ein Frosch, der auf eine heiße Herdplatte gesetzt wird, springt schnell wieder herunter. Anders ist es, wenn die Herdplatte nur langsam erwärmt wird. Der Effekt der Gewöhnung begünstigt Dinge, deren Ergebnis erst später sichtbar wird.

Die Anleihemärkte strecken ihre Finger und rufen "Inflation!". Die Renditen steigen seit der ruppigen Zinssenkung der FED aus ihrem Tal, die Anleihekurse fallen wieder. Auch Gold hat sich gemeldet. Es ist wie ein gelber Hund, der zu bellen beginnt, wenn Inflation sich anschleicht, auch wenn diese sich (noch) hinter steigenden Anlagepreisen versteckt. Per Definition ist Inflation immer die Folge der Ausweitung der Geldmenge. Diese steigt allein in Europa weitaus stärker, als es in den Statuten der EZB vorgesehen war.

Aber die beruhigenden Worte der Notenbanker, Banker und Politiker im Stundentakt entfalten ihre Wirkung, auch wenn die Halbwertszeit einiger Einlassungen beständig sinkt. Die ersten meinen schon, sie können das Thema "Kreditkrise" schon nicht mehr hören, andere erklären sie für beendet. Kalkül? Wäre es bislang so glimpflich abgelaufen, wenn man dem Anleger in Sachen Kreditkrise reinen Wein eingeschenkt hätte? Wohl kaum. Wenn die schiefliegenden Milliarden erst nach und nach ans Tageslicht kommen, erschrickt sich kaum noch einer. Man hat sich an das Wort Kreditkrise inzwischen gewöhnt. Wieviele Banken sind inzwischen kollabiert? Keine. Haben die Bürger ihr Geld von den Banken abgeholt? Mitnichten. Gibt es erste Bremsspuren in der Wirtschaft?

Ja, einige. In der Tat hat die Kreditklemme bislang nur Banken und Immobilienwerte im Kurs gedrückt. Andere Sektoren glänzen mit neuen Allzeit-Hochs.

Der DAX klettert auch ohne die Banken in Richtung 8000. Auch die Daueroptimisten kommen langsam wieder aus den Verstecken hervor. Die obersten Banker verspritzen Optimismus, der aktuell keinem Einblick in die Bilanzen standhalten muss. Was passiert aber, wenn die Banken ihre Zahlen offenlegen und dann bei Ihrer Kreditvergabe vorsichtiger werden müssen? Wenn der Schmierstoff des billigen Kredits versiegt, wird die Realwirtschaft Lähmungserscheinungen zeigen - so wie in den USA, als die Hausbesitzer ihre Raten nicht mehr zahlen konnten. Wenn zukünftig Mittelständler nur schwer Kredite bekommen, Großkonzerne in ihrer Übernahmewut gestoppt werden und der Normalbürger seine Schulden eher tilgen muss, anstatt ständig neue aufzuladen, dann haben wir ein Problem.

Die warnenden Stimmen gibt es überall, und der DAX zeigt ihnen die lange Nase. Die Notenbanken haben bislang ganz Arbeit geleistet, und den Märkten mit hochdosierten Liquiditätsspritzen unter die Arme gegriffen. Wäre das ausgeblieben, wären wir wohl abgestürzt, so schnell wie ein Alkoholiker, dem man seine Flasche versteckt. Wundert es, dass Aktien nun wieder steigen? Ist das noch billigere Geld vielleicht eine Einladung für noch heißere Spekulationen im Land der Kreditberge? Wenn Notenbanken und Staat für alle Fehlentwicklungen geradestehen.

Wo ist das Risiko? Für den Anleger wird es die Herausforderung bleiben, Inflation mit entsprechender Rendite auszugleichen. Das weiß die Börse und beginnt wieder zu steigen. Schlau! Die Börse ahnt, daß ihr die neuen Milliarden Euro und Dollar gut tun werden.

Bleibt nur der drohende Finger der Anleihen und des Goldes als eine Art Leuchtboje in einem See von Liquidität, und auch das Gefühl, für Dinge des täglichen Bedarfs mehr auf den Tisch legen zu müssen, als uns die Statistik ausweist. Sie vergißt in ihrer Berechnung der so bedeutsamen Kernrate einfach Nahrungsmittel und Energiepreise. Gezahlt werden müssen sie dennoch.

Steigende Lebenshaltungskosten sind selbst den Politikern aufgefallen, die meinen, daß mit einem monatlichen Hartz-4-Satz das Sattwerden schwieriger geworden ist und fordern Nachbesserungen.

Der Charts der Aktienindizes sehen wunderbar aus. Nominale Zahlen gefallen, reale Zahlen dagegen erschrecken eher. Man rechne den DAX in Öl, Weizen, Kupfer, Gold oder Butter um. Er hat bei Weitem kein neues Allzeit-Hoch erklommen.

Nominal gerechnet sitzt auch der Frosch weiter auf der wärmer werdenden Heizplatte. Real wäre er längst davongesprungen.

Und an jeder Kasse zahlen wir real - nicht nominal.


© Frank Meyer
TV-Moderator auf n-tv

Herr Meyer ist Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse", die am 2.+3. November 2007 in der Event Arena im Olympiapark München stattfindet.



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