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Der kurze Sieg der goldenen Papiertiger

02.02.2008  |  Frank Meyer
Ja, es wollte steigen, doch es durfte offenbar nicht. Noch nicht. Gold kletterte in dieser ach so wichtigen Notenbankwoche und ausgerechnet nach den US-Arbeitsmarktzahlen auf ein neues Allzeithoch, bevor "irgendwelche" Kräfte versuchten, ein Kursdebakel anzuzetteln. Die Messer waren gewetzt, aber richtig geschnitten haben sie nicht. 30 USD Preisrückgang sind zwar heftig, doch angesichts der Kurssteigerungen der letzten Monate nicht mehr als ein lauer Flatus im staubigen Wüstensand. Gold hätte auch wie im Mai 2006 glatte hundert Dollar absacken können. Ist der Schleifblock etwa veraltet oder die Munition nass geworden?

Ich weiß zwar nicht, wie viele Tonnen heute "abgeworfen" wurden, oder wie viele Futures den perfekten Schnitt setzen sollten, es muss aber eine Menge gewesen sein. Es ist auch keinem zu verdenken, ein paar Gewinne einzufahren. Doch richtige Panik kam nicht auf, die eigenartig genug, immer zu Beginn des Handels an der COMEX einsetzt. Ein Schelm, der Böses (?) dabei denkt.
Benjamin S. Bernanke starrt panisch aus seinem Notenbankfenster. Sein Geschenk der niedrigen Leitzinsen und der negativen Realzinsen regnet warm auf die Goldbugs herab, ebenso seine Geldsäcke aus seinen aufsteigenden Helikoptern. Schrapp... Schrapp... Schrapp...

Es waren zwei harte Wochen für den obersten Währungsdrucker. Seine Geldkanone verschoss binnen weniger Tage ein Drittel der noch vorhandenen Munition. Geld ist jetzt noch billiger. Selbst statistikverliebten Volkswirten stehen die Fragezeichen in ihren zahlengeweiteten Pupillen. Da ging offenbar der Noten-Punk ab. Ich weiss nicht, ob Ben es schafft den Aktien- und Kreditmarkt am Leben zu erhalten. Die toten und lahmen Gäule werden an die Geldtränken geschleift. Doch saufen sie?

Unterdessen suche ich nach der nächste Blase, die mit diesem zusätzlichen Geld jetzt aufgepumpt werden soll. Vielleicht ist es am Ende die Goldblase, die dann zuletzt platzt. An den geschaffenen Fakten hat sich meines Wissens auch heute nichts geändert. Die Banken schlingern weiter, die Geldmengen wachsen schnell, die Verbraucherpreise jagen ihnen hinterher. In dieser Woche sind die Realzinsen (Zins minus Inflation) noch negativer geworden. Es ist wie die Woche davor, nur schlimmer. Es scheint die beste Stimmung für echte Sachwerte zu sein.

Manch junger Goldbug hat sich vielleicht eine blutige Nase geholt, oder seinen für 600 Euro gekauften Krügerrand mit einigen Prozent Gewinn verkauft. Doch wen stört das angesichts der geschaffenen und erneut untermauerten Rahmenbedingungen?

Die überzeugten Dauerfeinde des Goldes warnen schon, seitdem das gelbe Metall über 400 USD notiert. Mich freut jedes Art Warnzeichen, solange diese Goldbärchen mir nicht die letzte physische Unze am freien Markt wegnehmen. Vielleicht erbarmt sich ihrer ja später einer.

627 Euro für eine Unze ist im Vergleich zum Preis um die Jahrtausendwende schon beachtlich. Doch eine Unze bleibt eine Unze. Das war so. Das ist so. Und das wird wahrscheinlich noch eine Weile so bleiben. Geld auf dem Sparbuch bringt Kaufkraftverluste. Geld in vermeintlich sicheren Anleihen und Lebensversicherungen verzehrt sich selbst. Papier bleibt Papier und Gold bleibt Gold. Versprechungen sind Versprechungen und unterscheiden sich nur dadurch, wann sie und wie gebrochen werden. Zudem werden wir auch wieder zu lernen haben, zwischen einem Wert und dem Wert einer Sache zu unterscheiden. Der Wert ist definiert durch die Eigenschaft des Gegenstandes. Die Preise sind verschieden. Und wer aus Preis und Wert das Wörtchen preiswert gemacht hat, dem fehlte wohl so manche Tasse im Schrank. Die 20-Reichsmark-Goldmünze ist immer noch Goldes wert. Sie kostet ungefähr 150 EUR. Der 20 RM-Papierschein von damals dagegen reicht nicht einmal, um einen Kaminfeuer anzuzünden. Gold ist Geld und Geschichte wiederholt sich nicht - aber sie reimt sich. Und wer meint, dass Gold zu teuer wäre: Wie wäre es mit Silber?

Bill Bonner schreibt von seinem Trade des Jahrzehnts: Aktien bei Stärke verkaufen, Gold bei Schwäche kaufen. Das dürfte im Gegensatz zu dem, was ich täglich höre nicht die schlechteste Idee sein.


© Frank Meyer
TV-Moderator auf n-tv, www.frank-meyer.tv



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