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2023: Ein Jahresrückblick

13.01.2024  |  Claudio Grass
Nach der katastrophalen COVID-Krise in den Jahren 2020 und 2021 und dem folgenschweren Einmarsch Russlands in die Ukraine im Jahr 2022 hofften viele, dass das Jahr 2023 diesen schrecklichen Bann brechen und uns allen endlich ein wenig Hoffnung geben würde, wirtschaftlich, geopolitisch, sozial und technologisch. Leider bot es jedoch nur weitere Gründe für ernsthafte Sorgen in all diesen Bereichen.

In Hinblick auf die Wirtschaft: Obwohl die offizielle Inflationsrate einen Abwärtstrend aufwies, wurde in den meisten großen Volkswirtschaften das Ziel von 2% nicht erreicht. Im Gegenteil, in der Realität hatten die meisten Haushalte weiterhin mit hohen Preisen für Dinge des täglichen Bedarfs und für Rechnungen und Verpflichtungen zu kämpfen (insbesondere für die gewöhnlichen Ausgaben, die nicht in den offiziellen CPI-Berechnungen enthalten sind).

Höhere Zinssätze verschärften diese Probleme nicht nur für die Haushalte, sondern auch für die Unternehmen, da der Zugang zu Krediten immer schwieriger wurde. Überschuldete und nicht nachhaltige Unternehmen, die mehr als zehn Jahre lang nur dank monetärer Exzesse künstlich am Leben gehalten wurden, gerieten unter starken Druck.

Zu diesen rücksichtslosen Risikoträgern gehörten genau die Unternehmen, die angeblich auf die Bewertung von Risiken spezialisiert sind: die Banken. Im vergangenen Jahr gingen drei regionale US-Banken in Konkurs, gefolgt vom schockierenden Zusammenbruch der Credit Suisse. Die Furcht vor einem systemischen Übergreifen und die berechtigte Sorge um die Integrität des gesamten Bankensystems gingen um die Welt. Diese Insolvenzen und die darauf folgenden indirekten Hilfsmaßnahmen kamen für viele Edelmetallanleger, die wissen, dass der Zusammenbruch des derzeitigen Systems nur eine Frage der Zeit ist, kaum überraschend.

Was vielleicht weniger vorhersehbar war, war die Leichtigkeit und der Eifer, mit dem die meisten Anleger diese ganze Bankenkrise nur wenige Monate später hinter sich ließen. Die ganze Welt vergaß bald alles, und die Märkte ignorierten diese grundlegenden Risiken, als ob die Schwachstellen unseres Bankensystems tatsächlich angegangen und gelöst worden wären. In Wahrheit hat sich seither nichts strukturell, sinnvoll oder praktisch geändert – das Bankensystem bleibt so anfällig und unzuverlässig wie eh und je.

In geopolitischer Hinsicht zeichnete das Jahr 2023 ein noch düstereres Bild. Als ob die Verluste an Menschenleben und die Zerstörung durch den Krieg zwischen Russland und der Ukraine nicht schon genug wären, begann am 7. Oktober ein zweiter blutiger Krieg, diesmal im Nahen Osten.

Aus humanitärer Sicht haben beide Konflikte unvorstellbare Schäden angerichtet – und die größte Tragödie in beiden Fällen sind natürlich die "Kollateralschäden", wie Politiker den sinnlosen Tod tausender Zivilisten, insbesondere unschuldiger Kinder, gerne nennen. Aber das ist noch nicht alles: Wenn wir über die Auswirkungen dieser Feindseligkeiten auf die direkt Betroffenen hinausblicken, gab es auch schwerwiegende Folgen für den Rest der Welt.

Die globale Kluft zwischen dem Westen und der chinesisch-russischen Einflusssphäre wurde größer, das Risiko eines Übertragungseffekts und einer Eskalation von Konflikten stieg und die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr zu einer globalen, friedlichen Zusammenarbeit wurden immer geringer. Zum Ende des Jahres machte sich ein überwältigendes Gefühl der Unsicherheit breit, ebenso wie das weit verbreitete Gefühl, dass die Welt seit dem Kalten Krieg nicht mehr so erbittert und gefährlich gespalten war.

Abgesehen von den offensichtlichen geopolitischen und nationalen Sicherheitsrisiken, die sie darstellen, geben diese aktiven Fronten auch Anlass zur Sorge um den sozialen Zusammenhalt. Beide Konflikte sind die ersten, die über soziale Medien und "Bürgerjournalisten" live gestreamt, geteilt und verbreitet werden. Und je länger sie andauern, je mehr brutale Bilder und Aufnahmen die Öffentlichkeit zu sehen bekommt, desto heftiger wird die Reaktion ausfallen – nicht nur gegen diejenigen, die sie als die brutalen Angreifer sehen, sondern auch gegen alle, die das nicht genauso sehen.

Diese Art von binärem Denken, dieses gefährliche Stammesdenken ist ein fester Bestandteil der menschlichen Natur und war es schon immer – und doch war es die Technologie, die dieses Phänomen noch verstärkt hat. Diese sozialen Netzwerke waren nie dazu gedacht, eine produktive Debatte oder einen respektvollen Dialog zu ermöglichen. Stattdessen wurden sie entwickelt, um ihre Nutzer zu isolieren und vor widersprüchlichen Ansichten oder "unbequemen" Beweisen zu schützen, die sie dazu bringen könnten, alles zu hinterfragen, was sie bereits zu wissen glauben.

Diese künstliche Affirmation ist das Produkt oder die Dienstleistung, die sie ihren Nutzern anbieten. Sie überschwemmen sie mit ausgewählten oder sogar maßgeschneiderten "Beweisen" oder "Fakten", die ihre bereits bestehenden Überzeugungen unterstützen und verstärken (unabhängig davon, ob diese rational sind oder nicht), und die die Moral, die Integrität und sogar die Menschlichkeit ihrer Gegner in Frage stellen.

Sobald diese Art der sinnlosen und kindischen "ad hominem"-Argumentation die Oberhand gewinnt, gibt es keinen Raum für einen zivilisierten Dialog und keine Hoffnung für beide Seiten, ihre Überzeugungen zu überdenken, ihre falschen Vorstellungen zu korrigieren oder etwas Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Es gibt nur einen "Gewinner" und einen "Verlierer", "gut" und "böse", "wir" und "sie" – und nichts dazwischen.

Natürlich leben wir schon seit Jahren mit den schrecklich schädlichen Auswirkungen all dessen. Wir erleben in Echtzeit mit, wie sich die Algorithmen im Laufe der Zeit weiterentwickeln und wie sich die Präzision und Effizienz all dieser Plattformen verbessern, zum Vorteil der Unternehmen, die sie besitzen, und zum Nachteil der Menschheit insgesamt. Im Jahr 2023 haben wir jedoch einen Quantensprung erlebt. Die erstaunlichen Fortschritte der KI-Technologie, die OpenAI Ende 2022 in den Mainstream gebracht hat, wurden im letzten Jahr in einem unglaublichen Ausmaß verstärkt. Wir bekamen eine Vielzahl unterschiedlicher und oft überraschender KI-Anwendungen zu sehen.

Diese (noch unvollkommene, aber dennoch erstaunliche) Fähigkeit der KI, zu imitieren, zu kopieren, als Mensch "durchzugehen", macht künftige KI-Fortschritte gleichermaßen aufregend und unheimlich. Es besteht die berechtigte Befürchtung, dass die Technologie böswillig missbraucht wird, um zu manipulieren, zu täuschen oder zu kontrollieren – um uns noch weiter und viel effektiver zu spalten, als es ein von Menschen gesteuerter Algorithmus jemals getan hat oder könnte. Eine noch dringendere und offensichtlichere Sorge ist das Potenzial der Technologie, menschliche Arbeit in einem erschreckenden Ausmaß zu ersetzen und Massenarbeitslosigkeit mit all den damit verbundenen Unruhen und Umwälzungen auszulösen.

Natürlich sind all diese Risiken vor allem für diejenigen relevant, die sich entschieden haben, im derzeitigen System zu verbleiben. Es gibt alternative Wege und die Möglichkeit, "auszusteigen", indem man seine persönliche und finanzielle Souveränität zurückgewinnt, indem man Edelmetalle verwendet, um die Abhängigkeit vom Bankensystem zu minimieren, indem man Gleichgesinnte sucht und indem man sich von den Tentakeln des Staates und all seiner Unterstützer distanziert.


© Claudio Grass
www.claudiograss.ch


Dieser Artikel wurde am 30.12.2023 auf claudiograss.ch veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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