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Aktien ade

09.12.2007  |  Manfred Gburek
Wenn es um Aktien geht, gehört der Dezember traditionell zu den besseren Börsenmonaten. So ist es eigentlich auch in diesem Jahr, denn vor allem Dax und Dow Jones, die aus jeweils 30 Standardwerten bestehenden Indizes für Deutschland und die USA (wobei der Dow Jones kein richtiger Index, sondern nur ein Kursdurchschnitt ist), scheinen sich erfolgreich gegen Rezessionsangst, Bankenkrise und Inflationsdruck zu stemmen. Eigentlich. Aber schon beim Blick auf MDax, TecDax und SDax hüben sowie auf Standard & Poor"s 500 und Nasdaq drüben lässt erahnen, dass Aktien in der Breite des Märkte nach unten drehen. Daran wird sich auch im Jahr 2008 nicht viel ändern, die eine oder andere Sonderbewegung ausgenommen. Eine solche Entwicklung gab es schon einmal zu Beginn der 70er Jahre in den USA, damals als "two tier market" bezeichnet. Das Ende der Geschichte ist bekannt: 1974 folgte eine schlimme Baisse; sie riss die vorher favorisierten Aktien, wie IBM, Xerox oder Polaroid, mit in die Tiefe.

Heute argumentieren die Aktienoptimisten, so etwas könne sich nicht wiederholen, weil IBM & Co. seinerzeit in puncto Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) sehr viel höher bewertet gewesen seien als jetzt beispielsweise Microsoft oder SAP. So weit, so richtig. Doch ein KGV hat zwei Komponenten, den Kurs und den Unternehmensgewinn. Daraus folgt zum Beispiel: Die Kurse von mit dem KGV überbewerteten Aktien müssten üblicherweise im Zuge niedrigerer Gewinne fallen. Es sei denn, Anleger bzw. Analysten erwarten gleichbleibende oder sogar steigende Gewinne. Genau das trifft jetzt auf die Anlegererwartungen bezüglich der Aktien aus Dax und Dow Jones zu. Dabei spielen auch zwei weitere Überlegungen eine Rolle: Dax- und Dow Jones-Konzerne seien die Gewinner der Globalisierung, heißt es; und das KGV ihrer Aktien sei, vergleicht man es mit der entsprechenden Kennzahl für Anleihen (100 dividiert durch die Umlaufrendite oder durch die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen), lächerlich gering.

So gesehen, müssten sich die Kennzahlen anpassen, das heißt, die Aktienkurse müssten nach oben schießen und/oder die Anleihenkurse kräftig sinken (bzw. die Zinsen kräftig steigen). Doch nichts dergleichen geschieht. Stattdessen spalten sich die Aktienmärkte in per Saldo stagnierende Kurse von Aktien führender Konzerne und rückläufige Kurse von Nebenwerten, während die Anleihenmärkte, gemessen an den Kursen zehnjähriger Staatsanleihen, eine gähnende Langeweile verbreiten. Das heißt, Anleger und Analysten sind einerseits im Hinblick auf die kommenden Unternehmensgewinne skeptisch und erwarten andererseits keinen nennenswerten Zinsanstieg. Im Klartext, sie rechnen mit einer Rezession - wobei sich auch die Variante vom Beginn der 70er Jahre (vorübergehende Überbewertung der Aktien von Konzernen, denen man weiteres Wachstum zutraut) für kurze Zeit wiederholen könnte.

So weit die üblicherweise als fundamentale Faktoren bezeichneten Bestimmungsgrößen, die auf Aktienkurse einwirken. In diesem Umfeld haben private Anleger einen schweren Stand. Denn sie dürften nur dann erfolgreich sein, wenn sie mit den Wölfen heulen. Doch das Wolfsrudel hinterlässt, wenn überhaupt, allein solche Spuren, die sich schwer deuten lassen: etwa die relative Stärke von Aktien (oft erst im Nachhinein erkennbar) oder die Übergewichtung ganzer Branchen (mit zum Teil fragwürdigen und von Normalanlegern kaum durchschaubaren Motiven).

Fazit: Wenn Sie täglich nicht gerade mehrere Stunden in die Beobachtung und Analyse der üblichen Aktien investieren wollen, sollten Sie lieber anderen Beschäftigungen nachgehen. Dabei kann allerdings der eine oder andere Blick auf das Börsengeschehen nicht schaden. Zum Beispiel am kommenden Dienstagabend mitteleuropäischer Zeit, wenn die US-Notenbank Fed mal wieder über den Leitzins entscheidet. Aus ihren Kreisen ist nämlich zu vernehmen, dass sie jetzt häufiger, ausführlicher und genauer sowohl die Konjunktur kommentieren als auch ihre eigenen Absichten kommunizieren will. Da fragt es sich, was sie bisher getan hat - außer den bekannten dubiosen Anmerkungen ihres ehemaligen Chefs Alan Greenspan in der Ära von dessen Nachfolger Ben Bernanke mindestens ebenso schwer verständliche Kommentare zu den bekannten Themen Inflation, Rezession, Geldmenge und Zinsen hinterherzuschicken. Fest steht: Häufiger, ausführlicher und genauer (s.o.), das wird die Börsen stärker in Bewegung bringen als bisher. Börsianer sprechen in solchen Fällen von Volatilität - ein weiterer Grund, den üblichen Aktien fern zu bleiben.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist u.a. auch Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005) und das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007)





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