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Die Rolle Russlands auf dem Markt für Platinmetalle

15.01.2008  |  Thorsten Proettel
Russland dominiert Angebot

Der hohe Anteil Russlands an der weltweiten Platin- und Palladium-Förderung erzeugt eine starke Abhängigkeit der Märkte bei diesen Edelmetallen, die nur schwer von anderen Ländern ausgeglichen werden kann. In der Vergangenheit führten Unterbrechungen der russischen Exporte bereits mehrfach zu eklatanten Turbolenzen und Preisverwerfungen. Eine bedeutende Rolle hierbei spielt das russische Finanzministerium mit seinen noch aus Sowjetzeiten stammenden Agenturen Gokhran und Almazjuvelirexport (Almaz). Bei Gokhran handelt es sich um die zentrale Verwahrstelle für staatliche Edelmetallbestände. Zu den Schätzen der Staatsagentur gehören insbesondere größere Palladiummengen, die in Schweizer Banktresoren gelagert werden.

Ihre Höhe ist ein Staatsgeheimnis, aber Schätzungen zufolge handelt es sich um 190 bis 250 Tonnen. Die Veräußerung dieser Bestände ist Aufgabe der zweiten Agentur, Almaz, die den gesamten russischen Edelmetallhandel mit dem Ausland durchführt. Zudem ist die Behörde an der Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für Metalle der Platingruppe und Diamanten beteiligt, die für jedes Unternehmen mit Exportabsichten zwingend sind. Die Kombination dieser Zuständigkeiten bietet für die Behörden jedoch den Anreiz, die Erteilung der Genehmigungen zu verschleppen. Dadurch werden die Platinund Palladiumexporte der privaten Fördergesellschaften unterbrochen und Preissteigerungen am Weltmarkt verursacht.

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Palladium-Exzess Anfang 2001

Beispielsweise wurde Anfang 1998 die Zuteilung der Jahreskontingente für die Palladiumausfuhr verzögert, wodurch eine Preisverdoppelung von 200 USD auf 400 USD innerhalb weniger Monate folgte. Nachdem die Lieferungen aus Russland fortgesetzt wurden und der Preis nachgab, reagierten die verunsicherten Käufer in den folgenden Monaten jedoch mit dem Aufbau größerer Lagerbestände. Insbesondere die Kfz-Industrie wollte sich gegen Lieferengpässe und steigende Preise absichern. Dadurch stieg der Wert von Palladium bis Ende 1999 wieder über die 400-Dollar-Marke. Als der Nachschub aus Russland im Jahr 2000 abermals monatelang unterbrochen wurde, begann ein steiler Preisanstieg für das Edelmetall. Gokhran heizte die Nachfrage zusätzlich an, indem die Agentur andeutete, für das Jahr 2001 überhaupt keine Verkäufe zu tätigen.

Die Automobilhersteller trieben aus Angst vor Produktionsausfällen den Palladiumpreis in den ersten Wochen 2001 kurzfristig über die 1.000-Dollar-Marke, bevor die Russen ihre Bestände auf den Markt brachten. Bis Jahresende fiel der Preis jedoch auf 400 USD zurück und bescherte beispielsweise dem Ford-Konzern einen Verlust von mehr als 1 Milliarde USD. Als Konsequenz aus dem Debakel setzten die Fahrzeugbauer in den Folgejahren wieder vermehrt auf Platin, für das man sich mit Südafrika als wichtigster Fördernation eine verlässlichere Belieferung versprach. Bis heute hat sich die Palladiumnachfrage der Kfz-Industrie und der Elektrotechnik nicht von diesem Schock erholt und befindet sich deutlich unterhalb der Niveaus der Rekordjahre 1999 und 2000.

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Russische Bürokratie gibt sich nicht geschlagen

Das Spiel mit der Verzögerung bei den Ausfuhrkontingenten wiederholte sich in den letzten Jahren mehrfach, wenn auch nicht mit ähnlich gravierenden Folgen wie 2000/2001. Im vergangenen Jahr zeichnete sich dann eine deutliche Änderung der Spielregeln ab. Die Welthandelsorganisation (WTO) sah in dem Kontingentverfahren eine Behinderung des freien Warenverkehrs und drängte bei den Aufnahmeverhandlungen zur Mitgliedschaft Russlands auf deren Abschaffung. Präsident Putin unterzeichnete ein entsprechendes Dekret aber erst, als sich Mitte Januar 2007 andeutete, dass die USA einer Aufnahme Russlands nicht länger im Wege stehen.

Die WTO hatte jedoch nicht mit der Kreativität der russischen Bürokratie gerechnet, die sofort ein neues
Schlupfloch fand, um im Geschäft zu bleiben. Seitdem werden zwar keine Kontingente mehr für die Ausfuhr von Platinmetallen und Diamanten benötigt. Der Export ist jedoch nur mit einer Ausfuhrgenehmigung möglich, deren jährliche Erteilung durchaus mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. So erhielt der bedeutendste Förderer Norilsk Nickel in den ersten Monaten 2007 keine Erlaubnis für Platin- und Rhodiumexporte während die Preise auf dem Weltmarkt neue Rekordstände erreichten. Das Angebot wurde dabei nicht nur durch ausbleibende Lieferungen verknappt. Norilsk Nickel war zudem gezwungen, knappes Platin auf dem Weltmarkt aufzukaufen, um langfristige Lieferverträge mit ausländischen Kunden bedienen zu können.

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Entwarnung für 2008

Immerhin kann für das Jahr 2008 kann jedoch Entwarnung vor russischen Kapriolen gegeben werden. Die Regierung hat den Platinhandel bereits Ende Dezember genehmigt, und für den Palladiumhandel gilt noch einemehrjährige Ausfuhrgenehmigung, die erst Anfang 2009 ausläuft.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart





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