Bitcoin - Noch nicht hundertprozentig startklar
23.09.2024 | Florian Grummes
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US-Rezessionsrisiko, vom 18. September 2024. Quelle: Pretiorates.com
Der "Heartbeat" der US-Wirtschaft zeigt zudem ein hohes Rezessionsrisiko, obwohl der "Citi US-Economic-Surprise-Index" kürzlich stark angestiegen ist. Gleichzeitig werden dreimonatige US-Schatzanweisungen höher gehandelt als zehnjährige, was oft auf ein Ende des Zinszyklus und eine Trendwende hinweist.
Parallelen zu 2007
Zinssenkung um 50 Basispunkte in 2007 und 2024, vom 18. September 2024. Quelle: Sven Henrich
Die erste Zinssenkung der Federal Reserve im September 2007 markierte den Beginn einer Ära der lockeren Geldpolitik als Reaktion auf die sich anbahnende Finanzkrise. Ähnlich wie heute, versuchte die Fed damals, durch Zinssenkungen die wirtschaftliche Entwicklung zu steuern. Die aktuelle Situation im September 2024 weist definitiv Parallelen auf, da die Fed erneut eine Zinswende einleitet, diesmal jedoch vor dem Hintergrund einer sich erholenden Wirtschaft und nachlassender Inflation.
In beiden Fällen - 2007 und 2024 - löste die Zinssenkung zunächst Optimismus an den Finanzmärkten aus. Aktuell sind die langfristigen Folgen der Zinspolitik schwer vorherzusagen. Die Zinssenkungen 2007 konnten die Finanzkrise nicht verhindern, sondern stach die damalige Blase letztlich an.
Aus der Perspektive der Marktpsychologie kann man im Rückblick definitiv zu dem Schluss kommen, dass die Zinssenkungen 2007 die Wahrnehmung der Finanzteilnehmer Schritt für Schritt und ungewollt in eine andere Richtung und letztlich hin zur Frage „Ist es wirklich so schlimm“ lenkten.
Letztlich spielt die Massenpsychologie eine entscheidende Rolle an den internationalen Finanzmärkten und führt regelmäßig zu Phänomenen wie Herdenverhalten, spekulativen Blasen oder Panikverkäufen. Dabei werden Anleger und Händler oft von kollektiven Stimmungen, Euphorie oder Angst beeinflusst, was zu irrationalen Marktbewegungen führen kann. Die Massenpsychologie erklärt, warum Märkte regelmäßig überreagieren und sich von fundamentalen Werten entfernen.
Für Marktanalysten und Investoren ist das Verständnis dieser psychologischen Dynamiken entscheidend, um Markttrends besser einschätzen und potenzielle Übertreibungen erkennen zu können. Die Erkenntnisse der Massenpsychologie helfen dabei, das häufig irrationale Verhalten zu erklären und zu antizipieren.
Blaupause für die nächsten 12 Monate
Wenn man die Ereignisse von 2007 als Blaupause für die nächsten 12 Monate nimmt, könnte man folgende Entwicklungen an den Finanzmärkten erwarten:
1. Anfänglicher Optimismus: Nach der ersten Zinssenkung könnte es zunächst und bis Anfang 2025 zu einer positiven Reaktion an den Aktienmärkten kommen, da Anleger auf eine Stimulierung der Wirtschaft hoffen. Insbesondere kleine und mittelgroße Aktien erscheinen im Vergleich zum realen US-Wirtschaftsindikator aktuell unterbewertet. Der Russell 2000 Index hätte daher das Potenzial, den S&P 500 in der Performance zu übertreffen. Gleichzeitig könnte die Volatilität am Anleihemarkt in den kommenden Monaten anziehen, was auf mögliche Unruhen in diesem Sektor hindeutet.
2. Zunehmende Volatilität: Bis zum Jahresende könnte die Volatilität an den Märkten deutlich zunehmen, da Unsicherheiten über die wirtschaftliche Entwicklung und mögliche Probleme im Finanzsystem wachsen. Gleichzeitig könnte auch die US-Präsidentschaftswahl für Unruhe sorgen.
3. Kreditkrise: Es könnten sich Anzeichen einer Kreditkrise entwickeln, insbesondere wenn bestimmte Sektoren (wie damals der Immobilienmarkt) unter Druck geraten.
4. Flucht in sichere Häfen: Anleger könnten verstärkt in als sicher geltende Anlagen wie Staatsanleihen und Gold umschichten. Der Bitcoin dürfte dabei nicht notwendigerweise als sicherer Hafen fungieren.
5. Sektorale Unterschiede: Einige Sektoren könnten stärker unter Druck geraten als andere, ähnlich wie 2007, als der Finanzsektor besonders betroffen war.
6. Internationale Ausbreitung: Was als lokales Problem beginnt, könnte sich zunehmend auf internationale Märkte ausweiten.
7. Weitere geldpolitische Lockerungen: Die Zentralbanken und insbesondere die Fed könnten im weiteren Verlauf zu aggressiveren Zinssenkungen und anderen Maßnahmen gezwungen sein, um die Märkte zu stabilisieren. Psychologisch betrachtet werden die Marktteilnehmer dies jedoch als Eingeständnis der dramatischen Lage interpretieren.
Insgesamt dürfte die erste US-Zinssenkung seit vier Jahren die Finanzmärkte zunächst stimulieren und für Optimismus sorgen. Im Grunde genommen könnten daher fast alle Anlageklasse in den kommenden drei bis vier Monaten deutlich anziehen. Davon sollte natürlich auch der Bitcoin sowie der gesamte Krypto-Sektor profitieren können. Kann sich der Vier-Jahreszyklus durchsetzen, wären bis in das kommende Frühjahr sogar deutliche Kursanstiege bis auf mindestens 100.000 USD+x zu erwarten. Gleichzeitig sollte man schon jetzt Pläne schmieden und Vorbereitungen treffen, um Gewinne rechtzeitig in der absehbaren Übertreibungsphase abzuschöpfen, denn 2025 könnte sehr ungemütlich werden.
7. Fazit: Bitcoin - Noch nicht hundertprozentig startklar
Obwohl sich die Konsolidierung bzw. Korrektur beim Bitcoin nun schon über sechs Monate lang hinzieht, ist die Trendwende noch nicht in trockenen Tüchern. Möglicherweise benötigt es bis Mitte oder Ende Oktober oder sogar bis zur US-Wahl noch etwas mehr Zeit bzw. eine weitere Streckfolter. Gleichzeitig dürfte preislich betrachtet das Schlimmste bereits ausgestanden sein und jeder etwas größere Rücksetzer wäre eine Kaufchance. Evtl. gibt es nochmals Kurse im Bereich um 54.000 bis 55.000 USD. Sehr viel tiefer sehen wir den Bitcoin vorerst aber nicht mehr fallen. Die Chancen liegen jetzt zunehmend auf der Oberseite.
© Florian Grummes
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