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Inflationsprognose: Ein verlorener Kampf, bevor er überhaupt begonnen hat

12.06.2022  |  Claudio Grass
Nach einem monatelangen Anstieg der Verbraucherpreise und nachdem zahllose arbeitende Haushalte in schwerwiegenden finanziellen Schwierigkeiten gerieten, enthüllte Präsident Biden Ende Mai nun endlich seinen großen Plan zur Bekämpfung der Inflation in einem Gastkommentar im Wall Street Journal. Die sehnlich erwartete Antwort auf die Lebenshaltungskostenkrise, die das Land heimsucht, beinhaltete leider keinen Königsweg, den sich so viele Amerikaner erhofft hatten. Stattdessen bestand sie aus offensichtlichen Beobachtungen und ein Rezept für "Business as Usual".

Ohne zu sehr ins Detail zu gehen - der Plan bestand praktisch aus drei Schritten: Es der Fed zu erlauben, das zu tun, was sie bereits tut; noch stärkeres Eingreifen in den freien Markt, um die Preise für Dinge wie Immobilien und verschreibungspflichtige Medikamente nach unten zu drücken; und die Reduzierung des staatlichen Defizits, natürlich nicht durch Kürzung der Ausgaben, sondern durch Erhöhung der Steuern für Arbeitgeber und "Reiche". Natürlich sind diese drei Schritte so unsinnig wie sie irrelevant für das Inflationsproblem sind.

Zum einen ist es gesetzlich und verfassungsrechtlich für jede Regierung verpflichtend, es der Fed zu "erlauben", ihre Geldpolitik zu straffen oder zu lockern, auch wenn Politiker immer Druck auf ihre Zentralbanker ausüben. Dennoch sollte die bloße Ankündigung der Entscheidung, das Gesetz nicht offen zu brechen, nicht als inspirierende politische Haltung mit Applaus bedacht werden.

Und dann wäre da noch der kontraproduktive Teil des Plans, natürlich der Punkt, der beschreibt, wie die US-Regierung versuchen wird, das Problem zu lösen, das sie durch die Überflutung der Wirtschaft mit Milliarden von Dollar selbst geschaffen, indem sie noch mehr Dollar hineinpumpt. Und nicht zuletzt sollten wir den besten Teil der Strategie nicht vergessen: Eben die Leute zu bestrafen, die tatsächlich Arbeitsplätze bereitstellen und die Haushalte unterstützen, die unter der Hauptlast der Preisanstiege leiden.

Natürlich ist nichts davon für die Leser, die sich mit der geldpolitischen Geschichte sowie mit modernen politischen Angelegenheiten auskennen, sonderlich überraschend. Denn schließlich war die Enthüllung dieses großen Plans nur der jüngste Schritt nach Monaten anderer, gescheiterter, politischer Manöver, nicht nur in den USA, sondern auch in den meisten Industrienationen. Zuerst versuchten sowohl Politiker als auch Zentralbanker zu leugnen, dass Inflation überhaupt ein Problem war. Sie war "vorübergehend" und "unter Kontrolle".

Als das nicht funktionierte, und selbst die extrem verzerrten CPI-Zahlen in die Höhe kletterten, versuchten sie, die Schuld von sich zu weisen. Es waren Probleme der "Lieferketten" und danach der Ukraine-Krieg. Das half dem durchschnittlichen, arbeitenden Bürger, der dabei zusah, wie sein Gehaltsscheck praktisch schrumpfte, überhaupt nicht. Also sind wir nun endlich bei der üblichen Lösung angekommen, das Problem mit noch mehr Geld zuzuschütten und darauf zu hoffen, dass dies ausreicht, um die Wähler zu besänftigen.

In der EU folgt man mehr oder weniger dem gleichen Plan. Auch wenn die Straffung bisher noch nicht einmal begonnen hat und die Zinsen noch immer negativ sind, leiteten sowohl Brüssel als auch individuelle Mitgliedsstaaten frisches Geld in ihre jeweiligen Wirtschaften, um dabei zu helfen, "die Inflation zu bekämpfen".

Während es immer ein Verlustgeschäft ist, die Kurzsichtigkeit und allgemeine Ignoranz der Karrierepolitiker und Bürokraten zu unterschätzen, ist es schwer zu glauben, dass irgendjemand tatsächlich den Fehler machen würde, anzunehmen, man könne die Inflation "beheben", indem mehr ausgegeben wird, mehr Schecks an die Öffentlichkeit ausgestellt und mehr "Notfallgelder" ausgegeben werden. Es ist klar, selbst für die naivsten und leichtgläubigsten Menschen unter uns, dass dies ein politischer Kampf ist. Ein Kampf, der vollkommen auf die Selbsterhaltung der Regierungen fokussiert ist und nicht im besten Interesse der Öffentlichkeit ist - wie es die wenigsten Dinge sind.

Das ist zudem genau der Grund, warum wir erwarten können, dass die Fed ihre "falkenhafte" Haltung rasch aufgeben wird, sobald sich die ersten Risse an den Märkten und innerhalb der Wirtschaft zeigen. Die Stunde hat bereits geschlagen, vor allem nach Präsident Bidens Kommentaren, dass eine Rezession vielleicht nicht unausweichlich ist, dies jedoch "ein hartes Stück Arbeit werden wird". Und dann steht außerdem der Herbst bald an, mit einer neuen Welle an COVID-Infektionen und eventuell einer neuen Virusvariante, was eindeutig den Weg für eine Rückkehr zu Druckerei und Ausgaben mit Vollgas bereitet.

In der Eurozone herrscht unter Beamten eine ähnliche Stimmung. Und während die EZB-Präsidentin zwar angedeutet hat, dass die Bank ihren Kurs bezüglich ihrer lockeren Geldpolitik im September schließlich umkehren wird, bleibt abzuwarten, ob dieser Punkt tatsächlich erreicht wird. Eskalationen im Ukraine-Konflikt, weitere wirtschaftliche Schwäche, ein erneuter COVID-"Notstand" - alles kann als Grund dienen werden, die monetäre Unterstützung beizubehalten.

Was das für gewöhnliche Bürger und Sparer bedeutet, ist recht einfach und unkompliziert. Niemand von uns sollte sich auf große Pläne und die Versprechungen derjeniger verlassen, die damit beauftragt sind, die Inflation unter Kontrolle zu halten.

Denn selbst wenn sie dieses Ziel tatsächlich verfolgen möchten, so ist zum einen die Menge Geld, die in das System geschleust wurde, nicht nur während des Höhepunkts der COVID-Krise, sondern auch gute zehn Jahre zuvor, einfach zu viel, um sie zeitnah abzuschöpfen. Zweitens, und das ist noch wichtiger, wäre ein solcher Kampf, wenn er denn ernsthaft geführt würde, nichts anderes als politischer Selbstmord. "Sparmaßnahmen" existieren im Vokabular der modernen Politiker nicht mehr und das aus gutem Grund.

In den kommenden Monaten und Jahren können wir also erwarten, dass das eintritt, was schon lange abzusehen war. Fiatwährungen werden als die wertlosen Fetzen Papier enttarnt werden, die sie immer schon waren. Und die physischen Edelmetalle werden sich sehr wahrscheinlich als essentiell erweisen, nicht nur für Investoren und diejenigen, die ihr Vermögen an die nächste Generation weitergeben möchten, sondern auch für alle rationalen Sparer und gewöhnlichen Haushalte, die die Kaufkraft ihrer hart-erarbeiteten Ersparnisse selbst kurzfristig und mittelfristig schützen möchten.


© Claudio Grass
www.claudiograss.ch


Dieser Artikel wurde am 03.09.2022 auf claudiograss.ch veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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