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Gegen den Schweinzyklus

14.10.2007  |  Manfred Gburek
Vom Montag bis Mittwoch habe ich die auf Gewerbeimmobilien spezialisierte Messe Expo Real in München besucht. Um gleich auf den Punkt zu kommen: Zum zehnjährigen Jubiläum hat sie sich intensiv den Themen Klimaschutz und Demografie gewidmet. Warum ich das erwähne? Weil Bundeskanzlerin Merkel sich erst vor wenigen Wochen publikumswirksam vor Eisbergen in Grönland fotografieren ließ und weil in der SPD-Spitze nun immer heftiger über die Altersvorsorge gestritten wird. Wie hängt das alles zusammen? Ganz einfach: Der Klimaschutz läuft auf ein Konjunkturprogramm hinaus, und die private Altersvorsorge könnte einen weiteren kräftigen Anschub vertragen.

Würden nun alle Menschen Einsicht und Weitsicht beweisen, müssten sie von selbst auf die Idee kommen, ihre SUV-Dreckschleudern gegen U-Bahn-Tickets zu tauschen und privat fürs Alter vorzusorgen. Weil die meisten aber nicht so ein- und weitsichtig sind, helfen die Politiker nach. Und weil jede politische Willenserklärung von den Wünschen mächtiger Lobbygruppen begleitet wird, kommt es zum Schulterschluss zwischen Politikern und Lobbyisten. Ergebnis: Energieausweis und Reform der Reform der Rente mit 67.

Wer wird am Ende die Rechnung bezahlen? Umweltminister Gabriel, der bei der Grönland-Tour neben seiner Chefin Merkel medial nicht so recht zum Zuge kam, hat im Spiegel-Interview bereits eine Zielgruppe ausgemacht: Hauseigentümer, die nicht genug Energie einsparen, sollen dafür büßen. Der Minister kann ja darauf bauen, dass sie eine schlechte, zersplitterte Lobby haben. Falls er mit seinem Vorschlag durchkommt, könnten - theoretisch - die Hersteller von Dämmmaterial und Heizkesseln über eine Auftragsflut jubeln. Oder - praktisch - die Hauseigentümer, von dürftigen Renditen und zahlungsfaulen Mietern frustriert, ihr Dasein als Vermieter beenden, indem sie ihre Bestände an so genannte Heuschrecken verkaufen. Am Ende werden wahrscheinlich die Mieter die Rechnung bezahlen, Sozialämter inbegriffen.

Und wie steht es um die Renten-Rechnung? Diese Frage lässt sich heute nur so beantworten: Je nachdem, an welchem Schräubchen die Politiker noch drehen werden, dürften mal die Rentenzahler, mal die Rentenempfänger belastet sein. Mit zunehmender Überalterung der Wähler werden die Politiker indes immer mehr darauf bedacht sein, den Rentnern Gutes zu tun. In welcher Form, bleibt zwar noch offen; aber vom Pflege-Cent bis zur Umwandlung des Neue-Bundesländer-Soli in einen Alters-Soli ist alles möglich.

Eines der bedenkenswertesten Bonmots der Expo Real-Messe stammt von Ulrich Pfeiffer, Chef der Berliner Forschungsgesellschaft empirica: "Das Problem ist nicht grün, sondern grau." Er meint damit sinngemäß: Klimaschutz schön und gut, doch an der Vorsorge gegen die Überalterung führt kein Weg vorbei. Oder auf Immobilien, speziell auf Wohngebäude, übertragen: Altersgerechte Wohnungen sind wichtiger als solche, die sich nach den Kriterien für den Energieausweis richten. Leider ist diese Botschaft noch nicht hinreichend bei den Politikern angekommen. Offensichtlich sind sie der Meinung, dass man mit Argumenten für den Klimaschutz bei den Wählern besser punkten kann.

Was hier versäumt wird, lässt sich nicht so schnell wieder aufholen. Die Folgen sind absehbar: immer knapper werdende altersgerechte Wohnungen, wachsende Bürden für die Sozialämter und schließlich - in zwei bis drei Jahren - das nächste große Programm zur Förderung des entsprechenden Wohnungsbaus, das allerdings viel zu spät kommen wird. Auf die Landwirtschaft bezogen, nannte man früher so etwas Schweinezyklus: Niedrige Fleischpreise brachten die Schweinezucht fast zum Erliegen; daraufhin stiegen die Fleischpreise wegen des niedrigen Angebots so sehr, dass die Bauern mehr Schweine züchteten; irgendwann danach war der Fleischmarkt gesättigt, sodass die Preise wieder fielen, und so weiter.

Gegen diesen Vergleich lassen sich natürlich einige Argumente ins Feld führen: Während der Markt für Schweinefleisch einigermaßen homogen ist, unterscheiden sich Mietwohnungen durch Lage, Größe und Ausstattung. Schweinefleisch ist verderblich, was man von Wohnungen nur sagen kann, wenn sie leer stehen oder von Mietnomaden zerstört werden. Und während der Schweinezyklus nur einige Jahre anhält, kann der Wohnungszyklus sich Jahrzehnte in die Länge ziehen, wozu nicht zuletzt auch die Politiker in erheblichem Umfang beitragen.

Wenn ich wetten sollte, ob sich in den kommenden Jahren mit Klimaschutzaktien oder Mietwohnungen mehr Geld verdienen lässt, würde ich beim Timing erst auf das Klima und in etwa zwei Jahren auf den Wohnungsbau setzen. Für Anlagen in beiden Bereichen benötigen Sie jedoch ein Gespür für die richtigen Teilmärkte, sehr viel Zeit und im Endeffekt auch jede Menge Geld. Im Übrigen können Sie sich vorstellen, dass jetzt noch mein "ceterum censeo" kommt ("außerdem bin ich der Meinung"): Wenn Sie das von empirica-Chef Pfeiffer in den Vordergrund gerückte "graue" Problem lösen wollen, sind Sie mit Goldmünzen und -barren im Zweifel am besten bedient. Und wenn Sie obendrein auch noch das "grüne" Problem lösen möchten, kaufen Sie vorsorglich ein Stück Land, auf dem Sie alles für den eigenen Bedarf Lebensnotwendige anbauen. Dann bleibt Ihnen jeglicher Schweinezyklus erspart.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist am 2.+3.11.2007 Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005) und das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007)



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