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Lügen, dass sich die Balken biegen

18.03.2008  |  Frank Meyer
Gehen Sie in Deckung, vor allem wenn Ihnen Bankchefs erzählen, dass alles in bester Ordnung wäre. Schließen Sie Fenster und Türen! Stopfen sie sich die Ohren zu und stellen Sie sich blind. Holen Sie die Kinder vom der Straße und trinken Sie reichlich Baldriantee. Andere Ratschläge bergen die Gefahr eines zu hohen Blutdrucks und anderer gesundheitlicher Schäden. Manch Finanzinstitut wäre dringend mit einem Warnhinweis zu versehen, ähnlich der Aufdrucke auf Zigarettenschachteln. Kenner der Szene übersetzen "in bester Ordnung" inzwischen als Offenbarungseid. Kleiner Börsianerwitz.

Nun hat es also den Bär erwischt, Bear Stearns. Gestolpert über zuviel und zuwenig Geld, über Arroganz, Lügen und vor allem über haufenweise wertloser und unhandelbarer Papierhaufen. Gestrauchelt durch windige Hegdefonds und andere Luftnummern, verschlägt es dem Betrachter des Debakels die Sprache. 48 Stunden zuvor noch bezeichnete der Chef Alan Schwartz kursierende Gerüchte um Liquiditätsprobleme als "lächerlich". Wie auch hätte er es besser wissen können? Jetzt aber sieht Schwartz schwarz. J.P. Morgan und die New Yorker FED reichen monetäre Krücken, um auf einer Straße voller Scherben und geborstenen Vertrauens weiterhumpeln zu können. Für 2 USD pro Aktie schluckt J.P.Morgan nun den guten alten Bär, der mal 200 USD kostete. Gerüchte besagen, dass J.P. Morgan sich damit selbst rettet, denn wenn der Bär gefallen wäre, hätte es auch J.P. Morgan erwischt. Irgendwie sind die alle miteinander verstrickt. Über die genaue Abfindungssumme (Erfolgsbonus) des Herrn Schwartz ist noch nichts bekannt.

Was am letzten Freitag passierte, ist der Gipfel der bislang gesehenen Kreditkrise. George W. Bush und seine Mannen haben nun auch ihr eigenes Northern Rock. Hedgefonds zogen seit Tagen massiv Kapital von Bear Stearns ab. Wäre ich Broker oder Betroffener, ich würde da mal rüberfliegen und dem Chef mal ordentlich... die Meinung sagen. Und ich erinnere mich an die Aussagen der Ratingagentur Standard & Poor`s vom Donnerstag. Die Banken hätten das Schlimmste überstanden. Denkste! Hahaha!

Ich bleibe weiter in Deckung, auch wenn man mir gebetsmühlenartig erzählt, dass Aktien billig wären. Billig waren bislang nur Prognosen, Ausreden, Argumente und Lügen. Ab Montag werden Kredite auch in Deutschland wieder teurer und schwerer zu bekommen sein. Die Banken wollen kein Geld mehr verleihen. Und der Mittelstand, der mit dem Finanzschlamassel nichts zu hatte, spürt das jetzt schon. "Vorwärts immer! - Rückwärts nimmer! ruft der Aufschwung und vergräbt sich vor der Hitze der flammenden Papierberge.

An den Märkten wird inzwischen scharf geschossen. Dr. Markt gegen die FED. Die FED gegen die Deflation. Der Dr. Markt gegen alles. Das Schlachtfeld ist längst bereitet. Wer auch immer siegen mag, ich muss nicht dabei sein. Bis zur Kapitulation einer Seite dauert es noch. Die verbringe ich, um dem Gespött der Götter über hochbezahlte Taugenichtse zu lauschen. Ernst geworden ist es inzwischen auch für Anleger, die Zertifikate von Bear Stearns besitzen. Sie wurden am Freitag kurzerhand ausgesetzt. Nicht auszudenken, wenn es andere Emittenten erwischt. Oh Weh! Das Argument, dass Banken nicht pleite gehen können, hat seit Freitag ausgedient.

Sollte Ihnen dennoch ein zuckersüßes Lächeln eines Bankvorstandes begegnen, setzen Sie sich vorsorglich eine Insulinspritze! Und lassen Sie bloß die Fenster verriegelt!


© Frank Meyer
TV-Moderator auf n-tv, www.frank-meyer.tv



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