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Erst Hektik, viel später das Finale

03.02.2008  |  Manfred Gburek
Der Freitag war für alle Goldanleger enttäuschend: erst ein neuer Höchstpreis (in Dollar), dann der Rückgang auf Preise gerade noch über 900 Dollar. An solche Schwankungen müssen Sie sich inzwischen gewöhnen. Denn es gibt einflussreiche Interessengruppen, die vierstellige Dollar-Notierungen verhindern wollen. Sie werden sich zwar nicht dauerhaft durchsetzen, aber für Verwirrung sorgen. Bleiben Sie standhaft. Unter anderem dazu sind die folgenden Ausführungen gedacht.

In nächster Zeit sollten Sie auf Termine achten, die auch Ihre Geld- und Goldentscheidungen beeinflussen werden. Etwa auf den Super Tuesday, den 5. Februar, wenn die Vorwahlen in 22 US-Bundesstaaten stattfinden. Oder zwei Tage später, wenn die Deutsche Bank ihre mit Spannung erwarteten Zahlen präsentiert, nachdem der Kurs ihrer großen Schweizer Konkurrentin UBS wegen erheblicher Schieflagen eingebrochen ist. Schon am 8. und 9. Februar treffen sich die G8-Finanzminister in Tokio; G8 steht für einen Teil der führenden Industrienationen - womit wir an einem ganz heiklen Punkt angelangt sind, weil dort, wie auch bei einigen späteren Treffen der G8-Finanzminister und bei der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank am 12./13. April in Washington, die ganze Ohnmacht bei der Bewältigung der Globalisierungsfolgen und der Börsenturbulenzen zutage treten wird. Diese Ohnmacht wird sich in hektischen Kursbewegungen an den Finanzmärkten auswirken. Und Banken - mitsamt ihren Fonds und Zertifikaten, dazu gleich mehr - wären nicht Banken, wenn sie darauf nicht schon wieder eine überflüssige "Assetklasse" aufbauen würden: die Hektik, verpackt als "Volatilität" (starke Kursschwankungen), für Anleger, die den Teufel mit dem Beelzebub austreiben möchten.

Möchten sie das wirklich? Wissen sie überhaupt, was Banken (Sparkassen inbegriffen) ihnen da antun? Michael Hauck, Grandseigneur der Privatbankiers, hat die verheerenden Auswirkungen im Beitrag "Problematik der Zertifikate" in der Börsen-Zeitung vom 4. Januar durch einen Vergleich mit dem Gresham"schen Gesetz (schlechtes Geld verdrängt gutes Geld) so auf den Punkt gebracht: "Was dieser (redaktionelle Anmerkung: der Emittent von Zertifikaten) mit den Geldern der Anleger macht, steht in seinem Ermessen und ist nicht ersichtlich. Auch in den Bilanzen der Emittenten sind sie gar nicht, schwer oder nicht detailliert zu finden." Verheerend könnte zum Beispiel sein, dass ein Teil der mit einem Volumen von 142 Mrd. Euro (Stand Ende Oktober 2007 laut Derivateforum) angegebenen Zertifikate mangels Handelbarkeit nicht rechtzeitig verkauft werden kann und dadurch Anlegern Verluste bringt. Oder, noch schlimmer, dass der Verkauf für Monate gar nicht möglich ist, wie im Fall von Zertifikaten der SEB Bank auf einen Hedgefonds des Großspekulanten Florian Homm. Abgesehen vom juristischen Nachspiel, auf so eine absurde Idee muss man erst einmal kommen. Am allerschlimmsten: Nach Prognosen des Deutschen Derivate Instituts und der Börsen-Zeitung dürften alle derivativen Anlage- und Hebelprodukte bis Ende 2008 die stattliche Zahl von 400 000 erreichen und bis Ende 2009 sogar die halbe Million überschreiten.

Derivativ bedeutet: abgeleitet. Oder, um einen viel strapazierten Vergleich zu bemühen: Die Milch kommt nicht von der Kuh, sondern von Tetrapak. Wenn Anleger nicht wirklich wissen, wie ihnen geschieht (was sie sich also mit Derivaten eingehandelt haben), neigen sie zu Kurzschlusshandlungen. Das gilt auch für Großanleger. Dadurch entsteht die schon erwähnte Volatilität, die übrigens so etwas wie die größte Schnittmenge in den aktuellen Börsenprognosen bildet. Das heißt, die meisten Fondsmanager, Zertifikatekonstrukteure, Volkswirte und Börsengurus antworten, wenn sie zur kommenden Börsenentwicklung befragt werden: "Sie wird volatil." Um diese Larifari-Prognose wenigstens mit etwas Inhalt zu füllen: bis auf Weiteres eher volatil abwärts als volatil seitwärts oder aufwärts. Denn nun beginnen sich die negativen fundamentalen Daten auf die Aktienkurse auszuwirken, die ich hier am 7. Dezember 2007 mit der Überschrift "Aktien ade" genannt habe: Die Unternehmensgewinne brechen ein, besonders heftig die der in den großen Indizes überrepräsentierten Finanzkonzerne. Das kann die Kurse der meisten Aktien aus Dax, Dow Jones & Co. nicht mehr richtig hochkommen lassen, weil sie einer Art Sippenhaft unterliegen: Verkauft wird, was nach fast fünf Jahren Aufwärtsbewegung Kursgewinne abwirft, egal ob Allianz oder Bayer, Citigroup oder Microsoft.

Warum - trotz ihrer Schwäche am Freitag - nicht auch Edelmetallaktien? Im Wesentlichen aus drei Gründen: Weil sie in den meisten Portfolios immer noch unterrepräsentiert sind, weil sie im Vergleich zum Gold- und Silberpreis Nachholbedarf haben und weil sie, ebenso wie die Edelmetalle selbst, als Schutz vor Inflation und negativen Realzinsen dienen. Daraus erklärt sich der anhaltende Aufwärtstrend, auch wenn er immer wieder kurzfristig unterbrochen wird. Wie lange noch? Wer Nerven wie Drahtseile hat, hält Edelmetallaktien und -fonds einfach so lange durch, bis ihre Kurse bzw. Preise - wahrscheinlich schon 2008 - senkrecht nach oben schießen. Dann sollten Sie Kursgewinne mitnehmen, die Kurse aber weiter verfolgen, weil sich nach Monaten erneut Kaufgelegenheiten ergeben und die Kurse später wieder steigen dürften, dann in neue Höhen. Ihre physischen Bestände an Edelmetallen sollten Sie jedoch bis zum Finale, bis zu dem es noch einige Jahre dauern wird, unangetastet lassen.

Was heißt Finale? Auf eine einfache Formel gebracht: Wenn Sie sich mit Ihrem Papiergeld (Banknoten, Konten, Anleihen, Renten- und Geldmarktfonds, Bundesschatzbriefe usw.), bezogen auf die Güter des täglichen Bedarfs (vor allem Lebensmittel und Wohnungen), nur noch die Hälfte oder ein Drittel von dem leisten können, was Sie heute dafür bekommen. Das nennt man dann Inflation. Diese wird gerade durch die lockere Geldpolitik der Notenbanken vorbereitet, wie in der abgelaufenen Woche durch die erneute Leitzinssenkung in den USA, der schon bald der entsprechende Schritt der Europäischen Zentralbank (EZB) folgen wird. Was den letzten Punkt betrifft, darf man nicht außer Acht lassen, dass am 1. Juli Frankreich die EU-Präsidentschaft übernehmen und danach versuchen wird, möglichst viele Länder auf seine Seite zu ziehen, um gemeinsam mit ihnen an der Stabilitätspolitik der EZB zu rütteln. Denn Frankreich ist, wie andere große EU-Länder auch (Italien, Großbritannien) wirtschaftlich angeschlagen, wobei das fallende britische Pfund sich besonders für die Franzosen als gravierender Störfaktor erweist, weil es den sehr hohen Export aus dem Euroraum auf die britische Insel bremst.

Fazit: Nicht nur der schwache Dollar treibt den Goldpreis nach oben (von Unterbrechungen wie am Freitag abgesehen), sondern auch der eskalierende Streit um die Geldpolitik in Europa. Daraus wird, was erst bei wenigen Beobachtern der Szene auf der Agenda steht, über kurz oder lang auch ein Streit um das europäische Gold entstehen. Denn nach der längst vergessenen EG-Verordnung Nr. 1010/2000 des Rats vom 8. Mai 2000 kann die EZB von den nationalen Zentralbanken die Übertragung weiterer Währungs-, also auch Goldreserven im Gegenwert von 50 Mrd. Euro verlangen, sofern ein entsprechender Bedarf besteht. Der lässt sich in Anbetracht der Turbulenzen an den Finanzmärkten leicht konstruieren. Diese Überlegungen werden zurzeit natürlich auch von den Großanlegern angestellt, die darin einen Treiber für den Goldpreis in Euro sehen - zwar um die Ecke, aber wohl trotzdem richtig gedacht.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu




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