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Thomas Andrieu: Warum Gold ein sicherer Hafen bleibt

27.08.2023
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Es ist unleugbar, dass die massive Geldschöpfung, die Hausse der Finanzmärkte und der Rückgang der Realzinsen zum Anstieg des Goldpreises beigetragen haben. Das ist jedoch keineswegs ein Beleg dafür, dass Gold in Krisenzeiten keinen Schutz bietet. Im Gegenteil: In zahlreichen Ländern mit Hyperinflation ist der Wert von Gold beträchtlich gestiegen. Zudem kaufen die Zentralbanken selbst Rekordmengen an Gold und die Inflation zwingt die Institutionen dazu, sich mit Hilfe des gelben Metalls abzusichern. Das ist ein unerschütterlicher Beleg dafür, dass Gold nach wie vor ein sicherer Hafen ist.

2022 haben die Zentralbanken mehr als 1000 Tonnen Gold gekauft – eine Rekordmenge, die fast 23% der Gesamtnachfrage nach Gold entspricht! In einem Artikel des WEF vom 10. November 2022 heißt es: "Gold wird als effizienter Inflationsschutz betrachtet, auch wenn manche Analysten glauben, dass dies nur über extrem lange Zeiträume von einem Jahrhundert oder mehr zutrifft."


Eine Korrelation mit den Aktienindices

Weiterhin ist es beachtenswert, dass die monatliche Korrelation zwischen Gold und dem S&P 500 zwischen 2003 und 2023 bei +71% liegt. Doch auch hier besteht fast keine Korrelation zwischen den Kursschwankungen der beiden Assets. Die folgende Grafik zeigt beispielsweise den Goldpreis und den Kurs des Dow Jones im Vergleich. Folglich könnte man ebenso gut die Existenz einer Korrelation zwischen Gold und der Börse behaupten, wie die einer Korrelation zwischen Gold und den Realzinsen.

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Die Korrelation zwischen Gold und dem allgemeinen Aktienmarkt bedeutet für manche, dass Gold ein systemisches Asset ist, d. h., dass sein Kurs bei einer schwerwiegenden Krise fallen würde. Doch das ist kaum gerechtfertigt, da die Korrelation in erster Linie bei steigenden Märkten besteht. Ganz im Gegenteil steigt Gold tendenziell, wenn die Börsenindices heftig einbrechen.


Die zentrale Bedeutung des Angebots

Wir haben gesehen, dass die Argumente, denen zufolge Gold kein sicherer Hafen mehr sei, nicht allzu fundiert sind. Sie scheinen ganz im Gegenteil die Doppelfunktion von Gold und damit seine Stabilität zu bestätigen. Abgesehen von der fehlenden Strenge bei der Auswahl der Argumente, werden die anderen Faktoren, die die Schwankungen des Goldpreises erklären, nicht ausreichend gewürdigt.

In einem speziellen Artikel haben wir gezeigt, dass die Nachfrage die Schwankungen des Goldpreises kurz- und mittelfristig erklärt. Wir schrieben, dass "eine steigende (oder sinkende) Goldnachfrage im Allgemeinen mit einem noch stärker steigenden (oder sinkenden) Goldkurs einhergeht." Außerdem: "Eine geringe Erhöhung des Goldpreises geht mit einer starken Ausweitung des Goldangebots aus der Minenförderung einher."

Die Sensibilität der Investitionsnachfrage gegenüber dem Goldkurs ist also sehr hoch. Doch gleichzeitig kann der Großteil dieser Nachfrage nur mittels eines höheren Minenangebots befriedigt werden. Wir erinnern an dieser Stelle daher an die simple Tatsache, dass der Goldmarkt auf lange Sicht zum großen Teil vom physischen Goldangebot bestimmt wird. Zeiten sozialer, monetärer, finanzieller oder politischer Instabilität stören oft die Produktionsbedingungen, so wie das auch aktuell infolge der Inflation der Fall ist. Daraus folgt, dass die Korrelation zwischen den Realzinsen und dem Goldkurs unter Rahmenbedingungen, in denen das Angebot den Ausschlag gibt, keine Wirkung mehr hat.

Die Nichtbeachtung des Angebots bei der Betrachtung des Goldmarktes ist ein schwerwiegender Fehler. Gold ist nach wie vor ein sicherer Hafen, solange materielle Einschränkungen fortbestehen und zunehmen und es nicht zu Innovationen oder Entdeckungen kommt, die die Produktionskosten erheblich senken. Auch monetäre, soziale oder politische Einwirkungen können die Produktionsbedingungen verschlechtern (Anstieg der Kosten, Produktionsstopp etc.), wovon der Goldkurs letztlich stark profitiert. Angesichts der Inflation reagiert Gold ausreichend und seine Stabilität zeigt ein weiteres Mal, dass das gelbe Metall aktuell nicht auf die Realzinsen oder die Lage an den Börsen reagiert.


Schlussfolgerung

Der Legende zufolge zeigt Kritik an Gold oft ein bevorstehendes Tief des Goldkurses an. Der kritische Artikel von Bloomberg, der am 28. Juni 2023 veröffentlicht wurde, signalisierte das Tief bei 1893 $ je Unze am 29. Juni 2023. Trotz allem basiert dieser Artikel auf einer Studie des NBER. Diese zeigt eine starke Korrelation zwischen den Realzinsen und dem Goldpreis, ohne dabei zu leugnen, dass es sich bei Gold um einen Zufluchtshafen handelt. Diese Korrelation ist umso stärker, wenn die Zinsen niedrig oder negativ sind und die Inflation schwach ist. Auf lange Sicht lassen sich die Schwankungen des Goldpreises jedoch nicht mit den Zinsschwankungen erklären.

Heute ist die fehlende Korrelation zwischen den Realzinsen und dem Goldpreis unmissverständlich. Die Realzinsen sind auf ein Niveau gestiegen, das schon seit vielen Jahren nicht mehr erreicht wurde, doch der Goldkurs hat ebenfalls zugelegt! Angesichts dessen wird klar, dass das Modell der Realzinsen nur unter bestimmten Bedingungen Gültigkeit hat. Zudem wird Gold manchmal für seine Korrelation mit den allgemeinen Finanzmärkten kritisiert.

Diese Beobachtung, die sich bei steigenden Märkten bestätigen lässt, kehrt sich typischerweise ins Gegenteil um, wenn es an den Börsen zu einer heftigen Korrektur kommt. Schließlich zeigt auch die hohe Inflation in zahlreichen Ländern, dass Gold in diesen Staaten seine Kaufkraft erhält. Auch die Zentralbanken haben Gold in Rekordmengen erworben. All das widerspricht ganz klar der Behauptung, dass Gold kein sicherer Hafen mehr sei.

Gold ist gerade deshalb ein sicherer Hafen, weil es langweilig ist. Wenngleich Gold mittelfristig zweifellos auch von den Realzinsen und den Finanzmärkten abhängt, besteht seine Macht gerade darin, dass es in Krisenzeiten im Allgemeinen unabhängig vom System ist. Es ist also durchaus gerechtfertigt zu sagen, dass Gold mit dem System korreliert. Doch alles deutet darauf hin, dass diese Korrelation verschwindet oder sich ins Gegenteil umkehrt, wenn das Wirtschafts- oder Finanzsystem schwächelt. In Anbetracht der hier dargelegten Fakten bleibt Gold also sehr wohl ein sicherer Hafen.


© Thomas Andrieu



Dieser Artikel wurde am 23.08.2023 auf https://de.goldbroker.com veröffentlicht.


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