Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Sinkendes Handelsbilanzdefizit und steigender Dollar

13.11.2007  |  Jochen Steffens
Sehen Sie, es geht schon los: Das US-Handelsbilanzdefizit hat sich auf 56,5 Milliarden Dollar verringert. Das ist der niedrigste Stand seit zwei Jahren! Und wen wundert es, der Grund war: höhere Exporte (!), die sogar die höheren Importzahlen durch die gestiegenen Ölpreise kompensierten. Und tatsächlich beendete mit Veröffentlichung der Zahlen der Dollar gegenüber dem Euro zumindest erst einmal kurzfristig seine Talfahrt. Das ist genau das, was ich im Vorfeld beschrieben hatte.

Die Handelsbilanz berechnet sich aus dem Verhältnis zwischen Importen und Exporten.

Nun stellen Sie sich einfach vor, der Ölpreis würde jetzt sinken, während der Dollar einigermaßen konstant bleibt und es würde nicht mehr Öl importiert. Das hätte bei gleichbleibenden Exporten sofort zur Folge, dass sich das Handelsbilanzdefizit in den USA dramatisch verringern würde. Das Problem ist nur, Börse ist nicht statisch, da alles miteinander zusammenhängt.


Handelsbilanzdefizit wirkt sich stützend auf den Dollar aus

Wie man sieht, hat das gesunkene Handelsbilanzdefizit der USA den Dollar schon etwas gestützt. Das heißt, wenn das Handelsbilanzdefizit weiter sinken würde, könnte sich der Abwärtstrend des Dollars umkehren, und prompt hätten wir einen anhaltend steigenden Dollar. Doch so einfach ist das nicht:


Sinkender Ölpreis = höhere Importe

Ein steigender Dollar würde natürlich sofort auch den Ölpreis in Dollar sinken lassen. Ein sinkender Ölpreis führt aber dazu, dass sofort größere Ölkäufe getätigt würden, um die US-Lager wieder aufzufüllen. Das wiederum führt dazu, dass die Importe zunehmen, so dass der Währungseffekt überkompensiert würde. Steigende Importe würden sich jedoch wiederum belastend auf das US-Handelsbilanzdefizit auswirken.

Gleichzeitig würde auf der anderen Seite ein stärkerer Dollar sofort den US-Export belasten, mit der Folge, dass die Exporte zurückgehen.

Beides hätte dann wieder ein ansteigendes Handelsbilanzdefizit zur Folge.


Vom Kleinen zum Großen

Hiermit habe ich jedoch nur die kurzfristigen kleinen Amplituden beschrieben - die Faktoren, die sich direkt selbst und gegenseitig beeinflussen. Daneben gibt es aber auch noch die langsameren und größeren Zyklen. Der Dollar fällt bereits seit Jahren. Das bedeutet, die Exporte aus den USA werden bereits seit langer Zeit "unterstützt". Das müssen sie auch, denn die Konkurrenz der globalen Weltwirtschaft ist groß.


USA macht China Konkurrenz?

Man könnte sozusagen vereinfacht sagen: Der Dollar muss fallen, damit die USA auf dem globalisierten Weltmarkt konkurrenzfähig wird. Wenn der Dollar fällt, zahlen die US-Unternehmen ihren Mitarbeitern immer weniger an "realen" Wert (selbst wenn Löhne in Dollar steigen). Auf der anderen Seite müssen die Emerging Markets ihren Arbeitnehmern immer mehr Geld zahlen, da dort der Lebensstandard steigt.

Es wird also irgendwann einen Punkt geben, an dem der fallende Dollar und die entsprechenden Anpassungen in der US-Wirtschaft (Löhne, Inflation, etc) dazu führen, dass sich die Wettbewerbsvorteile der Emerging Market (insb. China) deutlich verringern. Dieser Effekt wird besonders dann verstärkt, wenn die Transportkosten zulegen. Und durch den extrem hohen Ölpreis ist das natürlich gerade für Waren, die per Schiff transportiert werden, der Fall.


Positiver Effekt

Also, der fallende Dollar macht die Exportwirtschaft der USA letzten Endes wettbewerbsfähiger. Er führt dazu, dass die Arbeitskosten in den USA real sinken, weil sich die US-Arbeitnehmer weniger von den verdienten Dollar kaufen können (Schade, hier wäre ein Vergleichsdiagramm US-Arbeitskraft / Unze Gold oder je Barrel Öl höchst interessant, hierzu habe ich aber keine Daten gefunden).

Zudem ist Inflation immer eine reale Enteignung der Gläubiger. Der fallende Dollar hat auch noch den positiven Effekt, dass die Schuldenlast in den USA „real“ abnimmt.


Doch es gibt nicht nur Positives

Leider beinhaltet die Entwertung einer Währung immer auch hohe Risiken. Natürlich werden Menschen und Notenbanken den USA nur noch sehr ungern oder zu hohen Zinsen Geld leihen wollen. Das erhöht die Refinanzierungskosten. Bei der hohen Schuldenlast der USA sind steigende Zinsen eine große Gefahr für den Haushalt der USA.

Das andere Problem ist, dass die USA als Investitionsraum an Bedeutung verliert. Aktuell erleben wir die Folge dieser Entwicklung in Europa. Während die amerikanischen Indizes massiv einbrechen, halten sich hier die Kurse vergleichsweise stabil. Das hat damit zu tun, dass die internationalen Anleger aus dem Dollar in den sicheren Euroraum fliehen. Hier sind sie vor der Dollarinflation geschützt und können eventuell noch Währungsgewinne mitnehmen.

Wenn aber in den USA die Investoren und Spekulanten wegbleiben, führt das zu fallenden Kursen, die wiederum zu einer schwächeren Wirtschaft führen können.

So zeigen sich aktuell sowohl die positiven, aber auch die negativen Auswirkungen der Dollarentwertung.


Ein bisschen Inflation unterstützt die Wirtschaft, zuviel davon zerstört sie.

Aus diesem Grund glaube ich eben nicht, dass noch viel Platz für Zinssenkungen in den USA ist und offenbar hat der Markt das nun langsam auch realisiert. Was aber passiert, wenn die Kurse in den USA weiter so dramatisch einbrechen...


© Jochen Steffens
Quelle: Auszug aus dem Newsletters "Investor´s Daily"



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"