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Droht uns der große Crash? Interview mit Roland Leuschel

23.10.2007  |  Rohstoff-Spiegel
Roland Leuschel, ehemaliger Stratege und Direktor der Banque Bruxelles Lambert, wurde 1937 in der Pfalz geboren und studierte an der TU in Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwesen und nach seinem Examen Volkswirtschaft an der Freien Universität Berlin. Als "Crash-Prophet" machte er sich einen Namen, nachdem er 1987 einige Monate zuvor den Oktober-Crash vorausgesagt hatte. Roland Leuschel ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem schrieb er mit Jack Kemp, dem Vater der amerikanischen Steuerrevolution, die europäische Version des Buchs „Die amerikanische Idee – Wachstum, unsere Zukunft" sowie zuletzt im Jahr 2004 zusammen mit Claus Vogt „Das Greenspan Dossier". Heute pendelt er zwischen seinem Wohnsitz an der portugiesischen Algarve sowie Brüssel und Starnberg und schreibt weiterhin in der internationalen Presse.


Rohstoff-Spiegel: Der DAX und die anderen großen Aktienmärkte haben sich in den vergangenen Wochen wieder stark erholt und befinden sich wieder auf neuen Rekordständen. War’s das nun schon, oder steht der eigentlich Crash erst noch bevor?

Roland Leuschel: Für einen der erfolgreichsten Fondsmanager unserer Zeit, Miller vom Mason Value Trust, dem es gelang seit 1991 bis 2005 15 mal in Folge den Standard & Poors 500 zu schlagen, ist die Krise vorbei, und er hat bereits wieder Aktien dazugekauft. Für mich steht der eigentliche Crash noch bevor, und die Krise um den so genannten Subprime Hypothekenmarkt war nur die Ouvertüre.


Rohstoff-Spiegel: Was sind die fundamentalen Hintergründe für einen Crash? Die Wirtschaft brummt laut aktueller Daten immer noch überwiegend. Sind es dieselben wie 1987?

Roland Leuschel: Es sind die Ungleichgewichte, die zu einem Crash führen, und es gibt jede Menge von Parallelitäten zu 1987: Immobilienblase, Anschwellen des US-Budgetdefizits, Verfall des US-Dollars, Anschwellen des Leistungsbilanzdefizits und ... ein neuer Chef bei der Fed, damals war es Greenspan, heute ist es Bernanke.


Rohstoff-Spiegel: In diesem Jahr wiederholt sich der Schwarze Montag von 1987 zum 20. Mal, dies hinterlässt nach den Kursverlusten der vergangenen Woche bei vielen Anlegern ein mulmiges Gefühl.

Roland Leuschel: Ich teile das mulmige Gefühl und befürchte ein Jahrzehnt, dass dem der 70er Jahre gleicht, steht vor der Tür.


Rohstoff-Spiegel: Sie rechnen damit, dass der kommende Crash deutlich größer sein wird als die vorangegangenen und eine nachhaltige Dimension jenes von 1929 erreichen könnte. Warum sollte es nach dem nächsten Crash nicht einfach wieder weiter bergauf gegen?

Roland Leuschel: Nach jedem Crash geht es wieder aufwärts, die einen lecken ihre Wunden, die anderen gehen mit ihrem Cash zum Einkaufen an die Aktienbörse. Je tiefer der Fall, desto höher sind die Renditen anschließend. Seit dem Crash vom Oktober 1987 ist das durchschnittliche jährliche Wachstum des S&P500 8,1%, also erheblich über dem normalen Wachstum von real 3 bis 4% pro Jahr.
Der kommende Crash wird in seiner Dimension alles bisher geschehene in den Schatten stellen. Es wird aber ein Salami-Crash, d.h. es wird scheibchenweise gehen.


Rohstoff-Spiegel: Gründe für einen groß angelegten Crash scheint es genug zu geben, doch welches Ereignis wäre geeignet um als Auslöser für den tatsächlichen Crash zu fungieren?

Roland Leuschel: Weiss ich nicht, ich bin ja schließlich kein Prophet. Aber wahrscheinlich kommt er aus einer Ecke, die niemand vermutet, z.B. wenn es sich durch eine Indiskretion herausstellen sollte, dass in Wirklichkeit auch die amerikanische Notenbank das Gold verliehen hat, um es auf diesem Wege am Markt zu verkaufen und den Preis des Goldes zu senken. So etwas könnte das restliche Vertrauen in den US-Dollar zerstören.


Rohstoff-Spiegel: Wie sollte der Ablauf eines solchen Crashs aussehen? Ist danach mit einer deflationären oder eher hyperinflationären Entwicklung zu rechnen?

Roland Leuschel: Beides ist möglich, vielleicht zu Beginn in der ersten Phase eine deflationäre Entwicklung und anschließend eine hyperinflationäre.


Rohstoff-Spiegel: Blick man auf die Verwerfungen anlässlich der aktuellen Hypotheken- und Geldmarktkrise zurück, so könnte man meinen, die Zentralbanken werden im Extremfall wieder alles unternehmen um die Party zu verlängern. Welche Bedeutung spielt der Moral-Hasard an den Märkten? Wann könnte das Pulver für Interventionen verschossen sein?

Roland Leuschel: Greenspan und Bernanke sind für die Akteure an den Finanzmärkten eine Art Vollkaskoversicherung gegen Crashs. Es könnte aber sein, dass die Versicherungsprämien zu teuer werden.


Rohstoff-Spiegel: Am deutschen Aktienmarkt ist derzeit vieles zu sehen, aber keine überschäumende Euphorie wie im Jahr 2000 oder in zurzeit in China. Kann es zu einem massiven Kurseinbruch kommen obwohl die Masse noch gar nicht am Markt ist?

Roland Leuschel: Es stimmt, dass der deutsche Anleger sich zum Teil massiv von Aktienfonds getrennt hat. Aber wir wissen nicht, was er damit getan hat. Außerdem entscheiden an den Märkten die Großanleger, und das sind mittlerweile Pensionsfonds, Versicherungen, Hedge-Fonds, die asiatischen Zentralbanken, Petrodollar Anleger und Beteiligungsunternehmen. Wenn man sich überlegt, dass allein die People"s Bank of China und die Bank of Japan über 2.000 Milliarden Dollar verwalten, wird klar, woher der Wind an den Aktienmärkten weht, auch in Deutschland.


Rohstoff-Spiegel: Angesichts solch düsterer Zukunftsaussichten stellt man sich als Anleger natürlich die Frage, wie man sein Geld am besten investieren sollte? Gibt es neben Gold als sicheren Hafen überhaupt Alternativen? Welche Auswirkungen hätte ein großer Crash auf die Banken in Europa?

Roland Leuschel: Wenn jemand den Mut hat, angesichts all dieser Tatsachen sein Vermögen in eigene Hände zu nehmen und zu verwalten, dann sollte er alte, erprobte Grundsätze nicht vergessen. Einer dieser Grundsätze stammt von den Rothschilds: Verkaufe, wenn die Violinen in den Strassen spielen und kaufe, wenn die Kanonen auf den Schlachtfeldern donnern. Ein Crash an der Aktienbörse kommt immer unverhofft. Wenn also im Moment die Aktienkurse weltweit auf dem Höhepunkt sind, und es keinen Crashpropheten mehr gibt, dann sollte der Anleger nachdenklich werden... und entsprechend handeln.


© Rohstoff-Spiegel

Roland Leuschel ist am 2. und 3.11.2007 Key-Speaker auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Greenspan-Dossier" (2007)



Dieser Artikel ist bereits vorab im Rohstoff-Spiegel 21/2007 erschienen. Der Rohstoff-Spiegel liefert Ihnen alle 14 Tage umfangreiches Hintergrundwissen, Interviews, Produktvorstellungen und Anlageempfehlungen für Gold, Silber & Co. Profitieren auch Sie vom Megatrend Rohstoffe und melden Sie sich noch heute kostenlos für den Rohstoff-Spiegel auf www.rohstoff-spiegel.de an.



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