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Platin, Palladium, Rhodium: Eine bereits fortgeschrittene Hausse

24.11.2007  |  Dr. Bruno Bandulet
Wer sich mit den Märkten für die Platinmetalle befaßt, muß sich darüber im klaren sein, daß sie kleiner und erratischer sind als der Goldmarkt und ein anderes Risikoprofil aufweisen. Die jährliche Nachfrage nach Platin macht mit gut 6,7 Millionen Unzen bzw. 208 Tonnen nicht einmal 10% der Goldnachfrage aus, die nach Palladium beträgt mit rund 6,6 Millionen Unzen nur unwesentlich weniger. Weil davon ein erheblicher Teil nicht am freien Markt, sondern über langfristige Verträge mit der Industrie abgesetzt wird, bleibt für die Investoren und Spekulanten wenig übrig. Das sind fast ideale Voraussetzungen für die Hedge-Fonds. Sie können mit wenig Kapitaleinsatz viel bewegen.

Kehrseite der Medaille ist, daß sich große Kaufpositionen manchmal schwer liquidieren lassen. Bestes Beispiel dafür ist die fast unglaubliche Palladiumhausse von 100 auf über 1000 Dollar je Unze und der nachfolgende Einbruch auf 150 Dollar. In diesen Jahren - ab 1997 - ging Palladium andere Wege als Gold und eignete sich eben deswegen gut zur Diversifikation eines Edelmetall-Portfolios, während die Platinzyklen eher den Goldzyklen ähnelten.

Gegenwärtig sieht es so aus, als ob die vier Edelmetalle wieder mehr im Gleichschritt marschieren. Das könnte sich ändern, wenn die USA in eine Rezession rutschen. Dann wären die weißen Metalle voraussichtlich stärker betroffen als Gold. Bis auf weiteres aber ist der Haupttrend von Platin und Palladium immer noch steigend.

Was müßte passieren, daß sich das ändert? Aus rein fundamentaler Sicht macht Platin den gesünderen Eindruck. Dem kürzlich erschienenen Bericht Platinum 2007 der Londoner Firma Johnson Matthey ist zu entnehmen, daß sich Angebot und Nachfrage jetzt im Gleichgewicht befinden, nachdem noch 2005 ein kleines Defizit gemeldet wurde. Das bedeutet, daß Impulse für erheblich höhere oder tiefere Preise jetzt im wesentlichen von der Seite der Investoren kommen müßten. Johnson Matthey prognostiziert deswegen für die nächsten sechs Monate eine Bandbreite zwischen 1.200 und 1.400 Dollar je Unze - vorausgesetzt, daß Rußland normal liefert, daß es in den südafrikanischen Minen zu keinen längeren Produktionsunterbrechungen kommt und daß sich die Position der Hedge-Fonds nicht markant ändert. Insgesamt wird für 2007 mit einem leichten Produktionsüberschuß gerechnet, der sich nach Meinung der Londoner Spezialisten eher in der zweiten Jahreshälfte auswirken dürfte.

Im Gegensatz zu Gold steigt die Platinförderung. Südafrika dominiert, und die Reserven der Minen reichen weitaus länger als die Goldreserven. Daß Platin eines Tages knapp werden könnte, ist schwer vorstellbar. Andererseits aber haben die beiden Großproduzenten Südafrika und Rußland mehr Möglichkeiten, auf die Preise Einfluß zu nehmen, während am Goldmarkt kein einzelner Anbieter eine herausragende Stellung hat.

Bekanntlich wird Platin hauptsächlich für Katalysatoren verwendet. Da die Dieselmotoren in Europa einen großen Marktanteil erobert haben, und da sich Platin in Diesel-Katalysatoren kaum durch Palladium ersetzen läßt, ist auf diesem Sektor eine anhaltende und sogar steigende Nachfrage garantiert. Die Substitution durch Palladium betrifft fast ganz die Benzinmotoren - ein Prozeß, der besonders in Nordamerika im vergangenen Jahr zu beobachten war und der sich auch 2007 fortsetzt.

Die eigentliche Schwachstelle ist die Schmucknachfrage. Sie ist preissensitiv, und sie ist 2006 zu-rückgegangen. Schließlich ist Platin, das noch in den neunziger Jahren manchmal nicht mehr als Gold kostete, inzwischen das mit Abstand teuerste Edelmetall - abgesehen von Rhodium.

Noch stärker litt 2006 die Palladiumnachfrage der Schmuckindustrie. Die großen Hoffnungen haben sich in dieser Hinsicht nicht erfüllt. Zwar bleibt China der wichtigste Markt für Palladiumschmuck (die Asiaten haben überhaupt ein Faible für bleiche Metalle), aber die auffallend starke Nachfrage 2004 und 2005 basierte zum großen Teil auf einem Lageraufbau der Hersteller - und diese Lager müssen seitdem abgebaut werden.

Ohnehin spricht die fundamentale Verfassung des Palladiummarktes seit dem Preissturz 2001 bis 2003 - für sich genommen - nicht für höhere Preise. Daß sie sich dennoch kräftig erholen konnten, lag an den spekulativen Aktivitäten. Auch 2006 war der Produktionsüberschuß erheblich. Die Lagerbestände stiegen weiter an. Mit anderen Worten: Die Substitution von Platin durch das billigere Palladium konnte das zunehmende Angebot nicht kompensieren. 2006 fiel die weltweite Nachfrage um 10%. Da war es hilfreich, daß sich Rußland als größter Produzent mit Verkäufen zurückhielt und erst Ende 2006 erhebliche Mengen in die Schweiz exportierte, die im laufenden Jahr nach und nach am Markt auftauchen werden. Wieviel Palladium der russische Staat noch auf Lager hat, ist auch guten Marktkennern ein Rätsel.

Somit ist Palladium noch mehr als Platin darauf angewiesen, daß die Hedge-Fonds sowie einzelne Großinvestoren, die sich engagiert haben, weil Palladium vergleichsweise billig ist, bei der Stange bleiben. Johnson Matthey schätzt, daß der Palladiumpreis in den nächsten sechs Monaten auf 420 Dollar ansteigen könnte - sofern die Fonds weiterhin den Überschuß absorbieren. Andererseits werde Palladium nicht unter 320 Dollar fallen - sofern etwaige Fonds-Verkäufe nicht "besonders drastisch" ausfallen. Vor kurzem hat die Zürcher Kantonalbank auch für Platin und Palladium börsennotierte Fonds aufgelegt. Wieviel Zuspruch sie finden, muß sich erst noch erweisen. Neue Fonds auf so engen Märkten sind immer eine heikle Angelegenheit.

Vermutlich sind die Palladium-Haussiers immer noch von der alten Preisspitze bei 1.000 Dollar fasziniert. Es wäre eine Überraschung, wenn der Preis in absehbarer Zeit dorthin zurückkehrt. Normalerweise wiederholt sich eine solche Übertreibung nicht schon nach ein paar Jahren - siehe die Preisgeschichte von Gold und Silber nach dem irrationalen Überschwang des Jahres 1980.

Der Star 2006 war Rhodium mit einer Preis-spitze bei 6.275 $ im Mai und einem Jahresgewinn von 85%. Noch 2003 befand sich der Markt im Überschuß, 2005 erreichte das Defizit 73 000 Unzen, 2006 laut Johnson Matthey nur noch 13 000 Unzen. Mit einem Gesamtangebot von 824 000 Unzen (das allermeiste davon aus Südafrika) macht der Rhodiummarkt mengenmäßig nur 1% des Goldmarktes aus. Iridium und besonders Ruthenium, die anderen Metalle der Platingruppe, konnten 2006 ebenfalls kräftige Preissteigerungen verzeichnen.

Fazit: Da der Aufwärtstrend von Platin und Palladium nach wie vor intakt ist, stufen wir beide Metalle als gute Halteposition ein. Ob sich neue Käufe jetzt noch wirklich lohnen, lassen wir offen. Zumindest ist im Verlaufe diesen Jahres eine gewisse Vorsicht angebracht, weil die weißen Metalle mehr als Gold auf den Wirtschaftszyklus reagieren und wohl auch von einer Rezession, die sich auf die USA beschränkt, betroffen wären.

Langfristig werden die drei Platinmetalle weiterhin vom Thema Umweltschutz und der entsprechenden Gesetzgebung profitieren. Am größten Automarkt, den USA, werden die Benziner zugunsten von Hybridfahrzeugen und Diesel-PKWs an Boden verlieren. Erstere, die vor allem von Toyota hergestellt werden, benötigen besonders viel Palladium, die Diesel-Katalysatoren Platin. Da das Kosten/Nutzen-Verhältnis der Diesel günstiger als das der Hybrid-Fahrzeuge ist, spricht einiges dafür, daß sich auch in den USA ein regelrechter Diesel-Boom entwickelt. Vor allem bei den schweren Fahrzeugen (SUVs) ist der Diesel unschlagbar. Die Umstellung in Nordamerika braucht allerdings Zeit und ist wohl erst für die Jahre nach 2010 zu erwarten.

Die Aktien der drei großen Produzenten befinden sich im Aufwärtstrend. Alle drei notieren deutlich über dem 200-Tage-Durchschnitt und korrigieren seit einigen Wochen. Die russische Norilsk Nickel (WKN: 676683) ist der weltgrößte Palladiumproduzent, dabei stark abhängig von den Nickelpreisen, die inzwischen ungemütlich hoch sind. Der steigende Trend bleibt auch kurzfristig intakt, solange das März-Tief bei 117,50 Euro nicht unterschritten wird. Die südafrikanische Anglo Platinum (WKN: 856547) notiert sehr hoch über der 200-Tage-Linie, die etwa bei 100 Euro verläuft. Als mentaler Stop-loss kann das März-Tief bei 97 dienen. Impala (WKN: 164676) bleibt charttechnisch positiv, solange das März-Tief bei 19 Euro nicht nachhaltig unterschritten wird. Beide südafrikanische Firmen profitieren sehr stark vom hohen Rhodiumpreis, der zuletzt bei 6.140/6.320 US$ notierte. Risiko: Ein billiger Ersatz für Rhodium - der ist freilich nicht in Sicht.

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© Bruno Bandulet
Quelle: Auszug aus Börsenbrief: GOLD&MONEY INTELLIGENCE, Ausgabe Juni/Juli 2007



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