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Goldpreis knackt die 290 $/oz-Marke

10.02.2002  |  Martin Siegel
Angetrieben von der Ankündigung der Anglogold, die Vorwärtsverkäufe deutlich zu reduzieren, stieg der Goldpreis über die Marke von 290 $/oz. Wir haben immer wieder auf die Bedeutung dieser Marke hingewiesen, da die Bank of England genau bei diesem Goldpreis am 7. Mai 1999 ihre Goldauktionen bekannt gab. Weniger wichtig ist dabei die Funktion der Bank of England als Verkäufer des britischen Goldes. Vielmehr koordiniert die Bank of England die Goldverleihungen von über 60 Zentralbanken weltweit und hat damit vielfältige Manipulationsmöglichkeiten, die den physischen Goldmarkt betreffen. Daß der Goldpreis sich nun seit dem 5. Februar 2002 über der 290 $/oz-Marke hält, bestätigt das Scheitern der Bank of England bei der Manipulation des Goldpreises.

Nicht nur die umfangreichen Käufe verängstigter japanischer Anleger scheinen der Bank of England dabei Probleme zu bereiten. Auch aus Deutschland bekommen wir aus verschiedenen Ecken Hinweise darauf, daß der physische Goldmarkt nahezu ausgetrocknet ist und größere Goldkäufe nur mit mehrtägigen Wartezeiten durchzuführen sind. Banken melden im Vergleich zum Vorjahr verzehnfachte Umsätze. Zeitweise waren die 1-kg Barren der Degussa nicht mehr erhältlich. Von der psychologischen Seite erscheint bemerkenswert, daß das aus Angst vor einer Bankenkrise gekaufte Gold japanischer Anleger dem Markt sicherlich sehr langfristig nicht mehr zur Verfügung stehen wird.

Ein weiterer Aspekt ist für die Goldpreisentwicklung der nächsten Wochen bedeutsam. Alle der am Goldhandel beteiligten Investmentbanken scheinen angeschlagen zu sein. Vor allem JP Morgan ist von den Schieflagen bei Enron und Tyco erheblich betroffen. Zusätzlich droht Abschreibungsbedarf in Argentinien und sicherlich an vielen anderen Stellen, die der Öffentlichkeit noch unbekannt sind. Auch die Deutsche Bank erlitt im Dezemberquartal erhebliche Verluste und wirkt angeschlagen. Bei den Investmentbanken Goldman Sachs und der Hongkong und Shanghai Banking dürfte die geschäftliche Entwicklung ähnlich dramatisch sein. Da die Bonität dieser Banken abnimmt, wird es für die Zentralbanken zunehmend riskanter mit diesen Banken Goldleihgeschäfte einzugehen, da für die Goldleihen sicherlich ein AAA-Rating vorausgesetzt wird. Bei den Zentralbanken müssen daher die Alarmglocken läuten, da hier in den entsprechenden Abteilungen zunehmend erkannt wird, daß das Gold von den Investmentbanken niemals zurückgegeben werden kann und daß die Goldleihe ein unverantwortlicher Schwachsinn ist, der den Investmentbanken nur kurzfristig einige Zinsgewinne ermöglicht hat. Auf der anderen Seite erhöhen die Goldproduzenten mit dem Wunsch, die Vorwärtsverkäufe einzudecken, den Druck auf die Investmentbanken, die sich ihrerseits mit den Vorwärtsverkäufen der Goldproduzenten gegenüber den Zentralbanken abgesichert haben. Da es für die Investmentbanken unmöglich ist, Gold am Markt zu erwerben, ohne daß es zu einer Goldpreisexplosion kommt und ihre Geschäfte aus den Goldleihen zusammenbrechen, bleibt ihnen nur noch der Aufbau eigener spekulativer Shortpositionen, die das Fundament der sowieso angeschlagenen Investmentbanken weiter aushöhlen.

Noch haben die Investmentbanken die Kontrolle über den Goldpreis nicht endgültig verloren. Doch jeder Tag, an dem der Goldpreis über der 290 $/oz-Marke notiert, macht die ausweglose Situation der Investmentbanken deutlicher, die jetzt zwischen den Zentralbanken und den Goldproduzenten förmlich zerrieben werden. Die Hilfestellung der Bank of England aussichtslose Situation der Investmentbanken durch die Goldauktionen abzumildern, muß als völlig gescheitert angesehen werden.

Der weitere Goldpreisanstieg, der den Zusammenbruch der weltweit größten Investmentbanken zur Folge haben könnte, ist nur unter der Annahme abstruser Voraussetzungen zu verhindern. Dies wäre beispielsweise ein Atomkrieg zwischen Pakistan und Indien, der die Goldnachfrage der gesamten Region einbrechen lassen würde. Dabei wäre allerdings nicht kalkulierbar, ob nicht ein Anstieg der Goldnachfrage in anderen Regionen den Nachfrageeinbruch ausgleichen würde. Teile der US-Politik arbeiten massiv auf eine Kriegslösung hin. Eine weitere Möglichkeit, einen Goldpreisanstieg zu verhindern, wäre ein plumpes Verbot für privaten Goldbesitz, wie es in den USA zwischen 1933 und 1975 unter hohe Strafe gestellt wurde. Dabei ist jedoch nur schwer vorstellbar, daß ein Goldbesitzverbot weltweit durchgesetzt werden kann. Die sauberste Lösung für die Investmentbanken wäre es, einen Goldpreisanstieg zuzulassen und im Vorfeld massive Investments in Goldaktien zu tätigen. Die Gewinne aus diesen Engagements könnten dann bei einem Goldpreisanstieg die Verluste aus den Goldleihen ausgleichen. Zusätzlich könnten die dann boomenden Goldminen bei einer steigenden Produktion die Schieflagen aus den offenen Shortpositionen ausgleichen.

Nach dem Durchbruch der 290 $/oz-Marke befindet sich der Goldpreis in einem klaren Aufwärtstrend. Die Goldminenaktien haben diesen Aufwärtstrend durch sprunghafte Kursgewinne bestätigt. Da die Goldaktien wegen der Marktenge relativ weit vorgelaufen sind, müssen deutlichere Kursrückgänge einkalkuliert werden, falls der Goldpreis den Anstieg für einige Tage unterbricht. Grundsätzlich bieten sich bei rückläufigen Aktienkursen der Goldminen Einstiegsmöglichkeiten, die genutzt werden sollten, um das Depot abzurunden und um neuen Positionen aufzubauen. Wir gehen davon aus, daß kein Tradingpotential besteht, da das Abwärtspotential beim Goldpreis auf etwa 292 $/oz begrenzt sein sollte. Erst wenn der Goldpreis die 290 $/oz Marke wieder nach unten durchbricht, empfehlen wir, größere Positionen abzubauen, um zu niedrigeren Kursen wieder einsteigen zu können.



© Martin Siegel

Quelle: Auszug aus "Der Goldmarkt", Ausgabe 04/2002









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