Silber: Baldiges Ende des Höhenflugs?
22.02.2008 | Marcel Torney
Silber ist bei vielen Marktteilnehmern gemeinhin als "gehebeltes Gold" bekannt. Diesem Ruf wurde das günstigste aller Edelmetalle zwischen Frühjahr 2006 und Ende 2007 nicht wirklich gerecht. In dieser Zeit wies Silber eine signifikante Underperformance gegenüber dem "großen goldenen Bruder" auf. In den vergangenen zwei Monaten jedoch startete das "Metall des kleinen Mannes" wieder nach oben durch und entwickelte sich erkennbar besser als Gold. Wird dieser Trend anhalten oder droht bei Silber in Bälde wieder eine heftige Korrektur, wie sie in den letzten Jahren immer wieder zu beobachten war.
Steigendes Angebot für 2008 erwartet
Kürzlich veröffentlichte die renommierte Fortis Bank ihr viel beachtetes "Silver Book". Dieses belegt, dass sich die fundamentale Situation in 2007 deutlich eingetrübt hat und auch für dieses Jahr sind die Daten auf den ersten Blick alles andere als "bullisch". Die Analysten gehen davon aus, dass sich das Überangebot des abgelaufenen Jahres von 6.141 Tonnen 2008 sogar noch erhöht. Für dieses Jahr erwartet man ein Gesamt-Angebot von 34.934 Tonnen nach 34.130 Tonnen in 2007. Verantwortlich hierfür sind einerseits der steigende Minen-Output und zum anderen das verstärkte Recycling-Interesse. Bei den gegenwärtigen Weltmarktpreisen wird Silberschmuck nicht wie früher des Öfteren einfach weggeschmissen sondern vermehrt eingeschmolzen. Unterm Strich wurden im letzten Jahr knapp 10.000 Tonnen (3.348 Tonnen aus Schmuck und 6.481 Tonnen aus dem industriellen Sektor) wiederverwertet. Heuer dürften es an die 11.000 Tonnen werden. Bei der Minen-Produktion prognostizieren die Experten einen Zuwachs von 20.854 auf 21.376 Tonnen.
Experten rechnen mit rückläufiger Nachfrage
Das alles wäre schlussendlich gar nicht weiter schlimm, wenn die Nachfrage in gleichem Maße zulegen würde. Genau dies ist aber nicht der Fall. Tatsächlich soll der Bedarf sogar von 27.989 auf 27.619 Tonnen absinken. Zwar kann der leichte Nachfrage-Rückgang seitens der Photo-Industrie aller Voraussicht nach durch einen Mehrbedarf in anderen Industriezweigen kompensiert werden. Der drastische Einbruch bei den Fonds-Käufen von 2.147 auf nur noch 800 Tonnen soll aber insgesamt für eine rückläufige Nachfrage sorgen.
Hoffnungsschimmer Investment-Fonds
Gerade dieser letzte Punkt könnte sich jedoch schnell als zu pessimistisch entpuppen. In Anbetracht der zuletzt wieder signifikanten Kurs-Anstiegen ist Silber zu Investment-Zwecken wieder beliebt wie seit langem nicht mehr. Das könnte unserer Ansicht nach zur Auflegung weiterer Exchange Traded Funds führen. Solche Anlage-Instrumente müssen mit physischem Silber unterlegt sein, welches dann natürlich dem Markt entzogen wird. Die Mengen sind dabei durchaus beachtlich. So stieg das Volumen des ersten Fonds dieser Art, der von Barclays Capital im Jahr 2004 initiiert wurde, innerhalb von 24 Monaten auf weit über 3.000 Tonnen. Sie sehen also: Wir sprechen hier keinesfalls von "peanuts". Zwei oder drei neue Fonds könnten das vermeidliche Überangebot schnell abbauen und im Extremfall sogar in ein Angebots-Defizit verwandeln.
Nachlassende Lust auf Gold
Ungeachtet dieses "Hoffnungsschimmers" lässt sich nicht weg diskutieren, dass die Zeiten für Edelmetalle im Allgemeinen und Silber im Besonderen rauer werden dürften. In diesem Zusammenhang erscheint es ratsam auch einen kurzen Blick auf die Situation beim Gold zu werfen. Denn: Wer von Silber spricht muss immer auch mit einem Auge beim "Metall der Könige" sein. Wegen der derzeit sehr hohen Preise sind die indischen Gold-Importe im Januar fast schon eingebrochen. Offenbar ist den Indern die Lust auf Gold zu den gegenwärtigen Notierungen vorerst gründlich vergangen. Zugegeben: Es ist gut möglich, dass es sich hierbei um ein temporäres Phänomen handelt und sich die Bürger des Boom-Staats über kurz oder lang an Gold-Preise von 900 US-Dollar je Feinunze gewöhnen wie an zu heißes Badewasser, wenn man nur lange genug drin sitzt. Auf der anderen Seite können wir aber auch nicht ausschließen, dass die "Gold-Rallye" erst einmal eine kleine "Verschnaufpause" einlegt. Kommt es dazu, wird Silber sich diesem Umfeld sicherlich nicht entziehen können.
Fundamental nicht erste Wahl für Long-Engagements
Unter fundamentalen Gesichtspunkten gibt es momentan sicherlich interessantere Rohstoffe für Long-Engagements als Silber. Denn allein auf neue Fonds zu setzen ist schon eine ziemlich risikobehaftete Strategie. Besser ist es da, in Rohstoffe zu investieren, bei denen die Nachfrage steigt und das Angebot gleichzeitig sinkt. Und das ist bei Silber eher nicht der Fall.
Technik deutet Trendwende nach unten bereits an
Charttechnisch sieht es derzeit oberflächlich betrachtet so aus, als wäre die Welt für die "Bullen" noch vollständig in Ordnung. Sowohl der mittelfristige Aufwärtstrend seit September 2007 als auch der steilere "Up-Move" seit Mitte Dezember letzten Jahres sind vollumfänglich intakt. Allerdings bewegen sich die Notierungen derzeit bereits im Bereich ihres oberen Bollinger Bandes, was auf eine überkaufte Situation hinweist. Zudem verläuft bei etwa 17,70 US-Dollar ein hartnäckiger Widerstand, der bislang noch nicht nachhaltig überwunden werden konnte. Der MACD generiert zur Stunde noch knapp ein Kaufsignal. Allerdings ist dieses alles andere als ausgeprägt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich im MACD bereits "bärische" Divergenzen gebildet haben (die neune Kurshochs sind nicht mehr mit Hochs im MACD einhergegangen). Insofern könnte recht kurzfristig ein Verkaufssignal erfolgen.
Für Short-Positionen noch etwas zu früh
Unter technischen Gesichtspunkten bieten sich Short-Engagements an, wenn der Support bei 17 US-Dollar nach unten durchbrochen wird. In diesem Fall wäre auch die 18-Tage-Linie unterschritten und zumindest der steile Aufwärtstrend "Geschichte". Long käme – wenn überhaupt - frühestens noch einem nachhaltigen Ausbruch über den Resist bei 17,70 US-Dollar (Kurse oberhalb von 18 US-Dollar) in Betracht, womit wir aber dauerhaft nicht rechnen.
© Marcel Torney
Weitere Details und konkrete Handelsempfehlungen lesen Sie in den aktuellen Ausgaben des berlinvestor: Rohstoffbörsenbrief (unter berlinvestor.de).
Steigendes Angebot für 2008 erwartet
Kürzlich veröffentlichte die renommierte Fortis Bank ihr viel beachtetes "Silver Book". Dieses belegt, dass sich die fundamentale Situation in 2007 deutlich eingetrübt hat und auch für dieses Jahr sind die Daten auf den ersten Blick alles andere als "bullisch". Die Analysten gehen davon aus, dass sich das Überangebot des abgelaufenen Jahres von 6.141 Tonnen 2008 sogar noch erhöht. Für dieses Jahr erwartet man ein Gesamt-Angebot von 34.934 Tonnen nach 34.130 Tonnen in 2007. Verantwortlich hierfür sind einerseits der steigende Minen-Output und zum anderen das verstärkte Recycling-Interesse. Bei den gegenwärtigen Weltmarktpreisen wird Silberschmuck nicht wie früher des Öfteren einfach weggeschmissen sondern vermehrt eingeschmolzen. Unterm Strich wurden im letzten Jahr knapp 10.000 Tonnen (3.348 Tonnen aus Schmuck und 6.481 Tonnen aus dem industriellen Sektor) wiederverwertet. Heuer dürften es an die 11.000 Tonnen werden. Bei der Minen-Produktion prognostizieren die Experten einen Zuwachs von 20.854 auf 21.376 Tonnen.
Experten rechnen mit rückläufiger Nachfrage
Das alles wäre schlussendlich gar nicht weiter schlimm, wenn die Nachfrage in gleichem Maße zulegen würde. Genau dies ist aber nicht der Fall. Tatsächlich soll der Bedarf sogar von 27.989 auf 27.619 Tonnen absinken. Zwar kann der leichte Nachfrage-Rückgang seitens der Photo-Industrie aller Voraussicht nach durch einen Mehrbedarf in anderen Industriezweigen kompensiert werden. Der drastische Einbruch bei den Fonds-Käufen von 2.147 auf nur noch 800 Tonnen soll aber insgesamt für eine rückläufige Nachfrage sorgen.
Hoffnungsschimmer Investment-Fonds
Gerade dieser letzte Punkt könnte sich jedoch schnell als zu pessimistisch entpuppen. In Anbetracht der zuletzt wieder signifikanten Kurs-Anstiegen ist Silber zu Investment-Zwecken wieder beliebt wie seit langem nicht mehr. Das könnte unserer Ansicht nach zur Auflegung weiterer Exchange Traded Funds führen. Solche Anlage-Instrumente müssen mit physischem Silber unterlegt sein, welches dann natürlich dem Markt entzogen wird. Die Mengen sind dabei durchaus beachtlich. So stieg das Volumen des ersten Fonds dieser Art, der von Barclays Capital im Jahr 2004 initiiert wurde, innerhalb von 24 Monaten auf weit über 3.000 Tonnen. Sie sehen also: Wir sprechen hier keinesfalls von "peanuts". Zwei oder drei neue Fonds könnten das vermeidliche Überangebot schnell abbauen und im Extremfall sogar in ein Angebots-Defizit verwandeln.
Nachlassende Lust auf Gold
Ungeachtet dieses "Hoffnungsschimmers" lässt sich nicht weg diskutieren, dass die Zeiten für Edelmetalle im Allgemeinen und Silber im Besonderen rauer werden dürften. In diesem Zusammenhang erscheint es ratsam auch einen kurzen Blick auf die Situation beim Gold zu werfen. Denn: Wer von Silber spricht muss immer auch mit einem Auge beim "Metall der Könige" sein. Wegen der derzeit sehr hohen Preise sind die indischen Gold-Importe im Januar fast schon eingebrochen. Offenbar ist den Indern die Lust auf Gold zu den gegenwärtigen Notierungen vorerst gründlich vergangen. Zugegeben: Es ist gut möglich, dass es sich hierbei um ein temporäres Phänomen handelt und sich die Bürger des Boom-Staats über kurz oder lang an Gold-Preise von 900 US-Dollar je Feinunze gewöhnen wie an zu heißes Badewasser, wenn man nur lange genug drin sitzt. Auf der anderen Seite können wir aber auch nicht ausschließen, dass die "Gold-Rallye" erst einmal eine kleine "Verschnaufpause" einlegt. Kommt es dazu, wird Silber sich diesem Umfeld sicherlich nicht entziehen können.
Fundamental nicht erste Wahl für Long-Engagements
Unter fundamentalen Gesichtspunkten gibt es momentan sicherlich interessantere Rohstoffe für Long-Engagements als Silber. Denn allein auf neue Fonds zu setzen ist schon eine ziemlich risikobehaftete Strategie. Besser ist es da, in Rohstoffe zu investieren, bei denen die Nachfrage steigt und das Angebot gleichzeitig sinkt. Und das ist bei Silber eher nicht der Fall.
Technik deutet Trendwende nach unten bereits an
Charttechnisch sieht es derzeit oberflächlich betrachtet so aus, als wäre die Welt für die "Bullen" noch vollständig in Ordnung. Sowohl der mittelfristige Aufwärtstrend seit September 2007 als auch der steilere "Up-Move" seit Mitte Dezember letzten Jahres sind vollumfänglich intakt. Allerdings bewegen sich die Notierungen derzeit bereits im Bereich ihres oberen Bollinger Bandes, was auf eine überkaufte Situation hinweist. Zudem verläuft bei etwa 17,70 US-Dollar ein hartnäckiger Widerstand, der bislang noch nicht nachhaltig überwunden werden konnte. Der MACD generiert zur Stunde noch knapp ein Kaufsignal. Allerdings ist dieses alles andere als ausgeprägt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich im MACD bereits "bärische" Divergenzen gebildet haben (die neune Kurshochs sind nicht mehr mit Hochs im MACD einhergegangen). Insofern könnte recht kurzfristig ein Verkaufssignal erfolgen.
Für Short-Positionen noch etwas zu früh
Unter technischen Gesichtspunkten bieten sich Short-Engagements an, wenn der Support bei 17 US-Dollar nach unten durchbrochen wird. In diesem Fall wäre auch die 18-Tage-Linie unterschritten und zumindest der steile Aufwärtstrend "Geschichte". Long käme – wenn überhaupt - frühestens noch einem nachhaltigen Ausbruch über den Resist bei 17,70 US-Dollar (Kurse oberhalb von 18 US-Dollar) in Betracht, womit wir aber dauerhaft nicht rechnen.
© Marcel Torney
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