Commodity Research-Fokus: Platin
20.02.2008 | Thorsten Proettel
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Seitdem den Minengesellschaften in Südafrika am 24. Januar für fünf Tage der Strom abgestellt wurde und somit keine Produktion möglich war, befindet sich Platin im Höhenflug. Der Preis stieg innerhalb von drei Wochen um etwa 600 US-Dollar auf aktuell 2.150 USDollar je Feinunze (31,1 Gramm).
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Angebot seit Jahren zu knapp
Der Anteil der Südafrikaner am weltweiten Platinangebot betrug noch im letzten Jahr knapp 80%. Angebotsprobleme zwischen Pretoria und Kapstadt machen sich deshalb sehr deutlich beim Platinpreis bemerkbar. Momentan steht die Elektrizitätsversorgung der Minengesellschaften im Fokus. Die marode Infrastruktur des staatlichen Versorgers Eskom machte Ende Januar Stromabschaltungen bei Großkunden aus Industrie und Bergbau notwendig, um einen Zusammenbruch des Elektrizitätsnetzes zu verhindern. Anschließend wurde eine Rationierung der Stromabgabe auf 90% der durchschnittlichen Verbrauchswerte verfügt, die ursprünglich nur für zwei bis vier Wochen vorgesehen war. Die hierdurch bedingten Förderausfälle bedeuten eine weitere Verknappung des Platinangebotes, das schon in der Vergangenheit zu gering war, um die stetig wachsende Nachfrage befriedigen zu können. Fortwährende Preissteigerungen waren in den letzten Jahren die Folge.
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Sromknappheit noch bis 2012
Entgegen den ursprünglichen Beteuerungen musste Eskom nun eingestehen, dass die aktuellen Stromrationierungen mindestens noch bis Juli 2008 in Kraft bleiben und die Versorgungslage wahrscheinlich sogar bis 2012 angespannt bleiben wird. Minenbetreiber wie die südafrikanische Implats-Gruppe gehen deshalb von einem Angebotsausfall 2008 in Höhe von etwa 7% im Vergleich zum Vorjahr aus. Für ganz Südafrika würde dies einen Rückgang von etwa 12 Tonnen auf eine Jahresförderung von nur 150 Tonnen bedeuten. Bis 2006 stieg die Förderung dagegen noch um durchschnittlich 5% pro Jahr.
Nachfrage größtenteils wenig preiselastisch
Zwar dürften die Wachstumsraten des Platinverbrauchs in nächster Zeit wegen Einsparmaßnahmen geringer ausfallen als in der Vergangenheit. In absoluten Zahlen ist jedoch eine Zunahme insbesondere in der Kfz-Industrie aufgrund steigender Fahrzeugzahlen und strengeren Umweltvorschriften wahrscheinlich. Da Industrie und Fahrzeughersteller selbst bei einem hohen Preis auf Platin nicht verzichten können, ist ein Rückgang der Nachfrage aus diesem Bereich unwahrscheinlich. Dagegen wird der Bedarf durch Käufe der Anleger sogar noch verstärkt. Seit Ende Januar sind die Bestände des größten börsengehandelten Platinfonds um 4 Tonnen gestiegen. Der Gegenwert in aktuellen Preisen beträgt etwa 180 Mio. Euro, aber macht nur einen Bruchteil der Zuflüsse bei börsengehandelten Edelmetallfonds aus. Im letzten Jahr sind auf diesem Weg mehr als 6 Mrd. US-Dollar investiert worden.
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Schmuckbedarf dürfte zurückgehen
Ein Ausgleich der steigenden Investitionsnachfrage bei einem robusten Bedarf der Industrie und einer sinkenden Minenförderung ist nur durch den Schmuckbereich möglich. Bereits in der Vergangenheit ist die Nachfrage der Juweliere um etwa 5% zurückgegangen, wenn der Preis 10% gestiegen ist. Der hohe Platinpreis dürfte auch 2008 für Zurückhaltung bei den Käufern von Schmuck aus dem weißen Metall sorgen. Entsprechend führen die Preissteigerungen wieder zu einer Angleichung von Angebot und Nachfrage. 2007 machte die Verarbeitung von Platin zu Ringen, Ketten und Broschen etwa ein Fünftel der Gesamtnachfrage aus.
Fazit
Die anhaltende Stromrationierung der südafrikanischen Platinbergwerke wird auch zukünftig eine Rückkehr auf den Wachstumspfad bei der Platinförderung erschweren und sogar eine Abnahme des Angebots verursachen. Der größte Teil der Platinnachfrage in der Industrie und Fahrzeugbranche ist dagegen preisunabhängig. Das Marktdefizit wird durch Käufe der Anleger sogar noch verstärkt. Gleichzeitig dürfte das Interesse der Investoren an Edelmetallanlagen wegen der Unsicherheit an den Aktien- und Anleihenmärkten nicht so schnell abebben. Ein Teil der Zuflüsse, die in der Vergangenheit in Gold angelegt wurden, dürfte dieses Jahr in Platinanlagen umgeleitet werden. Der Marktausgleich dürfte über die Schmucknachfrage stattfinden, womit deutliche Preissteigerungen verbunden sind. Kurzfristig müssen bei dem stark gestiegenen Preisniveau jedoch auch Rückschläge einkalkuliert werden.
© Thorsten Proettel
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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