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Die Goldbullen sind los ...

30.12.2007  |  Manfred Gburek
... aber richtig Tempo werden sie 2008 aufnehmen. Das ergibt sich - abgesehen von den überzeugend aussehenden, geradezu nach oben drängenden, aber noch nicht explodierenden Charts des Goldes und der Favoriten unter den Goldaktien - aus den erst diffusen, insgesamt den Goldpreis jedoch stark stützenden Faktoren: in zwischenzeitlichen Preisdellen starke Nachfrage, verhaltenes Angebot, niedrige bis - je nach Währung - negative Realzinsen, zuletzt Mitte Dezember schon wieder eine neue Schuldverschreibung auf das Edelmetall mit Lieferanspruch (Xetra-Gold), weitere Verunsicherung der traditionellen Wertapiermärkte durch die schwelende internationale Finanzkrise (dieses Mal von Seiten der Citigroup, die zusätzlich Milliarden Dollar abschreiben muss), im Prinzip machtlose Zentralbanken (sie schütten Geld und werden das auch 2008 tun), schließlich als pars pro toto das Pulverfass Pakistan mit dem Tod von Oppositionsführerin Bhutto. Das alles wirkt zwar nur zum Teil direkt auf den Goldpreis ein, aber genau daraus entsteht dessen Dynamik. 2008 wird es einen neuen Preisgipfel geben. Er wird, gemessen in Dollar, vierstellig sein. Doch wie hoch und in welchem Monat, das lässt sich nicht vorhersagen. Wer das Gegenteil behauptet, spekuliert darauf, im Fall einer halbwegs zutreffenden Prognose später als Guru gefeiert zu werden.

Die in diesen Tagen veröffentlichten Prognosen zum Wirtschaftswachstum, Dax, Dollar, Goldpreis usw. für 2008 sind großer Unfug, weil sie vor allem eines ignorieren: Dass es sich bei diesen wirtschaftlichen Indikatoren um Ergebnisse sehr komplexer Zusammenhänge handelt. Also kann es nicht darum gehen, irgendwelche Zahlen vorherzusagen und zu hoffen, dass die Trefferquote wenigstens so hoch sein möge wie beim Lotto. Sondern vernünftigerweise nur darum, die wichtigsten Bestimmungsfaktoren zu untersuchen, die für die Komplexität entscheidend sind. Beispiel Dax: Er besteht aus 30 Aktien, deren Kurse sich unterschiedlich entwickeln und obendrein mit unterschiedlicher Gewichtung in diesen Index eingehen. Folglich ist es sinnvoller und am Ende auch lukrativer, sich mit den einzelnen Aktien zu beschäftigen, statt am Dax herumzudeuteln. Beispiel Goldpreis: Er ist das Ergebnis von Angebot und Nachfrage unberechenbarer Marktteilnehmer (Minen, Zentralbanken, Schmuckindustrie, Fonds, Horter, Spekulanten, Spieler u.a. und spiegelt Erwartungen wider, die sich mit jedem Preisanstieg und -rückgang ändern können. Was liegt also näher, als beispielsweise die Förderung der Minen, die Aktionen der Zentralbanken und das Verhalten der Einkäufer aus der Schmuckindustrie näher zu verfolgen - was ja nicht gegen die oben gehegte Erwartung eines vierstelligen Goldpreises sprechen muss.

Der Prognoserummel ist das Ergebnis eines Rituals, von dem wir heute nicht mehr genau wissen, ob es eher der Neugier von Journalisten oder der Eitelkeit von Bankdirektoren und Börsengurus entsprungen ist. Auf jeden Fall lässt sich aus ihm schließen, dass Anleger zur Denkfaulheit verführt werden. Im schlimmsten Fall sagen sie sich sogar: Der Banker oder Guru sitzt an der Quelle, folglich weiß er mehr als ich. Dass dieses Fazit total falsch ist, zeigt sich nicht nur an den vielen Fehlprognosen - lesen Sie noch einmal die vor Jahresfrist abgegebenen, und Sie werden aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Es ergibt sich auch aus einer einfachen Überlegung: Der Banker/Guru hat entweder 1. den Auftrag seines Vorstands, alles schön zu reden, oder 2. wegen Stress keine Zeit, einen klaren Gedanken zu fassen, oder 3. einen drittklassigen Hiwi, der ihm die Prognose schreibt, oder 4. den Mut zu konträren Aussagen, um sich später, falls die Prognose mit viel Glück einigermaßen eingetroffen ist, als eitler Mister Oberschlau hofieren zu lassen.

Prognosen, die Sie für sich selbst erstellen, sind die besten - vorausgesetzt, Sie haben sehr viel in den Denksport investiert, der Sie bis dahin bringt. Prognosen - wohlgemerkt, in der Mehrzahl - das bedeutet a) rechtzeitig mehrere wichtige Indikatoren (nicht nur einen) in Gedanken durchspielen (Wirtschaftswachstum, Auftragseingänge, Geldmenge, Inflation, Zinsen, Dollar, Yen, Gold, Dax, Dow Jones u.a.), b) ihre Interdependenz beachten (etwa Geldmenge/Inflation, Dollar/Gold oder Dax/Dow Jones) und schließlich c) mehrere Prognosen zu den wichtigsten Anlagen selbst erstellen, ausgehend von alternativen Daten.

Was den für Anleger besonders wichtigen letzten Punkt betrifft, hier nur ein Beispiel: Angenommen, Sie wollen die Preisspanne für den Goldpreis bis Ende 2008 ermitteln. In diesem Fall erscheint es sinnvoll, besonders an den Stellschrauben von Geldmenge, Inflation, Zinsen und Dollar zu drehen, aber auch an denen der Minen (Förderkosten, Rückkäufe von Gold, neue Projekte u.a.), der Schmuckindustrie und der Fonds, speziell der ETF (Exchange Traded Funds). Weiter angenommen, Sie erhalten nach Eingabe plausibler alternativer Daten in Ihren Rechner eine Preisspanne von 800 bis 1200 Dollar. Dann brauchen Sie nur noch aktuelle Abweichungen Ihrer Daten zu beachten, um die Preisspanne entweder einzugrenzen oder zu erweitern.

Eine solche Übung erfordert sehr viel Zeit. Diese sollten Sie sich indes unbedingt nehmen, denn wir stehen vor einem turbulenten Anlagejahr, das vor allem durch die folgenden Trends bestimmt sein dürfte: überbordende Staatsverschuldung in den USA, Risse im Euro-System wegen auseinander laufender Konjunktur der Teilnehmerländer, expansive Geldpolitik und zunehmende Inflation weltweit, Fortsetzung der sog. Subprimekrise einschließlich ihres Schönredens durch Banker, weitere Investitionen der Fonds reicher Staaten (zum Beispiel Vereinigte Arabische Emirate und China) in amerikanische und europäische Aktien, politische Eingriffe (von der Absicherung der Rohstoffbasen bis zu neuen Kriegen), spürbar werdende Machtlosigkeit deutscher Politiker im Hinblick auf die demografische Entwicklung (unzureichende und falsche Altersvorsorge, drohende Pleite der Pflegeversicherung), sich abzeichnender Flop der Abgeltungsteuer, weitere Neiddebatten aus Anlass der kommenden Landtagswahlen, Kontenschnüffelei, Fortsetzung der Kapitalflucht aus Deutschland, Klimaschutz-Hysterie mit absehbaren Folgen (Verlagerung der Lasten auf alle, beispielsweise durch spezielle Abgaben, Schröpfen der Vermieter durch Auflagen für den Wärmeschutz), Olympiade in Peking, US-Präsidentschaftswahl und schließlich zum Ende des Jahres 2008 hin Schock für Mieter, die nachträglich mit den horrend gestiegenen Nebenkosten aus dem Jahr 2007 konfrontiert werden.

Unter solchen Umständen möchte ich heute meinen mehrfachen Rat aus dem abgelaufenen Jahr, möglichst viel Gold in Form von Anlagemünzen und Barren zu horten und sicherheitshalber genug Liquidität vorzuhalten, noch einmal bekräftigen. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen viel Erfolg und - in des Wortes mehrfacher Bedeutung - besonders viel Glück im Jahr 2008.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu






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