Gedankenspiele zum Goldpreis
30.09.2007 | Manfred Gburek
Erinnern Sie sich? Vor vier Wochen stand an dieser Stelle: "Der nächste Goldpreisanstieg, mit dem nach heutiger Erkenntnis wohl schon 2007 zu rechnen ist, wird den Gipfel vom Mai 2006 locker überspringen." Das ist inzwischen geschehen, aber mit so wenig Anteilnahme des Publikums und der Medien, dass eines als sicher gelten kann: Der neue Preisgipfel vom Freitag der gerade abgelaufenen Woche wird im jetzigen, seit dem Jahr 2001 anhaltenden Aufwärtszyklus des Goldpreises schon bald übertroffen. Erst wenn die Medien dem Edelmetall wieder viel, viel mehr Beachtung schenken und die Banken en masse Zertifikate auf Gold und alles, was auch nur im Entferntesten damit zu tun haben könnte, auf den Markt bringen werden, sollten Sie einen Teil Ihrer Gewinne realisieren.
Bei welchem Preisniveau es zu dieser Konstellation kommen wird, lässt sich nicht seriös beantworten. 850 Dollar, der kurzzeitige Höchststand (nominal) vom Januar 1980, sind ebenso möglich wie "nur" 800 Dollar. Oder aber auch 1000 Dollar und mehr. Besuchen Sie doch einfach die Internationale Edelmetall- & Rohstoffmesse am 2. und 3. November in München (Einzelheiten: www.goldseiten.de). Dort können Sie dann die Optimisten hören. Allerdings sollten Sie danach, von Prognosen bis zum hohen vierstelligen Bereich beduselt, mit jedweder Entscheidung wenigstens ein paar Tage warten. Denn der Goldpreis wird nicht den Prognosen der Gurus folgen, sondern den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Wie die funktionieren, konnten Sie ebenfalls in der abgelaufenen Woche erleben: Die Volatilität, also die Intensität der Schwankungen, nahm im Rahmen des erneut einsetzenden Aufwärtstrends zeitweise dramatisch zu - zwar nichts für schwache Nerven, aber nach aller Börsenerfahrung ein Zeichen dafür, dass der zwischenzeitliche Preisgipfel noch nicht erreicht ist.
Zwei Faktoren imponieren mir an der jetzigen Goldhausse ganz besonders: 1. die erst allmähliche Beschleunigung mit vielen Unterbrechungen, sprich Gewinnmitnahmen, und 2. die differenzierte Entwicklung der Edelmetallaktien. Der zweite Punkt lässt sich am besten mit den Kursausschlägen von Barrick Gold und Newmont Mining, weltweit Nummer eins und Nummer zwei unter den Goldkonzernen, vom vergangenen Mittwoch belegen: Während der Barrick-Kurs sich trotz der plötzlich einsetzenden Goldpreiskorrektur wieder fangen konnte, rauschte der Newmont-Kurs um rund 6% nach unten, weil das Management Probleme mit den Kosten und den Goldreserven zugeben musste. Etwas Ähnliches wie den Aktionären von Newmont war übrigens schon am 17. September denen von Endeavour Silver widerfahren, einem kanadischen Silberexplorateur mit Lagerstätten in Mexiko (und vielen deutschen Fans): erst enttäuschende Prognosen zu den Silbervorkommen, daraufhin direkt ein scharfer Kursrückgang. Im Gegensatz dazu behielt die Aktie des Royalty-Silberkonzerns Silver Wheaton ihren Aufwärtstrend bei.
Der Preis des Silbers hinkt dem des Goldes hinterher. Über die Ursachen kann man geteilter Meinung sein, weil mal die eine, mal die andere Ausschlag gebend ist: viel kleinerer Markt, damit im Zusammenhang höhere Volatilität (auch im Rahmen eines Aufwärtszyklus, wie jetzt), mehr Industriemetall als sicherer Hafen, keine Funktion als internationale Währungsreserve, geringeres Volumen von Silber-ETF (Exchange Traded Funds, also börsengehandelte Fonds) im Vergleich zu Gold-ETF usw. Man sollte die Differenzierung indes nicht übertreiben und vorsorglich in beiden Metallen und/oder in den interessantesten Aktien beider Segmente engagiert sein.
Eine Frage, die ich immer wieder vor allem von Seiten so genannter Normalanleger gestellt bekomme, lautet etwa wie folgt: Warum soll man unverzinsliches Gold (und Silber) verzinslichen Wertpapieren vorziehen? Eine berechtigte Frage. Sie lässt sich nur in Verbindung mit dem Timing beantworten: 1. Zur richtigen Zeit seit 2001 während der zwischenzeitlichen Konsolidierungsphasen gekauft, brachten die Edelmetalle - auch in Euro - einen höheren Gewinn als Anleihen und Immobilien (hier von Ausreißern nach oben abgesehen), konnten aber mit den Kurgewinnen der meisten Aktien aus DAX, Dow Jones und Co. nicht mithalten. 2. Jetzt und in den kommenden Konsolidierungsphasen gekauft, fungieren sie als Ausgleich für den Geldwertschwund, sprich Inflation. Diese ist inzwischen bei den Nahrungsmittelpreisen angekommen, weshalb ich Ihnen den - auch deutschsprachigen - Monatsbericht der Europäischen Zentralbank vom September zur Lektüre empfehle, der auf dieses Thema eingeht.
Die Frage, warum der Goldpreis schon seit 2001 steigt und nicht erst jetzt, bei sich anbahnender Inflation der Verbraucherpreise (und nachdem die so genannten Assets, wie Aktien oder Immobilien, bereits inflationiert worden sind), lässt sich im Nachhinein einfach beantworten: Während der ersten Jahre des Aufwärtstrends war vor allem das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage der große Preistreiber: Die Minen hatten zu wenig in die Erschließung neuer Goldvorkommen investiert; einige Konzerne, sinnigerweise unter Führung von Barrick, mussten ihr Hedging (Vorabverkäufe) ins Gegenteil umkehren; die Zentralbanken begrenzten ihre Goldverkäufe und -verleihungen; seit 2003 traten ETF verstärkt als Käufer auf; und Spekulanten sorgten immer wieder mal für das eine oder andere Zwischenhoch.
Die Inflation der Verbraucherpreise ist das Ergebnis mehrerer Faktoren, zum Beispiel langjährige Hausse fast aller Rohstoffe, zunehmende Knappheit der Getreide-Anbauflächen durch Wassermangel, aber auch durch die Verdrängung wegen der Förderung von Biosprit-Rohstoffen, Ernteausfälle in Australien und Brasilien, Beeinträchtigungen durch das Klima weltweit, höherer Konsum an veredelten Produkten (vor allem in Schwellenländern wie China und Indien), leer gewordene Vorratslager in der EU usw. Fatal an jeder Inflation ist, dass sie zu Inflationserwartungen führt, die einen Nachfrageschub mit sich bringen, der wiederum die Inflation anheizt: Die Inflation nährt die Inflation. Auf Gold übertragen: Wird es erst einmal von der Masse der Anleger als Schutz vor Inflation entdeckt, kennt die Preisphantasie keine Grenzen. So weit ist es längst noch nicht.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist am 2.+3.11.2007 Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005) und das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007)
Bei welchem Preisniveau es zu dieser Konstellation kommen wird, lässt sich nicht seriös beantworten. 850 Dollar, der kurzzeitige Höchststand (nominal) vom Januar 1980, sind ebenso möglich wie "nur" 800 Dollar. Oder aber auch 1000 Dollar und mehr. Besuchen Sie doch einfach die Internationale Edelmetall- & Rohstoffmesse am 2. und 3. November in München (Einzelheiten: www.goldseiten.de). Dort können Sie dann die Optimisten hören. Allerdings sollten Sie danach, von Prognosen bis zum hohen vierstelligen Bereich beduselt, mit jedweder Entscheidung wenigstens ein paar Tage warten. Denn der Goldpreis wird nicht den Prognosen der Gurus folgen, sondern den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Wie die funktionieren, konnten Sie ebenfalls in der abgelaufenen Woche erleben: Die Volatilität, also die Intensität der Schwankungen, nahm im Rahmen des erneut einsetzenden Aufwärtstrends zeitweise dramatisch zu - zwar nichts für schwache Nerven, aber nach aller Börsenerfahrung ein Zeichen dafür, dass der zwischenzeitliche Preisgipfel noch nicht erreicht ist.
Zwei Faktoren imponieren mir an der jetzigen Goldhausse ganz besonders: 1. die erst allmähliche Beschleunigung mit vielen Unterbrechungen, sprich Gewinnmitnahmen, und 2. die differenzierte Entwicklung der Edelmetallaktien. Der zweite Punkt lässt sich am besten mit den Kursausschlägen von Barrick Gold und Newmont Mining, weltweit Nummer eins und Nummer zwei unter den Goldkonzernen, vom vergangenen Mittwoch belegen: Während der Barrick-Kurs sich trotz der plötzlich einsetzenden Goldpreiskorrektur wieder fangen konnte, rauschte der Newmont-Kurs um rund 6% nach unten, weil das Management Probleme mit den Kosten und den Goldreserven zugeben musste. Etwas Ähnliches wie den Aktionären von Newmont war übrigens schon am 17. September denen von Endeavour Silver widerfahren, einem kanadischen Silberexplorateur mit Lagerstätten in Mexiko (und vielen deutschen Fans): erst enttäuschende Prognosen zu den Silbervorkommen, daraufhin direkt ein scharfer Kursrückgang. Im Gegensatz dazu behielt die Aktie des Royalty-Silberkonzerns Silver Wheaton ihren Aufwärtstrend bei.
Der Preis des Silbers hinkt dem des Goldes hinterher. Über die Ursachen kann man geteilter Meinung sein, weil mal die eine, mal die andere Ausschlag gebend ist: viel kleinerer Markt, damit im Zusammenhang höhere Volatilität (auch im Rahmen eines Aufwärtszyklus, wie jetzt), mehr Industriemetall als sicherer Hafen, keine Funktion als internationale Währungsreserve, geringeres Volumen von Silber-ETF (Exchange Traded Funds, also börsengehandelte Fonds) im Vergleich zu Gold-ETF usw. Man sollte die Differenzierung indes nicht übertreiben und vorsorglich in beiden Metallen und/oder in den interessantesten Aktien beider Segmente engagiert sein.
Eine Frage, die ich immer wieder vor allem von Seiten so genannter Normalanleger gestellt bekomme, lautet etwa wie folgt: Warum soll man unverzinsliches Gold (und Silber) verzinslichen Wertpapieren vorziehen? Eine berechtigte Frage. Sie lässt sich nur in Verbindung mit dem Timing beantworten: 1. Zur richtigen Zeit seit 2001 während der zwischenzeitlichen Konsolidierungsphasen gekauft, brachten die Edelmetalle - auch in Euro - einen höheren Gewinn als Anleihen und Immobilien (hier von Ausreißern nach oben abgesehen), konnten aber mit den Kurgewinnen der meisten Aktien aus DAX, Dow Jones und Co. nicht mithalten. 2. Jetzt und in den kommenden Konsolidierungsphasen gekauft, fungieren sie als Ausgleich für den Geldwertschwund, sprich Inflation. Diese ist inzwischen bei den Nahrungsmittelpreisen angekommen, weshalb ich Ihnen den - auch deutschsprachigen - Monatsbericht der Europäischen Zentralbank vom September zur Lektüre empfehle, der auf dieses Thema eingeht.
Die Frage, warum der Goldpreis schon seit 2001 steigt und nicht erst jetzt, bei sich anbahnender Inflation der Verbraucherpreise (und nachdem die so genannten Assets, wie Aktien oder Immobilien, bereits inflationiert worden sind), lässt sich im Nachhinein einfach beantworten: Während der ersten Jahre des Aufwärtstrends war vor allem das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage der große Preistreiber: Die Minen hatten zu wenig in die Erschließung neuer Goldvorkommen investiert; einige Konzerne, sinnigerweise unter Führung von Barrick, mussten ihr Hedging (Vorabverkäufe) ins Gegenteil umkehren; die Zentralbanken begrenzten ihre Goldverkäufe und -verleihungen; seit 2003 traten ETF verstärkt als Käufer auf; und Spekulanten sorgten immer wieder mal für das eine oder andere Zwischenhoch.
Die Inflation der Verbraucherpreise ist das Ergebnis mehrerer Faktoren, zum Beispiel langjährige Hausse fast aller Rohstoffe, zunehmende Knappheit der Getreide-Anbauflächen durch Wassermangel, aber auch durch die Verdrängung wegen der Förderung von Biosprit-Rohstoffen, Ernteausfälle in Australien und Brasilien, Beeinträchtigungen durch das Klima weltweit, höherer Konsum an veredelten Produkten (vor allem in Schwellenländern wie China und Indien), leer gewordene Vorratslager in der EU usw. Fatal an jeder Inflation ist, dass sie zu Inflationserwartungen führt, die einen Nachfrageschub mit sich bringen, der wiederum die Inflation anheizt: Die Inflation nährt die Inflation. Auf Gold übertragen: Wird es erst einmal von der Masse der Anleger als Schutz vor Inflation entdeckt, kennt die Preisphantasie keine Grenzen. So weit ist es längst noch nicht.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist am 2.+3.11.2007 Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005) und das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007)