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Was die Finanzwelt bewegt

27.01.2008  |  Manfred Gburek
Bevor ich auf die äußerst spannende Entwicklung an den Finanzmärkten und ihre weiteren Konsequenzen eingehe, gestatten Sie mir bitte einen kleinen Prolog: Da die Klicks auf meine wöchentlichen Kommentare in letzter Zeit stark zugenommen haben, möchte ich mich 1. bei Ihnen für Ihr Interesse bedanken und 2. allen Lesern, die erst seit einigen Wochen dabei sind, kurz den Sinn des Ganzen erläutern. Falls Sie Ihre Finanzen (Einnahmen, Ausgaben, Geldanlagen, Kredite, Versicherungen, Steuern usw.) im Griff behalten wollen, müssen Sie sie individuell planen. Wenn´s hoch kommt, hilft Ihnen dabei in Einzelfällen ein Anlage- oder Steuerberater, Anwalt, Notar, Versicherungsvertreter, eine Zeitung oder Zeitschrift, wie Börsen-Zeitung, Handelsblatt, Süddeutsche, FAZ, Börse Online, Wirtschaftswoche, Der Betrieb oder Finanztest. Beim für Sie persönlich relevanten Zusammenspiel aller Kräfte, die auf Ihre Finanzen einwirken, müssen Sie die Regie indes selbst übernehmen; denn diesbezüglich kann Ihnen niemand wirklich helfen. Dazu benötigen Sie neben individuell erstellten, im Abstand von einigen Monaten adjustieren Finanzplänen über unterschiedliche Zeiträume auch täglich zwei bis drei Stunden für die Lektüre einschlägiger Beiträge in renommierten Medien und für die Beobachtung aller wichtigen Märkte (Aktien, Anleihen, Fonds, Immobilien, Rohstoffe, Edelmetalle), sei es mittels Internet, sei es mittels Bloomberg oder n-tv im Fernsehen.

Da Ihnen wahrscheinlich niemand diese Aufgaben abnehmen kann, versuche ich wenigstens an entscheidenden Punkten einzuhaken, indem ich Ihnen wöchentlich ein Konzentrat meiner Marktbeobachtungen einschließlich Lektüren liefere, untermauert durch viele eigene praktische Erfahrungen im Umgang mit allen erdenklichen Anlagen seit den 60er Jahren, ergänzt um wertvolle Kontakte aus einem langen Journalisten- und Analystenleben. Was die für Ihre persönliche Finanzplanung wichtigen Tipps und Warnungen betrifft: Sie finden sie in meinem 1004 Seiten umfassenden Lexikon "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", das Sie für 29,80 Euro (eine Investition, die sich schnell auszahlen wird) ohne zusätzliche Kosten am besten direkt beim Verlag bestellen (Verlag Litera-Tour, Kirchenstr. 5, 81675 München, Tel. 089/47 07 79 30, Fax 01212/536 51 23 79, service@litera-tour.de, www.litera-tour.de).

Nun zu den Themen, die die Finanzwelt bewegen. Es sind so viele (überwiegend skandalöse), dass hier nicht alle behandelt werden können. Beginnen wir mit einer Überschrift vom 22. Januar in der FAZ, die nicht gerade verdächtig ist, auf Seiten des Verbraucherschutzes oder der Linkspartei zu stehen: "Den Banken glaubt fast niemand mehr". Der Artikel dazu (über die Risiken der internationalen Kreditkrise) erschien, nachdem Hypo Real Estate-Chef Funke kurz zuvor die Frechheit besessen hatte, die Schuld am Desaster seines - zum Dax gehörenden - Finanzierungsinstituts (bis zu gut 35% Kursverlust an nur einem Tag) der bösen Börse zuzuschieben. Diese tolldreiste Verdrehung der Kausalität ging allerdings bald ebenso unter wie die mutige FAZ-Überschrift, weil die US-Notenbank Fed unter ihrem Chef Bernanke bereits am Dienstag den US-Leitzins gleich um einen Dreiviertel-Prozentpunkt senkte.

Als die Aktienmärkte darauf zunächst mit Kursrückgängen reagierten, dann wohl deshalb, weil Börsianer sich sagten: Wenn eine so kräftige Zinssenkung nötig war, müssen noch mehr Banken Leichen im Keller haben. Dass aber ausgerechnet die französische Großbank Société Générale zum Opfer des jungen, aus den eigenen Reihen stammenden Zockers Kerviel wurde, der fast fünf Milliarden Euro zu Lasten der Bank verspielt hatte, das schlug dem Fass dann doch den Boden aus. Wäre das alles nicht so traurig, könnte man sogar mehr darüber lachen als weinen. Denn nun bekam ein anderer Spieler, der Barings Bank-Terminator Leeson (das war im Jahr 1995), das von ihm lange ersehnte Medienecho. Zitat aus der Frankfurter Rundschau, wiedergegeben auch von Spiegel Online am 25. Januar: "Von zahlreichen Betrugsfällen erfahren wir nichts, weil die Banken für gewöhnlich alles unternehmen, dass nichts an die Öffentlichkeit gelangt." Wer dennoch etwas erfahren will, besorge sich bei Amazon eines der - auch in deutscher Sprache erschienenen - Leeson-Bücher. Das mir vorliegende Goldmann-Taschenbuch "Das Milliarden-Spiel" von Nick Leeson und Edward Whitley war dort in der abgelaufenen Woche leider nicht verfügbar, dafür aber die eine oder andere teure gebundene Ausgabe und eine englischsprachige für etwas über neun Euro.

Neulich erhielt ich aus der Schweiz einen Brief vom deutschen Vermögensverwalter Heinrich Morgen, in dem er sich bitter über die zum Großteil von der deutschen Finanzwirtschaft finanzierte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beschwerte, etwa was deren lasches Verhalten in der Affäre um die Mittelstandsbank IKB oder beim Skandal um die Betrügerfirma Phoenix betrifft. Morgens Firma residiert nun im Schweizer Walzenhausen nahe am Bodensee, von wo aus inzwischen auch andere deutsche Vermögensverwalter tätig sind. Die BaFin muss derweil an Haupt und Gliedern erneuert werden, zu peinlich sind auch andere Flops, von denen der mit dem ehemaligen Mitarbeiter Michael Raumann durchaus als skandalös bezeichnet werden kann. Dieser machte mit einem Computerhändler unter der Hand Geschäfte. Dazu die Süddeutsche Zeitung vom 26. September 2006: "Der Händler verbuchte das Geld, zog korrekterweise noch die Steuern darauf ab, und den Rest teilte er auf. In den folgenden zweieinhalb Jahren betrogen sie die BaFin um mehr als vier Millionen Euro. In einer Behörde voller Kontrolleure hat sie nie einer kontrolliert. Der einzige Beamte, dem etwas auffiel, gab sich mit Schmiergeld zufrieden."

Halten wir fest: Die internationale Finanzkrise, die vor einem Jahr offen ausbrach, fördert bei Banken und Versicherern, Hedge- und anderen Fonds unglaubliche Schieflagen zutage, denen Woche für Woche neue folgen und weitere folgen werden. Die Kontrolleure versagen auf der ganzen Linie, von der Innenrevision der Institute über die Schlafmützen im Fall Raumann bei der BaFin bis zum Vorstand im Milliardenspiel von Kerviel bei der Société Générale, nicht zu vergessen die versenkten Milliarden von der Citigroup bis zur Bank of America oder das um keine Ausrede verlegene Herumlavieren der Chefs von Hypo Real Estate und WestLB. Als Anleger, Gläubiger oder Schuldner sollten Sie bis auf Weiteres keiner Bank mehr vertrauen. Die Notenbanken werden immer wieder Liquidität in die Märkte pumpen und die Leitzinsen senken - auch die Europäische Zentralbank, wie beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos hinter vorgehaltener Hand offenbar schon geflüstert wurde. Die Geschäftsbanken werden die Liquidität bunkern und sich gegenseitig misstrauen. Fonds und andere institutionelle Anleger werden ihre Aktien auch in den kommenden Monaten verkaufen und die Kurse nach unten treiben. Kurserholungen wie am vergangenen Donnerstag werden Ihnen, falls Sie noch Aktien besitzen, immer nur vorübergehend Gelegenheit bieten, mit einem blauen Auge davonzukommen. "Aktien ade", so lautete hier am 7. Dezember 2007 die Überschrift zu meiner Verkaufsempfehlung. Ich sehe noch keinen Anlass zum Umschwenken, denn die internationale Finanzkrise ist eine längst nicht bewältigte Vertrauenskrise.

Wie das in solchen Krisen ist, favorisieren die Anleger Gold. Dessen Preisanstieg wird, wie am Freitagnachmittag und -abend mitteleuropäischer Zeit, immer wieder mal unterbrochen; Sie sollten sich indes nach dem Rat richten, den ich Ihnen hier am 28. Dezember 2007 direkt hinter der Überschrift "Die Goldbullen sind los" gab: "Aber richtig Tempo werden sie 2008 aufnehmen." Das Hin und Her, das heißt, zwei Schritte vor, einer zurück, ist nichts für schwache Nerven. Zumal, wie am Freitag, erst die Hiobsbotschaft aus Südafrika an die Börse drang, dass die Goldminen dort mangels Strom kein Erz mehr fördern können, und dann am Abend unserer Zeit die Terminbörse in New York verkündete, sie werde die Einschüsse für Termingeschäfte mit Gold erhöhen. Folglich machte der Goldpreis erst einen Sprung nach oben und später einen Rücksetzer. An solche Kapriolen müssen sich nun alle Goldanleger gewöhnen.

Wer südafrikanische Goldaktien besitzt, sollte die folgenden Überlegungen anstellen: Sie hinken schon seit Monaten hinter den Aktien ihrer Konkurrenten aus anderen Ländern her; insofern hielt sich ihre Abwärtsreaktion am Freitag, auch in New York, einigermaßen in Grenzen. Je länger die Stromkrise anhält, desto mehr lassen sich diese Aktien mit Optionen ohne Laufzeitbegrenzung vergleichen. Das trifft von den großen Drei vor allem auf Harmony Gold zu, während Anglogold und Gold Fields wegen ihrer Goldreserven außerhalb von Südafrika besser dastehen. Die Stromkrise wird noch jahrelang anhalten, weil der staatliche Monopolist Eskom mit einem neuen Kraftwerk frühestens 2016 ans Netz gehen dürfte. Bis dahin wird er Strom bevorzugt an solche Abnehmer aus der Industrie liefern, die für Südafrikas Volkswirtschaft von großer Bedeutung sind, also auch an die Minenkonzerne. Derweil werden sich die Konsumenten zunehmend mit Strom aus Generatoren zufrieden geben müssen. Ob die Fußballweltmeisterschaft 2010 in Gefahr geraten wird, lässt sich heute noch nicht seriös beantworten. Und was die Goldaktien betrifft: Einiges spricht dafür, Harmony und Anglogold bei der nächsten technischen Aufwärtsreaktion zu verkaufen und Gold Fields weiter zu halten.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu




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