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Ketzerische Anmerkungen zum Geld und Gold

28.10.2007  |  Manfred Gburek
Im Folgenden geht es um das Thema Geld nach dem Motto "Geld ist, was gilt". Also auch um das, was Ihr Geld beeinflusst: Banken, Demografie, Finanzkrise, Fonds, Immobilien, Inflation, Klimawandel, Öl, Rating, Rohstoffe, SPD, Zertifikate ... Auf geht´s.

Der SPD-Parteitag dient in erster Linie dazu, die nächste Bundestagswahl zu gewinnen. Weil dann jeder Millionär ebenso nur eine Stimme haben wird wie jeder um seinen Job bangende Arbeitnehmer oder jeder Arbeitslose und weil die Zahl solcher Arbeitnehmer einschließlich der Arbeitslosen viel höher ist als die der Millionäre, versuchen alle Parteien bei der Masse der Bevölkerung zu punkten. Wie die SPD mit dem Arbeitslosengeld I, dessen Verlängerung die Heinzelmännchen bezahlen sollen.


Kasperltheater und Kabarett

Der Immobilienverband IVD ist zwar nur einer von sehr vielen in seinem Metier, zieht aber eine Show ab, als sei er der einzige. Jetzt hat er die Inflation als Anlagemotiv entdeckt - und lässt Gold im Vergleich zu Immobilien schlecht aussehen: 1. Weil Gold "in US-Dollar abgerechnet" wird, 2. weil Gold "keine laufenden Renditen" bringt und 3. weil es "sehr viel volatiler als Immobilien" sei. Danach führt der IVD als "wichtigste aktuelle Motive für die Immobilie als Kapitalanlage" gleich fünf auf: "Altersvorsorge, Schutz vor Geldentwertung, krisensichere Anlage, Aussicht auf Wertsteigerungen, steuerliche Gesichtspunkte". Tri tra trulala, jetzt kommt nach zwölf Jahren Krise am deutschen Wohnungsmarkt, nach Mietminderungsorgien, rasant gestiegenen Zwangsversteigerungen, notleidenden Immobilienfonds, gekappten Abschreibungssätzen und einer längst noch nicht ausgestandenen Hypothekenkrise zusätzlich zur Show auch noch das Kasperltheater.

Die Goldhausse fordert die Banken heraus. Denn das Edelmetall hat aus ihrer Sicht zwei gravierende Nachteile: 1. Sie können an den niedrigen Aufschlägen für den Kauf von Barren und Anlagemünzen kaum Geld verdienen. 2. Viele Kunden schließen es im heimischen Safe weg, vergraben es im Garten oder verstecken es sonst wo, sodass den Banken das Folgegeschäft fehlt. Dadurch erklärt sich die penetrante Reklame für Zertifikate. Denn zum einen lassen sich hier, den Kunden oft verborgen, allerlei Gebühren, Provisionen (oder wie sie sonst noch heißen mögen) unterbringen. Und zum anderen sind Zertifikate handelbar, sorgen also für einen permanenten Geldfluss - bei den Banken, versteht sich.

Die EU-Richtlinie MiFID (Markets in Financial Instruments Directive) kann nach ihrer Umsetzung in deutsches Recht vom 1. November an ihre Wirkung zeigen. Sie soll dem Anlegerschutz dienen, was prinzipiell zu begrüßen ist. Aber einige Knackpunkte zeigen, dass auf Kunden und Berater Probleme zukommen. Beispiel Kickback: Zwar prinzipiell nicht zugelassen, aber über die Verbesserung der "Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung" doch erlaubt, ist die Auskunft über diese Rückvergütung, etwa von einer Fondsgesellschaft an Bankzweigstellen oder an den sonstigen Vertrieb, im Zweifel nur "auf Nachfrage" zu erteilen. Beispiel freie Fondsvermittler: Sie sind weitgehend (sofern sie nur Fonds verkaufen) von den MiFID-Vorschriften ausgenommen. Beispiel beste Ausführung von Aufträgen: Ziel ist hier "das bestmögliche Ergebnis" für Kunden. Das gilt allerdings nicht für den Vertrieb von Fonds: Banken, Sparkassen, Finanzvertriebe und andere Fondsverkäufer dürfen sie folglich auch in Zukunft mit happigen Ausgabeaufschlägen (Provisionen) verkaufen, auch wenn Kunden sie viel preiswerter über Börsen beziehen können.

Norbert Blüm tingelt als Kabarettist durch die Gegend. Der ehemalige Sprücheklopfer ("Die Renten sind sicher") und Vorzeigeminister der CDU in Sachen Soziales müsste längst ein allgemeines Auftrittsverbot haben. Denn auf ihn geht die umlagefinanzierte gesetzliche Pflegeversicherung zurück, die der Freiburger Professor Bernd Raffelhüschen schon vor zwei Jahren als "die größte tickende Zeitbombe unseres gesamten Sozialsystems" bezeichnete. Seitdem hat dem Wissenschaftler niemand ernsthaft widersprochen. Schon gar nicht aus Kreisen der so genannten Finanzdienstleister, und das hat einen triftigen Grund: Die Altersvorsorge ist für sie die reinste Geldmaschine. Das heißt, dieses Zauberwort (Vermittler mit der Holzhammermethode verwenden lieber Begriffe wie "drohende Versorgungslücke" oder "Altersarmut") fungiert nebst Riester-Rente als Türöffner. Nachdem die Tür geöffnet ist, kommen die als Berater auftretenden Verkäufer der Finanzbranche sofort zur Sache: mit Hard-Core-Denglisch ("Best Ager" für über 50jährige, "Financial Planning" für Fonds- und Fondspolicenverkauf, "Rating" oder "Award" für Verkaufshilfe usw.). Über den so behandelten Kunden wird man in einigen Jahren ein Kabarett aufführen können. Oder einen Film drehen: mit dem Titel "Der denglische Patient".


Es grünt zu grün...

Der deutsche Fondsverband BVI führt in seinem Heft "Investment 2006" nicht weniger als 15 Anbieter von Fondsratings auf. Die Gefahr, dass eine Fondsgesellschaft nicht irgendeine Auszeichnung bekommt, ist also praktisch gleich null. Das sollten Sie als Kundin oder Kunde bedenken, wenn Ihr Berater Ihnen demnächst einen Fonds verkaufen will, der mit dem rosa Bären für beste Performance in der Gruppe Emerging Markets unter Beachtung der günstigsten Sharpe Ratio ausgezeichnet wurde. Oder der zu einer Gesellschaft gehört, die den Gesamtsieg für 20 Jahre mit dem geringsten Managerwechsel davontrug.

Die Scope Holding beschäftigt sich mit dem Rating, sogar mit dem von Klimazertifikaten. Ihr Chef Florian Schoeller ließ sich kürzlich von seinem eigenen Report zu diesem Thema interviewen. Offenbar waren ihm einige von den Zertifikaten so zuwider, dass er die Leser seine Abneigung gegen solche Finanzprodukte schon in der Überschrift spüren ließ: "Den Basket trendig labeln - und ab in die Produktpipeline". Fazit: Kanak Sprak, und ab in den Deutschkurs.

Es grünt so grün, dass nun auch das Mittelstandsmagazin impulse in der November-Ausgabe mit dem Titel "Milliardenmarkt Klimaschutz" daherkommt, einschließlich Zusatz "Verdienen Sie mit!" Das Blatt hat natürlich recht, zumal der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore für seine Verdienste um eine saubere Welt den Friedensnobelpreis erhalten und damit den Profiteuren der Klimahysterie zusätzliche Eintragungen in den ohnehin schon dicken Auftragsbüchern beschert hat. Das Schöne daran, allerdings primär aus deren Sicht: Kaum jemand wagt gegen den Klimaschutz zu sein, und die Zeche werden am Ende die Verbraucher zahlen (zum Beispiel über drastisch steigende Mieten, irgendwelche Öko-Abgaben usw.), ohne es jetzt schon zu ahnen.


... und läst sogar Gold in neuem Glanz erstrahlen

Womit wir abschließend beim Thema Inflation angekommen sind - und das in einer Zeit mit neuem Ölpreisrekord. Man braucht nur die Entwicklung der Mieten, Steuern, Abgaben, Frachtraten, Rohstoff-, Energie- und Lebensmittelpreise für die nächste Zeit weiter zu rechnen, um zum Ergebnis zu kommen, dass Bundesbank-Chef Axel Weber mit seiner jüngsten Inflationswarnung eher unter- als übertrieben hat. In Zeiten mit relativ stabilem Geld ist Gold in erster Linie eine Ware, in Inflationszeiten ist es Geld, das gilt. So gesehen, spiegelt der steigende Goldpreis zum einen die bereits gestiegenen Preise (beispielsweise für Öl und Industriemetalle) wider, zum anderen die Inflationserwartungen. Was diese betrifft, sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Das macht die Vorhersage des Höhepunktes beim Goldpreis im Rahmen des jetzigen Aufwärtszyklus wie auch die Bestimmung seines Zeitpunktes unmöglich. Wer das Gegenteil behauptet, phantasiert. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen eine phantastische Edelmetall- & Rohstoffmesse am 2. und 3. November in München.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist am 2.+3.11.2007 Moderator auf der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" in München und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005) und das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007)



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