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Geheime Mächte

16.12.2007  |  Manfred Gburek
War das schon der Schwarze Freitag? Nein. Auch wenn die Citigroup unter der neuen Führung tabula rasa gemacht hat (Was soll ein neuer Chef sonst tun?), die Inflationsraten diesseits und jenseits des Atlantiks höher als erwartet ausgefallen sind (Glaubt denn jemand noch an ein Wunder?) und der explodierte Geldmarktzinssatz Euribor einen Vorgeschmack auf die Liquiditätsenge zum Jahresende gegeben hat: Die Notenbanken schütten so lange Geld, bis zumindest alle Großbanken sich über das Jahresende retten können. Was danach kommt, hat neulich Michael Zimmer, Chef der Corpus Immobiliengruppe, im Tucher-Restaurant am Brandenburger Tor vor dem immpresseclub zum Besten gegeben: Erst wenn die letzte Bank am 19. Mai 2008 ihre Zahlen auf den Tisch gelegt hat, ist Ruhe an der Finanzfront.

Der Freitag brachte in den USA rechnerisch an den Tag, was sich bereits längst angedeutet hatte: einen negativen Realzins. Jetzt also auch, wenn man den Leitzins von 4,25% zur gerade veröffentlichten November-Inflationsrate von 4,3% in Beziehung setzt. Vorher war der Zins ja schon real im Minus, wenn man statt der offiziellen Inflationsrate die echte unter Einbeziehung von Lebensmittel- und Energiepreisen zugrunde legte. Dass die deutsche Inflationsrate, gemessen am harmonisierten europäischen Verbraucherpreisindex, im November auf 3,3% stieg, erscheint da fast schon wie eine Marginalie. Doch harmlos ist auch das nicht. Anlass genug, dem Phänomen Inflation auf den Grund zu gehen. Dazu mögen Ihnen die folgenden Thesen weiterhelfen.

Inflation bedeutet: Aufblähung, zum Beispiel von Lebensmittelpreisen, Geldmengen, Häuserpreisen oder Aktienkursen. Umgekehrt betrachtet: Sie bedeutet Geldentwertung.

Die offiziell veröffentlichte Inflationsrate verzerrt den Grad der Entwertung, weil sie nur auf dem Verbraucherpreisindex beruht (wie etwa in Deutschland) oder sogar wichtige Komponenten außen vor lässt (wie Lebensmittel- und Energiepreise in den USA).

Inflation tritt mal so, mal so auf: schleichend, trabend, galoppierend (Hyperinflation), gefühlt, zurückgestaut, als Stagflation (in Verbindung mit wirtschaftlicher Stagnation) oder als Asset Inflation (bei Kapitalanlagen). Wer alle Varianten im Detail kennen lernen will und das Stichwort Inflation zusammen mit dem Stichwort Schutz im Internet bei Google eingibt, bekommt 416 000 Einträge serviert. Ohne den Schutz-Zusatz kommt es bei der Zahl der Einträge zur galoppierenden Inflation: 4,68 Millionen.

Inflation findet in irgendeiner Form immer statt. Sie lässt sich nicht durch Abschaffung mittels Hoheitsakt besiegen, sondern nur durch effektives Gegensteuern von Seiten der Individuen, beispielsweise durch preisbewusstes Einkaufen oder intelligente Geldanlage.

Die persönliche Finanzplanung, eine immer noch weitgehend vernachlässigte Disziplin, umfasst alle Einnahmen und Ausgaben, Geldanlagen, Immobilien, Kredite, Steuern, Versicherungen, Renten, Erbschaften - und das immer unter Einbeziehung der Inflation.

Die Inflation zu besiegen, erfordert eine Vielzahl an Maßnahmen, die den komplexen Zusammenhang aller Geldströme berücksichtigen müssen. Zum Beispiel: Ein Haus wird mittels Kredit finanziert, für den laufend Zinsen zu zahlen sind. Vorher werden einmalig Grunderwerbsteuer, Notar- und Gerichtskosten fällig. Hinzu kommen ständige Nebenkosten, etwa für Energie, Wasser, Instandhaltung, Feuerversicherung und Grundsteuer.

Nach vielen Jahren mäßig steigender offizieller Verbraucherpreise wurde der breiten deutschen Öffentlichkeit das wahre Ausmaß der Inflation erst 2007 durch den Anstieg der Brot-, Milch-, Strom- und Benzinpreise voll bewusst. Damit entsteht Inflationsmentalität, das heißt, die Bevölkerung erwartet weiter steigende Preise und verhält sich entsprechend. Dagegen können Zentralbanken mit ihren Zinsentscheidungen nichts mehr ausrichten.

Doch als Anleger können Sie dagegenhalten. Dazu eine kleine Anekdote: Am Donnerstag kam ich erst um 16.45 Uhr dazu, mir den Fondsmanager Uwe Bergold bei Bloomberg anzuhören. Während er die Preisbewegungen von Kupfer, Blei, Zucker und Weizen kommentierte, fiel der Goldpreis in wenigen Minuten von 798 auf 792 Dollar. Offenbar schickten wieder einmal geheime Mächte das Edelmetall nach unten. Das war"s dann aber im Wesentlichen, viel mehr ging wohl nicht. Die Fortsetzung dieses Spiels ist bei Goldpreisen unter wie auch über 800 Dollar jederzeit möglich, aber mit ihm kann keine Macht der Welt die Inflationsmentalität aus der Welt schaffen. Daraus folgt unter anderem: Je später der Goldpreis explodiert, desto heftiger. Halten Sie als Anleger also mit Gold dagegen, wenn Sie sich vor den Auswirkungen der Inflation schützen wollen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist u.a. auch Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005) und das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007)





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